Claudia MollSPD - Aktuelle Stunde – Entlassungen beim Klinik-Konzern Sana
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Haben Sie sich kürzlich mal mit Pflegekräften unterhalten? Wer es, wie ich, getan hat, wird wissen, dass von den Kolleginnen und Kollegen auf Station nicht nur über das ärztliche und über das pflegerische Personal, sondern auch über die Reinigungskräfte, über das Servicepersonal und über Mitarbeiter aus der Wäscherei gesprochen wird. Man kennt sich. Man schätzt sich. Man kann sich aufeinander verlassen. Diese Mitarbeiter sind nicht nur mitgemeint, sie sind Teil des Teams. Sie arbeiten in der gleichen Vollausrüstung seit über einem Jahr, auch an ihrer Belastungsgrenze. Und auch nicht zu vergessen: Gleichzeitig wird unten an der Pforte das Personal von verzweifelten Familien beschimpft, die nicht zu ihren Angehörigen auf den Coronastationen konnten.
Wenn wir von Coronaheldinnen und ‑helden sprechen, müssen wir auch von den ungesehenen sprechen, von denjenigen, die den Laden am Laufen halten: Hauswirtschaftskräfte, Soziale Dienste, Krankenfahrdienste, Hilfsdienste, Reinigungskräfte, Mitarbeiter aus der Wäscherei. Sie machen überhaupt erst möglich, dass Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte sich voll und ganz um die Patienten kümmern können,
(Beifall bei der SPD)
dass Bettwäsche und Kittel gewaschen werden, dass Angehörige nicht durch Quarantänestationen laufen und Material dort ist, wo es gebraucht wird.
(Zuruf von der LINKEN: So ist es!)
Auch sie haben die schlimmsten Seiten der Pandemie hautnah miterlebt und über ihre körperlichen und psychischen Belastungsgrenzen hinaus gearbeitet.
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Genau!)
Und genau jetzt, mitten in der dritten Welle, geben die Sana Kliniken bekannt, 1 000 dieser Menschen zu entlassen.
(Ulli Nissen [SPD]: Pfui!)
Noch ist nicht klar, wer diese Arbeit übernehmen soll. Es würde sondiert, sodass die Arbeit nicht zulasten der Pflegekräfte geht. Aber ich weiß es besser.
(Zuruf der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD])
Ich weiß, wie es am Ende praktisch aussehen wird, auf wessen Rücken diese Entlassungen getragen werden: auf denen des ausgebrannten Pflegepersonals.
(Beifall bei der SPD)
Gucken wir mal! Ist ja nicht lange. Warten wir mal ab! Genau so wird es laufen.
Lassen Sie mich klar sagen: Wer bei 66 Millionen Euro Gewinn 2019 aus Kostenkalkül denkt, ausgerechnet beim Personal einzusparen, der sollte sich schämen;
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
nicht nur, aber erst recht in einer weltweiten Pandemie.
Die deutschen Kliniken wurden zur Versorgung der Patientinnen und Patienten während der Coronapandemie massiv mit Steuergeldern unterstützt. Und jetzt werden die entlassen und für verzichtbar erklärt, die genauso systemrelevant sind wie jede einzelne Krankenpflegerin oder Ärztin. Das sind auch diejenigen, die kein Homeoffice machen konnten, Belastungen und Infektionsrisiko ausgesetzt waren.
Die Sana Kliniken haben von öffentlichen Mitteln profitiert. Damit sind sie in der Pflicht, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden –
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
für Patientinnen und Patienten und für die Belegschaft. Steuermittel sind kein Selbstbedienungsladen, wo man mal eben so zugreift, wenn es einem passt. Diese Rosinenpickerei gehört unterbunden und verurteilt.
Wir als SPD-Fraktion stehen an der Seite der Gewerkschaften und der Betriebsräte, die sich entschlossen dagegen wehren.
(Beifall bei der SPD)
Für uns als SPD ist das Gesundheitssystem Krankenhaus eine Teamaufgabe, bei der Ärzte, Pflegepersonal sowie Service- und Logistikpersonal nur zusammen arbeiten können und gleich viel Respekt verdienen. 1 000 Menschen in einer Gesundheitskrise zu entlassen und ihre Aufgaben früher oder später aufs Pflegepersonal abzuschieben, ist unmöglich und gilt es, entschlossen zu verhindern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Jetzt dazu noch ein Satz von mir zum Schluss. Ich bin mal gespannt, ob demnächst Ärzte, Ärztinnen, Pflegepersonal in ungebügelten OP-Hemdchen rumlaufen müssen.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Jetzt kommt für die Fraktion Die Linke der Kollege Harald Weinberg.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7518369 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 226 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde – Entlassungen beim Klinik-Konzern Sana |