23.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 225 / Tagesordnungspunkt 40

Stefan RouenhoffCDU/CSU - Zukunft der deutschen Exportwirtschaft

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die deutsche Exportwirtschaft ist eine tragende Säule unserer Volkswirtschaft. Produkte made in Germany sind international stark nachgefragt – nach wie vor, und das trotz der Coronapandemie –; das zeigen die wirtschaftlichen Eckdaten. Deutschland hat seinen dritten Platz unter den größten Exportnationen der Welt auch im Krisenjahr 2020 verteidigt.

Das ist sicherlich kein Grund zum Ausruhen; denn richtig ist: Die deutsche Exportwirtschaft ist in den vergangenen Jahren unter Druck geraten. Aber was sind denn die eigentlichen Gründe dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP? Die Hauptgründe liegen doch nicht in einer sinkenden Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportwirtschaft. Sie liegen vor allem in einer Veränderung des internationalen Umfelds. Der Protektionismus ist weltweit auf dem Vormarsch; daran hat auch der Wechsel der US-Administration nichts geändert. Das regelbasierte Handelssystem ist nicht mehr voll funktionsfähig, wenn Sie sich etwa die Streitbeilegung anschauen. Chinas staatskapitalistisches System stellt Deutschland und andere westlich geprägte Volkswirtschaften vor immer größere Herausforderungen. Gleichzeitig wird der Hegemonialkonflikt zwischen China und den USA immer offensichtlicher, mit wirtschaftlichen Kollateralschäden für Deutschland und die Europäische Union.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, die Weltwirtschaftsordnung wandelt sich gerade grundlegend, und Sie sprechen über vereinfachte Planungs- und Genehmigungsverfahren,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

über Steuersenkungen, den Abbau von Bürokratie. So wichtig das auch ist – ja, das ist ein wichtiges Thema, und ich höre mir das auch gerne von Ihnen an –, aber das bringt doch alles nichts, wenn wir nicht neue Konzepte für die großen Herausforderungen unserer Zeit entwickeln.

Wie kann der multilaterale Ansatz, von dem Sie in Ihrem Papier schreiben, in der WTO fortbestehen, wenn völlig unterschiedliche Wirtschaftssysteme aufeinanderprallen? Wie offen dürfen Volkswirtschaften heute noch sein, ohne Gefahr zu laufen, dass ein Technologieausverkauf stattfindet? Welche handelspolitischen Instrumente braucht Europa, um ein Level Playing Field mit Drittstaaten zu erreichen?

Kommen wir aber mal zu den Punkten in Ihrem Antrag:

Erster Punkt. Sie fordern ein umfassendes Freihandelsabkommen zwischen Europa und Nordamerika. Schöner Vorschlag, aber aus meiner Sicht völlig unrealistisch. Wir sollten uns erst einmal darauf konzentrieren, die bestehenden Handelsstreitigkeiten mit den USA auszuräumen: ein Ende des Boeing-Airbus-Streites und die Aufhebung der Strafzölle auf Stahl und Aluminium. Damit wäre schon eine ganze Menge erreicht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zweiter Punkt. Sie wollen die Investitionsprüfung in der Außenwirtschaftsverordnung nicht erweitern. Auf den ersten Blick könnte man ja sagen: Prima, da kann man Ihnen zustimmen – wenn denn ausländische Direktinvestitionen entlang marktwirtschaftlicher Prinzipien erfolgen würden. Aber wir alle sollten doch mittlerweile wissen: Gerade in strategisch wichtigen Bereichen ist das immer wieder nicht der Fall. Ausländische Direktinvestitionen werden immer häufiger staatlich gelenkt und auch subventioniert, etwa im Hochtechnologiebereich oder im Energiesektor. Wir haben die Beispiele: 50Hertz, Aixtron und Co. Dieser Entwicklung müssen wir einen Riegel vorschieben.

Dritter Punkt. Sie fordern eine umfassende WTO-Verhandlungsrunde, um die Interessen zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern auszugleichen. Da bin ich ein bisschen überrascht von der Forderung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP; denn genau dieser Ansatz hat ja in den letzten 20 Jahren gerade nicht zum Erfolg geführt. Die Doha-Runde ist krachend gescheitert. Erfolgversprechend aus meiner Sicht sind da vielmehr plurilaterale und, wenn es sehr gut läuft, auch multilaterale Übereinkommen in einzelnen Themenbereichen.

Vierter Punkt. Sie wollen eine zügige Ratifikation des EU-Mercosur-Abkommens. In dem Punkt stimme ich Ihnen absolut zu. Und da wünsche ich mir auch ein bisschen mehr Dynamik von unserer eigenen Bundesregierung; denn wir brauchen das Freihandelsabkommen auch zur Durchsetzung hoher Standards, etwa im Klima-, Umwelt- und Sozialbereich. Aber einige meinen ja immer noch – und da schaue ich mir insbesondere die linke Seite des Parlaments an –, ein solches Abkommen sei nur dann gut, wenn Maximalforderungen erfüllt sind. Da irren Sie sich gewaltig. Sollten Sie tatsächlich – und da spreche ich die Grünen an – in die nächste Regierung kommen und eine solche Politik verfolgen, dann werden Sie international jedenfalls auf keinen grünen Zweig kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da werden wir sicherlich erfolgreicher sein als Sie!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Herausforderungen für die deutsche Exportwirtschaft haben sich fundamental geändert. Was wir brauchen, ist eine realistische und pragmatische Außenwirtschaftspolitik: eine Politik, die für eine Diversifizierung von Lieferketten und Handelsbeziehungen eintritt, und eine Politik, die die europäische Exportwirtschaft vor marktverzerrenden Handelspraktiken schützt und gleichzeitig für offene Märkte und freien Handel sorgt. Dafür setzen wir uns als Bundestagsfraktion ein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Kollege Rouenhoff. – Das Wort geht an die AfD-Fraktion mit Steffen Kotré.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7517179
Wahlperiode 19
Sitzung 225
Tagesordnungspunkt Zukunft der deutschen Exportwirtschaft
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