05.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 226 / Zusatzpunkt 1

Johannes SchrapsSPD - Aktuelle Stunde – Entlassungen beim Klinik-Konzern Sana

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Verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es jetzt in der Debatte schon mehrfach gehört: Die angekündigte Massenentlassung in der Tochterfirma der Sana Kliniken AG, der DGS pro.service GmbH, hat vollkommen zu Recht einen großen Aufschrei mit sich gebracht. Mehr als 1 000 Beschäftigte sollen bis Ende des Jahres deutschlandweit entlassen werden, und deshalb ist es wichtig, dass wir diese Thematik hier heute diskutieren und dass sie aufgesetzt worden ist, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Die Sana AG ist ein profitabler Klinikkonzern mit mehr als 50 Standorten in Deutschland, einem Umsatz von 2,8 Milliarden Euro und einem Gewinn von 67 Millionen Euro in 2019. Die Sana DGS pro.service ist als 100-prozentige Tochtergesellschaft der Sana Immobilien Service GmbH Teil der Sana Kliniken AG und an jedem einzelnen Standort der Sana AG tätig. Einer dieser Standorte befindet sich bei mir im Wahlkreis, im Weserbergland. Das ist das Sana Klinikum Hameln-Pyrmont, direkt an der Weser in der Rattenfängerstadt Hameln.

Wir hören ja häufig davon in den Nachrichten, wenn sich große Konzerne, aus welchen Gründen auch immer, dazu entschließen, Entlassungen durchzuführen. Für die meisten Beobachter ist das dann sehr weit weg, weil es ja viele Standorte betrifft und weil sich die große Zahl der Entlassungen meist aus vielen kleinen Zahlen zusammensetzt. Aber wie auch in vielen anderen Fällen lohnt sich ein Blick darauf, was das eigentlich vor Ort bedeutet. Auch in Hameln wird es bis Ende dieses Jahres mindestens 36 Beschäftigte treffen. Das ist jetzt vielleicht eine kleine Zahl; an anderen Standorten werden es ähnliche Zahlen, an wiederum anderen vielleicht auch höhere sein. Und überall ist es schlimm; denn für jeden einzelnen Betroffenen und jede einzelne Betroffene ist es schlimm, zu den Entlassenen zu gehören, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU])

Ich bin in den letzten Jahren und Monaten mehrfach in diesem Klinikum gewesen, um mit der Geschäftsführung zu sprechen, um mir von den Ärzten das Coronaprozedere erläutern und zeigen zu lassen und um zu hören, wie es dem Pflegepersonal mit der Belastung in der Coronasituation geht – auch um hier in Berlin dann anschaulich weiterleiten zu können, dass die Belastung am Limit ist, vor und während der Coronapandemie.

Mit Manuel Strohdeicher ist übrigens einer der Pfleger aus diesem Hamelner Sana Klinikum von den Patientinnen und Patienten zum beliebtesten Pfleger des Jahres 2019 in Deutschland gewählt worden. Er hat diesen Preis damals, Ende 2019, hier im Reichstagsgebäude in einer Feierstunde übergeben bekommen. Manuel Strohdeicher steht aber für ganz viele engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im gesamten Klinikum; denn so ein Klinikum – das hat Manuel Strohdeicher damals in seiner Dankesrede auch deutlich gemacht – ist ein sensibles Gebilde, in dem viele Rädchen richtig ineinandergreifen müssen, damit das große Ganze funktioniert.

(Beifall bei der SPD)

Es ist knapp sechs Monate her, da konnte ich mich ganz persönlich – mitten in der Coronazeit – davon überzeugen, dass genau diese Rädchen trotz der extrem schwierigen Situation ineinandergreifen: Am 1. November letzten Jahres wurde ich in ebendiesem Sana Klinikum an der Achillessehne operiert, die ich mir einige Tage zuvor beim Fußballspielen gerissen hatte, nicht beim FC Bundestag. Ich darf an dieser Stelle deshalb nicht nur dem operierenden Arzt, nämlich Professor Dr. Hankemeier, dafür danken, dass ich heute, ein halbes Jahr später, hier stehen kann und mich auf sportliche Betätigung wieder freuen kann, wenn das bald wieder möglich ist. Aber ich kann mich genauso beim Team der Notaufnahme, der Anästhesie, der Radiologie, bei den Stationspflegerinnen und Stationspflegern, bei der Physiotherapie, beim Narkoseteam, bei den Auszubildenden, beim Nachtdienst, bei den Reinigungskräften, bei allen bedanken, die ich vielleicht persönlich gar nicht gesehen habe, die aber mit ihrem Wirken im Hintergrund zum Funktionieren dieses Krankenhauses beigetragen haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich hatte die Tochterfirma der Tochterfirma der Sana Kliniken AG, die DGS pro.service, ja gerade bereits genannt. Neben der Unterhaltsreinigung der Sana Kliniken gehören auch die Stationsassistenz, die Hol- und Bringedienste, die Pforten- und Sicherheitsdienste – das ist gerade schon genannt worden – zum Portfolio dieser Firma. 3 000 Beschäftigte, viele davon in Teilzeit, sind Teil dieses Krankenhaussystems, wo ein Rädchen in ein anderes greifen muss. Sie werden zum größten Teil von diesen Entlassungen betroffen sein; 1 000 von ihnen sollen jetzt entlassen werden.

Und wenn der Vorstand der Sana Kliniken AG gestern dem Gesundheitsausschuss schreibt, dass die „Teilbetriebsschließung“ – also alles außer Reinigung ist eben auch nur ein Teil, wenn auch ein großer – für die Beschäftigten keine tarifabsenkende Wirkung haben soll, dann frage ich mich: Warum macht man das denn dann überhaupt, verehrte Kolleginnen und Kollegen?

(Beifall bei der SPD)

Man kann ja übrigens auch weiter dasselbe verdienen, aber im Endeffekt deutlich mehr zu tun haben, wenn einem die entlassenen Kolleginnen und Kollegen an der Seite fehlen.

Mit erhöhtem Arbeitsaufwand und schlechterer Versorgungsqualität werden damit auf dem Rücken von Patientinnen und Patienten und auf Kosten der Beschäftigten massive Einsparungen vollzogen, um die Profite der Anteilseigner zu steigern.

Über ihre Werte und Verlässlichkeit – das ist mein abschließender Satz, Herr Präsident – schreibt Sana übrigens auf der eigenen Homepage:

Unsere Mitarbeiter sind unser höchstes Gut, all unser Tun ist geprägt durch den respektvollen Umgang untereinander.

Liebe Sana Kliniken Aktiengesellschaft, dies ist die falsche Entscheidung zum noch falscheren Zeitpunkt. Überdenken Sie noch einmal genau, was Sie da entschieden haben!

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Kollege Schraps. – Der letzte Redner in der Aktuellen Stunde ist der Kollege Dr. Roy Kühne.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7518372
Wahlperiode 19
Sitzung 226
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde – Entlassungen beim Klinik-Konzern Sana
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