Friedrich StraetmannsDIE LINKE - Reform des Wahlrechts und der Parlamentsarbeit
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor einigen Monaten stellte uns die CDU/CSU-Fraktion ihr Wahlrechtsreförmchen vor und kündigte geradezu schuldbewusst an, in der nächsten Reformkommission über Grundlegenderes diskutieren zu wollen. Heute offenbart sich: Das war reine Hinhaltetaktik. Sie haben nach wie vor gar kein Interesse an einem modernen Wahlrecht.
Der Kollege hat es gerade angesprochen: Die Verkleinerung des Bundestages – ein Thema, das hier wirklich auf der Tagesordnung steht – haben Sie auch nicht wirklich im Programm. – Das ist im Grunde die Täuschung des Publikums und der Wählerinnen und Wähler, und ich hoffe, dass ihnen das am Wahltag auch bewusst ist.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Verhandlungen über den Einsetzungsbeschluss lassen sich schon wieder genau so an wie die Beratungen der vergangenen Wahlrechtskommission: Die Union lehnt jegliche Diskussion über alles ab, was nicht hundertprozentig ihrer Ideologie entspricht, und die SPD fügt sich wie immer ihrem Schicksal und lässt der Union alles durchgehen.
(Mechthild Rawert [SPD]: Nein, nein, nein! – Konstantin Kuhle [FDP]: Stimmt! Ist leider so!)
Besonders spannend ist es, wenn man sich anschaut, was hier im letzten Schritt noch aus dem Einsetzungsbeschluss herausgestrichen wurde. Wohlgemerkt: Es ging hier nicht darum, einen Beschluss oder eine konkrete gesetzliche Regelung zu treffen; es ging nur darum, was wir in dieser Kommission bereden werden. – Dass hier Einzelne eine Befassung mit Themen verhindern, ist, ehrlich gesagt, ein starkes Stück.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie fallen selbstverständlich hinter die ursprüngliche Idee zurück, dass die Sitzungen dieser Kommission öffentlich stattfinden und nur auf Antrag in geschlossener Sitzung verhandelt wird. Anderenfalls wäre es ja auch schwierig, nach außen das Bild aufrechtzuerhalten, dass man konstruktiv an einer Lösung interessiert wäre, während intern sogar die Erstellung einer gemeinsamen Zahlengrundlage verhindert wird.
Ein weiterer Punkt, den Sie in letzter Minute herausformuliert haben, ist die paritätische Besetzung von Wahllisten. Übrig bleibt dann die Formulierung eines Wunsches: Der Bundestag solle gleichermaßen aus Männern und Frauen bestehen. – Wenn Sie sich hier im Hause umschauen, dann sehen Sie, dass es nur drei Fraktionen gibt, die annähernd gleichmäßig besetzt sind, und diese operieren bei den Listen mit einem Reißverschlusssystem. Auf freiwillige Selbstverpflichtung zu setzen, ist kein geeignetes Mittel, um dieses Ziel zu durchzusetzen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Albrecht Glaser [AfD]: Doch!)
Es ist darüber hinaus auch interessant, das gerade Sie eine Fraktion sind, die nur einen Frauenanteil von 20 Prozent aufweist. Auch das sollten sich die Wählerinnen und Wähler bitte einmal merken.
Zuletzt gab es einen langen Absatz über die Einsetzung eines Bürgerrats Demokratie. Dieses vollkommen unverbindliche Mittel ist Ihnen ja auch schon zu viel. Dabei wäre es schon interessant, die Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger in eine solche Kommission zu integrieren. Ihr Problem ist aber doch: Wenn solche Vorschläge auf dem Tisch liegen, dann kann man sie nicht einfach vom selbigen fegen. – Deshalb ist es besonders wichtig, dass wir hier einen Wert auf die Stimmen der Wählerinnen und Wähler legen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Wir waren zu einigen Kompromissen bereit, um ein gemeinsames Vorgehen zu erreichen. Mit den letzten Streichungen des entwickelten Entwurfes haben Sie den Bogen vollkommen überspannt. Wir werden deshalb ablehnen müssen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Straetmanns. – Und wieder haben das letzte Wort Bündnis 90/Die Grünen – in der Person von Britta Haßelmann.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7516854 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 224 |
Tagesordnungspunkt | Reform des Wahlrechts und der Parlamentsarbeit |