23.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 225 / Zusatzpunkt 17

Peter AumerCDU/CSU - Arbeitsmarkt Ost

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Antrag der Linken gelesen habe, dachte ich, es gäbe mal ein Ziel, das uns verbindet. Sie schreiben, Sie wollen die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Ost und West, in Nord und Süd. Das ist ein Ziel, das uns eint.

(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Aber wenn man dann die Rede von Herrn Bartsch hört, dann merkt man, dass er das nicht meint. Es ist nur ein kleines Wort, aber dieses kleine Wort macht einen großen Unterschied: Da geht es nicht um gleichwertige, sondern um gleiche Lebensverhältnisse. Aber genau das wollen wir nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren der Linken; denn das ist der Unterschied zwischen sozialistischer Politik und sozialer Marktwirtschaft, lieber Herr Bartsch. Darüber müssen wir heute reden. Denn gute Arbeit und einen funktionierenden Arbeitsmarkt, das wollen wir alle, egal ob im Westen oder im Osten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ihre Antworten, sehr geehrter Herr Bartsch, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, greifen viel zu kurz. Für einen Wessi ist es sicherlich nicht ganz so einfach, die Situation im Osten zu beurteilen.

(Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

– Bitte?

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sie sind kein Wessi! Sie sind ein Südi!)

Wenn man Ihre Rede anhört, ist das fast traurig – die Kollegen vor mir haben es schon gesagt –, dass man den Osten unseres Landes so schlechtredet. Was mich besonders geärgert hat, Herr Bartsch, war der Vergleich mit der DDR. Wenn man Ihren Antrag sehr genau liest, dann – –

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Die DDR habe ich gar nicht erwähnt! Wann habe ich denn die DDR erwähnt? Haben Sie zugehört bei meiner Rede?)

– Ich habe nicht Ihre Rede angesprochen, sondern den Antrag, den Sie geschrieben haben.

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Dann sagen Sie das auch!)

– Ich habe das so gesagt. Sie müssen bitte aufpassen.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])

Wenn Sie in Ihrem Antrag schreiben: „Früher war mal alles besser“, dann ist das für mich ein Vergleich mit der DDR. Diese Devise in Ihrem Antrag teilen wir nicht. Wir wollen ausdrücklich nicht zur Wirtschaftspolitik der DDR zurück,

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Ich auch nicht! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das steht da auch nicht drin!)

sondern wir wollen das weiterführen, was in den letzten Jahrzehnten positiv aufgebaut worden ist.

Herr Bartsch, Sie haben aus dem Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit 2020 zitiert. Auch ich habe ihn mir zur Vorbereitung dieser Rede sehr gut angeschaut. Wenn man ihn sehr genau liest, dann kann man zu einem anderen Schluss kommen, als Sie das getan haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])

Nur ein paar Punkte, die ich ansprechen möchte: Der Strukturwandel, meine sehr geehrten Damen und Herren, verlangt den Menschen natürlich sehr viel ab, auch der Politik. Das Umwandeln von staatseigenen Betrieben in privatrechtlich organisierte Unternehmensformen ist sicherlich eine Herausforderung, die wir in diesem Land in den letzten Jahrzehnten hatten. Wenn man sich das Ergebnis anschaut, dann ist es durchaus positiv.

Heute zeigt sich gerade im Osten unseres Landes ein sehr differenziertes Bild der Unternehmerlandschaft: viele engagierte Unternehmerinnen und Unternehmer, eine große Anzahl von kleinen und mittleren Unternehmen; pro Kopf gibt es dort ungefähr genauso viele wie im Westen. Das Problem – darüber werde ich nachher noch reden – ist der Mangel an großen Unternehmen im Osten. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist sicherlich ein Punkt, über den man reden muss; denn hier muss eine positive Wirtschaftspolitik betrieben werden.

Aber der Arbeitsmarkt an sich ist nicht so schlecht, wie Sie ihn darstellen. Nur ein paar Zahlen dazu. Die Arbeitslosenquote im Osten ist seit 2006 rückläufig: 1994 14,8 Prozent, 2005 18,7 Prozent – ein kurzer Anstieg –, 2019  6,4 Prozent. Meine Damen und Herren, ich glaube, das sind Zahlen, die für sich sprechen und die man nicht vergessen darf. Frau Zimmermann redet ja nach mir. Sie hat vorhin in ihrer Zwischenfrage auf die Langzeitarbeitslosigkeit im Osten Bezug genommen. Auch die Langzeitarbeitslosigkeit ist gesunken: von 41,1 Prozent im Jahr 2008 auf 31,9 Prozent im Jahr 2019.

(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Trotzdem immer noch viel zu hoch!)

– Das ist noch viel, aber wir sind ja da, um das zu verbessern. Wenn man sich den Rückgang der Langzeitarbeitslosigkeit anschaut: Das waren im Osten 9,5 Prozentpunkte Rückgang, im Westen nur 8,3 Prozentpunkte. Es ist also nicht so, dass man im Osten keine gute Arbeit leisten würde.

Zum Schluss möchte ich noch einmal auf Ihren Punkt „Lohnlücke schließen“ eingehen, Herrn Bartsch. Ich habe Ihnen gut zugehört, aber Antworten haben Sie auch nicht wirklich gegeben. Sie sagen: Wir müssen die Tarifbindung stärken. – Doch die Tarifbindung ist nicht ein Problem zwischen Ost und West, sondern die Tarifbindung ist ein Problem zwischen kleinen und großen und mittleren Unternehmen. Hierzu sehe ich in Ihrem Antrag nichts, sehr geehrter Herr Bartsch.

Ich komme aus einem Wahlkreis, der sehr wirtschaftsstark ist, der sehr viele große Unternehmen hat. Das Problem in meinem Wahlkreis sind die fehlenden Fachkräfte. Sie fehlen den kleinen Mittelständlern und den Handwerkern, weil aufgrund der hohen Tarifbindung sehr hohe Gehälter gezahlt werden. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist auch ein Punkt, über den wir reden müssen. Ich habe vorher mit einer Kollegin geredet, die gesagt hat, dass im Osten im Moment Werbekampagnen dafür gemacht werden, dass Fachkräfte wieder in den Osten zurückkommen, weil sie dort fehlen.

Ihr Antrag beweist mal wieder, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie kurzsichtig die Linken-Politik ist. Es ist schade, dass Substanz fehlt und dass man gerade den Osten in dieser Debatte schlechtgemacht hat. Ich sehe schon wieder Ihre Bildchen auf Facebook, Herr Bartsch. Das ist aber leider keine verantwortungsvolle Politik für unser Land, keine verantwortungsvolle Perspektive für den Osten Deutschlands. Wir müssen Perspektiven geben. Wir müssen den Menschen aufzeigen, wie verantwortungsvolle Politik funktioniert. Sie zeigen das leider nicht.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort hat die Kollegin Sabine Zimmermann für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7517159
Wahlperiode 19
Sitzung 225
Tagesordnungspunkt Arbeitsmarkt Ost
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