Olaf Scholz - Beschluss Art. 115 II GG, Nachtragshaushalt
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Mittwoch haben wir die Bundesnotbremse hier im Deutschen Bundestag beschlossen. Der Bundesrat hat unterdessen zugestimmt, und das Gesetz ist so weit, dass es nun in Kraft treten kann. Das alles ist gemacht worden, damit wir die dritte Welle der Pandemie brechen können. Es zeigt: Die Lage ist ernst. Wir müssen etwas tun, und wir handeln auch.
(Beifall bei der SPD – Zuruf von der AfD: Nach der Welle ist vor der Welle!)
Was wir heute tun, ist, dass wir einen ergänzenden Baustein diskutieren. Auch damit sorgen wir dafür, dass wir diese Pandemie überwinden und eine bessere Zeit erreichen. Dazu dient der Nachtragshaushalt. Es geht darum, nach vorne zu kommen, die Pandemie zu überwinden. Es geht um Mittel für den Gesundheitsschutz, und es geht um finanzielle Unterstützung wie die Überbrückungshilfe III und sehr viel weitere Unterstützung für Unternehmen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Da der Bundestag die pandemische Notlage bis zum 30. Juni festgestellt hat, haben wir auch die Unterstützungsleistungen verlängert und ausgebaut. Zusätzliche Unternehmenshilfen sind bewilligt worden. Die Impfstoffbeschaffung wird besser unterstützt, und die Impf- und Testkampagnen sowie der Kinderbonus sind für 2021 vorgesehen. Das ist massive finanzielle Unterstützung für die ganze Gesellschaft.
(Beifall bei der SPD)
Die Hilfen kommen auch an, zum Beispiel die Unternehmenshilfen.
(Christian Dürr [FDP]: Bitte?)
Auf Bundesebene sind bereits fast 95 Milliarden Euro abgeflossen,
(Christian Dürr [FDP]: Das sind Kredite zum größten Teil, die zurückgezahlt werden müssen! Die müssen die Unternehmen zurückzahlen!)
und das ohne die Mittel für Kurzarbeit und die steuerrechtlichen Maßnahmen. All das sichert die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. All das ist die Grundlage dafür, dass Deutschland wirtschaftlich besser durch die Krise gekommen ist als viele, viele andere Länder. Wir sagen heute: Wir werden das bis zum Ende der ganzen Zeit durchhalten. Wir stehen bei den Bürgerinnen und Bürgern, bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und bei den Unternehmern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nach der Pandemie wollen wir durchstarten. Wir werden wieder miteinander und nicht zu Hause auf Abstand sein, das gesellschaftliche Leben wird wieder voll da sein, die Kinder werden in ihren Schulen und Kitas sein, und wir werden im Spätsommer hoffentlich wieder in einem Biergarten sitzen können.
(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Wir werden auch wirtschaftlich wieder durchstarten können. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in Kurzarbeit sind, werden an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können. Die vielen Selbstständigen und Künstlerinnen und Künstler werden wieder ihrer Tätigkeit nachgehen können. Damit das möglich sein wird, müssen wir jetzt planen. Dafür tragen wir Vorsorge mit diesem Nachtragshaushalt. Es geht um Geld, aber es geht auch noch um viel mehr: Es geht um die Zukunft und den Wiederaufstieg in unserem Land.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das ist ein Teil der Hoffnung, die mir sehr wichtig ist. Durchstarten heißt auch: Erst recht nach der Pandemie haben wir unsere Zukunftsaufgaben zu lösen. Sie müssen unsere ganze Aufmerksamkeit haben. Es geht um unsere wirtschaftliche Stärke in den 20er-Jahren, um sichere Arbeitsplätze, den Klimaschutz und die moderne digitale Infrastruktur; um nur ein paar sehr wichtige Aufgaben zu nennen.
Wir brauchen ein hohes Niveau an Investitionen in den Klimaschutz, in den digitalen Wandel und in die Mobilitäts- und Energiewende.
(Otto Fricke [FDP]: Deswegen fahren Sie die Investitionen im Nachtragshaushalt zurück?)
Damit die Innovationen gelingen, müssen wir aber auch hohe Investitionen im Bundeshaushalt absichern,
(Otto Fricke [FDP]: Ihr senkt ab!)
und das geschieht mit dem, was wir hier tun: 59 Milliarden in diesem Jahr, 50 Milliarden in all den Folgejahren – das ist ein Rekordniveau, ein notwendiges, aber ein richtiges Rekordniveau für Investitionen in die Zukunft.
(Beifall bei der SPD)
Der Bundeshaushalt besteht aber nicht nur aus Ausgaben, sondern auch aus Einnahmen. Deshalb ist es mir ganz wichtig, dass wir gerade dabei sind, Fortschritte mühselig Stück für Stück voranzubringen. Diese sind notwendig. Wir kämpfen für eine faire Steuerpolitik, indem wir uns dafür einsetzen, der Steuervermeidung und der internationalen Steuerverlagerung entgegenzutreten.
Herr Kollege Scholz, sind Sie offen für eine Zwischenfrage oder ‑bemerkung des Kollegen Fricke aus der FDP?
Och ja.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Ich danke für diese Großzügigkeit, Herr Minister. – Herr Minister, da Sie ja, nachdem Sie ganz am Anfang kurz den Haushalt vorgestellt haben, keine einzige Minute während der Haushaltsberatungen im Haushaltsausschuss anwesend waren und jetzt hier gesagt haben, dass Sie die Investitionen hochgefahren haben, möchte ich Sie fragen, ob es stimmt, dass Sie als Koalition in den Haushaltsberatungen die Investitionen um Milliardenbeträge wieder runtergefahren haben.
Danke schön, Herr Fricke.
Schönen Dank für Ihre Frage. – Wir haben hier eine sehr langfristige Investitionspolitik.
(Christian Dürr [FDP]: Also, es kommt später?)
Ich sage noch mal: Jedes Jahr in den künftigen Jahren werden es 50 Milliarden Euro sein, und es werden in diesem Jahr 59 Milliarden Euro sein. Ich habe es bereits berichtet.
(Otto Fricke [FDP]: Aber haben Sie runtergefahren, oder nicht?)
Es ist eine ganz starke Investitionspolitik.
(Otto Fricke [FDP]: Aber die Frage beantworten wollen Sie nicht!)
Das ist etwas, was man, glaube ich, nicht in jeder Koalition zustande bekommt. Aber in dieser haben wir es geschafft, und das ist ein guter Fortschritt.
(Beifall bei der SPD)
Ich will zu dem zurückkommen, auf das ich eben – ich hatte gerade angefangen, etwas dazu zu sagen – hingewiesen habe: Man darf nicht nur über das Geld, das man ausgibt, reden, sondern man muss auch darüber reden, wie wir die richtigen Einnahmen haben, nämlich indem wir uns für faire Steuern und gegen Steuervermeidung und Steuerverlagerung einsetzen. Deshalb hier der Hinweis auf eine ganze Reihe von Vorhaben, die gegenwärtig im Gange sind: zum Beispiel der Entwurf eines Steueroasen-Abwehrgesetzes, zum Beispiel die Regelung zu den Share Deals, die nun was geworden ist, zum Beispiel die Beratung über die Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie. All das gehört zu dem Gefüge unserer Haushaltspolitik, weil es dazu beiträgt, dass eine Krise, die in dieser Art und Weise stattfindet, auch von den Nationalstaaten bekämpft werden kann, weil es keine Verlagerung gibt.
(Beifall bei der SPD)
Deshalb auch das noch zum Schluss: Wir haben einen großen Aufschlag gemacht, der jetzt möglich wird – auch in der Verbindung mit der neuen amerikanischen Regierung – sodass wir eine effektive globale Mindestbesteuerung in der Welt durchsetzen. Wenn das jetzt eine der Folgen Pandemie ist, dann ist das etwas, was uns weiterhelfen wird, weit nach der Zeit, wenn die Pandemie vielleicht nur noch eine Erinnerung ist.
Schönen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU])
Vielen Dank, Olaf Scholz. – Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Volker Münz.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7517079 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 225 |
Tagesordnungspunkt | Beschluss Art. 115 II GG, Nachtragshaushalt |