23.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 225 / Tagesordnungspunkt 35

Leni BreymaierSPD - Familienpolitik

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD versucht, sich mit ihren Anträgen wieder einmal als die Familienversteherpartei darzustellen. Der Kinderwunsch der 20- bis 24‑jährigen Frauen, so stellen sie fest, liegt im Schnitt bei 1,83 Kindern.

(Johannes Huber [AfD]: Richtig!)

Den Kinderwunsch von jungen Männern haben Sie wohl gar nicht erst ermittelt. Sie stellen dann fest, dass die Geburtenrate schlussendlich aber bei 1,53 Kindern liegt. Daraus leiten sie messerscharf eine Wunsch-Realitäts-Lücke von 0,3 Kindern ab.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Wahnsinn!)

Der zuletzt ermittelte Hauptgrund, keine Kinder zu bekommen, ist bei uns in Deutschland, dass schlicht der richtige Partner fehlt. Freilich kann es auch medizinische Gründe geben, oder andere Lebensumstände zwingen dazu, Pläne zu ändern.

Sie wollen die von Ihnen ermittelte Wunsch-Realitäts-Lücke nun schon wieder mit 10 000 Euro Kredit schließen. Selbstredend bleiben Sie in Ihrem Vorschlag Ihrem verstaubten Familienbild treu.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Bei nichtverheirateten Paaren schwebt Ihnen als Bedingung eine Vaterschaftsanerkennung vor. Klar, gleichgeschlechtliche nichtverheiratete Paare, die ein Kind bekommen, sind nicht unterstützenswert. Und der Samenspender feiert jedes Mal eine fette Party, wenn er nach jeder erfolgreichen Befruchtung in der zwölften Woche, wie Sie fordern, eine Vaterschaftsanerkennung abliefern darf.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE])

Was wir brauchen, sind verlässliche Rahmenbedingungen. Sie ignorieren hartnäckig, was es an familienpolitischen Leistungen alles gibt und was insbesondere in der Pandemie alles geleistet wurde; Kollege Schrodi und Wiebke Esdar haben bereits darauf hingewiesen. Ich ergänze noch: Wir haben 2 Milliarden Euro für das Corona-Aufholpaket auf den Weg gebracht.

Was will die SPD? Wir wollen eine Vaterschaftszeit direkt nach der Geburt, eine Familienarbeitszeit, mehr Kinderkrankentage und eine Kindergrundsicherung.

(Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Haben wir gerade beantragt!)

Was die SPD nicht will, sind beim Staat verschuldete Familien.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Maik Beermann [CDU/CSU])

Natürlich müssen Familien gestärkt und unterstützt werden. Aber rettet sie vor dieser AfD! Denn die will unter dem Stichwort „normal“ zurück in die 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts: Deutscher Papa arbeitet, und Mama ist maximal Zuverdienerin. Denn sie kümmert sich um Heim und Herd und die Kinderschar und macht es dem erschöpft vom Tagwerk aufs Sofa sinkenden Gatten fein.

(Martin Reichardt [AfD]: Wo haben Sie das eigentlich her? Kennen sie das von zu Hause? Bei uns steht das nirgends drin! – Johannes Huber [AfD]: Ist das aus der „heute-show“?)

Die Mechanismen dieses Konzepts wirken leider heute noch in unserer Steuergesetzgebung. Zu Beginn einer Eheschließung wählen beide für sich die Steuerklasse IV. Sobald das erste Kind da ist, wird das geändert. Er nimmt die Steuerklasse III, und sie landet in Steuerklasse V. Steigt sie nach der Elternzeit wieder in den Beruf ein, geht die Rechnerei los. Für Vollzeit rechnet sich die Kinderbetreuung nicht, also wird es Teilzeit. Wenn dann noch vom niedrigeren Einkommen die Steuern aus Steuerklasse V abgehen, bleibt arg wenig. Dann weiß er vorzurechnen, welche Kosten von dem niedrigeren Einkommen noch abgehen: die Fahrtkosten von und zur Arbeit, ordentliche Garderobe, Essen in der Kantine, Kosten für Kinderbetreuung. Dann sagt er gerne: Also, den Stress musst du dir doch für das bisschen Geld nicht geben, Schatz! Da hast du doch genauso viel, wenn du einen Minijob annimmst! – Und zack schlägt die Falle zu, mit allen Auswirkungen auf Aufstieg, Altersversorgung usw.

Steuern steuern. Natürlich muss man an das Ehegattensplitting ran, auch an die Steuerklassen III und V. Dafür brauchen wir hier im Parlament andere Mehrheiten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Familien brauchen unsere Unterstützung, aber ganz sicher nicht die Vorschläge und das Weltbild der AfD.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Vielen Dank, Frau Kollegin Breymaier. – Das letzte Wort hat jetzt der Kollege Maik Beermann, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7517116
Wahlperiode 19
Sitzung 225
Tagesordnungspunkt Familienpolitik
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