Antje TillmannCDU/CSU - Familienpolitik
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seitdem ich die Rede von Herrn Reichardt gehört habe, bin ich dankbar für die Kollegen der AfD im Finanzausschuss. Das ist ja eine wahre Wohltat. Herzlichen Dank, dass Sie, Herr Reichardt, uns erspart geblieben sind.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Sie können ihn gerne haben!)
Auch zeigt sich leider, dass Sie zu einem Thema gesprochen haben, von dem Sie offensichtlich überhaupt keine Ahnung haben; denn ich kann mich nicht daran erinnern, dass Sie sich im Finanzausschuss jemals zum Steuerrecht geäußert hätten. Sie sind dort ja noch nicht mal Mitglied. Ich nutze aber gerne die Gelegenheit, Sie aufzuklären über das, was wir gemacht haben.
Tatsächlich ist diese Legislaturperiode eine Periode der Familienentlastung gewesen, und zwar natürlich für die Familien, bestehend aus Mutter, Vater und Kind, aber auch für alle anderen Familien. Familie ist für uns dort, wo Kinder für ihre Eltern und Eltern für ihre Kinder Verantwortung übernehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)
Damit sind wir gut gefahren, und die Lebenswirklichkeit zeigt ganz deutlich, dass auch andere Familienkonstruktionen funktionieren können. Ich selber bin alleinerziehend, und glauben Sie mir: Ich gehöre zu einer Familie.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Martin Reichardt [AfD]: Ich habe doch auch von Alleinerziehenden gesprochen! Ich habe nichts gegen Alleinerziehende!)
Mit zwei Familienentlastungsgesetzen haben wir ab diesem Jahr Familien und Bürgerinnen und Bürger um 22 Milliarden Euro jährlich entlastet. Der größte Anteil davon entfällt auf das Kindergeld. Familien erhalten 25 Euro mehr Kindergeld, für das erste Kind sind das 219 Euro, ab dem vierten sogar 250 Euro, und gleichzeitig haben wir den Kinderfreibetrag auf über 8 000 Euro gesteigert. Die Alleinerziehenden haben wir entlastet, indem wir den Freibetrag auf 4 008 Euro verdoppelt haben. Auch das ist eine Entlastung von insgesamt 500 Millionen Euro. Wir werden im Mai dieses Jahres – –
(Martin Reichardt [AfD]: Wie viel kommt denn davon bei den Familien an?)
– Haben Sie nicht schon genug geschrien?
(Martin Reichardt [AfD]: Nein! Sie haben mir doch auch immer widersprochen!)
So, jetzt ist Ruhe! Jetzt ist Frau Tillmann dran.
Im Mai dieses Jahres werden wir einen Kinderbonus von 450 Euro ausgezahlt haben; auch das sind 8 Milliarden Euro zusätzliches Geld in den Taschen von Familien. Mit dem Starke-Familien-Gesetz haben wir den Kinderzuschlag wesentlich attraktiver gemacht. Sehr viel mehr Familien kommen in den Genuss, dieses Geld in Anspruch nehmen zu können. Wir haben auch auf den Weg gebracht, dass 55 Prozent von dem Einkommen, das Kinder zum Beispiel in den Sommerferien verdienen, nicht mehr angerechnet werden.
Das Bildungspaket haben wir in jedem einzelnen Punkt verbessert. Der Betrag für den Schulbedarf ist auf 150 Euro, der Betrag für die Teilnahme an Kultur- und Sportveranstaltungen auf 15 Euro monatlich erhöht worden. Den Eigenanteil für Mittagsverpflegung und Beförderung von Schul- und Kindergartenkindern haben wir gestrichen,
(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])
und die Lernförderung setzt auch wesentlich früher ein.
Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, damit Sie es für die nächste Legislaturperiode auch schon mal gehört haben: Ich glaube, dass wir gerade an der Stelle erheblichen Nachholbedarf haben; denn auch Kinder und Familien, die nicht im Sozialhilfebezug sind, haben Probleme, zum Beispiel zum Schulstart im August die Schulausstattung zu bezahlen. Oder wenn sie drei Kinder haben, die gleichzeitig auf Klassenfahrt fahren, dann ist das auch bei Familien, die nicht im Sozialhilfebezug sind, eine Herausforderung. Ich glaube, dass wir hier bei den Familien ansetzen sollten, die für die Inanspruchnahme der Förderprogramme immer den typischen Euro zu viel haben. Das wird für uns ein Schwerpunkt der nächsten Legislaturperiode sein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Alle weiteren wichtigen Familienleistungen haben wir in dieser Legislaturperiode verbessert. Ich nenne nur stichwortartig das Elterngeld, die frühkindliche Sprachförderung,
(Zuruf von der AfD: Die findet gar nicht statt!)
die Gebührenfreiheit der Kindergartenplätze, Mutterschaftsgeld, die Hilfen für die Bundesstiftung Mutter und Kind – alle Familienmaßnahmen sind in dieser Legislaturperiode von uns in Angriff genommen worden. Ich danke auch den Familienpolitikern aller Fraktionen, die das ja außerhalb des Finanzausschusses auch getan haben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Und jetzt zum Familiensplitting; jetzt kommt der steuerrechtliche Teil, den ich Ihnen gerne hier darlegen kann. Steuersystematisch ist die Familie eine GbR. Deshalb sage ich als Finanzbeamtin und Steuerberaterin, dass die klassische Besteuerungsform einer Familie selbstverständlich das Familiensplitting wäre. Das ist so. Alles Einkommen der GbR durch Anzahl der Köpfe der GbR: So würden wir jede private Gesellschaft besteuern. Warum nicht auch die Familie?
Wenn wir von null anfangen würden, hielte ich das sogar für ein gutes Besteuerungskonzept. Aber Sie schreiben ja selber in Ihrem Antrag, dass das 56 Milliarden Euro kosten würde – 56 Milliarden Euro, wovon alle Eltern in diesem Haus profitieren würden. Ich selber würde ein Familiensplitting mit meiner Tochter haben; das würde mir wahrscheinlich mehrere Tausend Euro im Monat sparen. Ich gönne es jedem; aber sozial ausgewogen ist das nicht.
(Martin Reichardt [AfD]: Mehrere Tausend Euro im Monat? Da staune ich!)
– Ja, das rechne ich Ihnen gerne vor, angesichts der Steuersätze, die wir haben.
Jedenfalls kommen die 56 Milliarden Euro eben nicht bei den Familien an, die sie am dringendsten brauchen, sondern bei Gutverdienern, denen ich es zwar auch gönne. Natürlich gönne ich auch Gutverdienern, dass sie Freibeträge haben. Aber in einer Situation, wo wir auf jeden Euro achten müssen, müssen diese 56 Milliarden Euro sehr sozial ausgewogen ausgegeben werden.
Da zeigt ein Blick nach Frankreich, dem einzigen Land, wo es ein Familiensplitting gibt, dass dort diese Problematik erkannt wurde; denn auch die Franzosen haben das Familiensplitting gedeckelt und reduzieren sogar jedes Jahr die Freibeträge, weil sie die Finanzierbarkeit nicht erkennen können.
Deshalb ist unser Konzept ein völlig anderes. Wir wollen die schrittweise Erhöhung des Kinderfreibetrags auf den Erwachsenenfreibetrag.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Damit unterstützen wir gerade Familien mit vielen Kindern. In dieser Legislaturperiode haben wir einen wesentlichen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Wir werden das fortsetzen, sodass wir an die gewünschte steuerliche Entlastung der Familien herankommen, aber das ganz klar finanzierbar. Denn wenn ich mir Ihren Antrag weiter angucke: Sie kippen die 56 Milliarden Euro ohne Gegenfinanzierungsvorschlag den Ministerien hin und sagen, die Ministerien sollten doch bitte mal gucken, woher das Geld kommt.
(Martin Reichardt [AfD]: Sie haben doch für alles Mögliche Geld!)
Das finde ich ausgesprochen unseriös.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Einen letzten Satz zu den Familienkrediten. Das ist ein zynischer Antrag Ihrerseits; denn die Familienkredite sollen nur denjenigen gewährt werden, die einen festen Arbeitsplatz haben und die seit zwölf Monaten in Beschäftigung sind. Sie haben sich an der Stelle nicht mal getraut, zu sagen, Ausländer dürfen die aber auf gar keinen Fall bekommen. Sie haben da gleich sämtliche Sozialhilfeempfänger in Deutschland mit dazu genommen.
Eine solche Politik ist nicht unsere. Wir wollen, dass Familien von uns unterstützt werden, egal welcher Einkommensgruppe sie angehören. Das werden wir auch in Zukunft in unserer Politik beachten und Ihre Anträge deshalb ablehnen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Martin Reichardt [AfD]: Setzen Sie lieber die Steuern runter!)
Vielen Dank, Antje Tillmann. – Nächster Redner: für die FDP-Fraktion Markus Herbrand.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7517106 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 225 |
Tagesordnungspunkt | Familienpolitik |