Sabine PoschmannSPD - Handwerksordnung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Entschließungsantrag der AfD lehnen wir nicht ab, weil er rechtsextremistisch ist, diesmal ausnahmsweise nicht, sondern weil er einfach inhaltsleer ist. Vielleicht sollten Sie von der rechten Seite mal was anderes lesen als die „Bild“-Zeitung; dann wüssten Sie, warum das so ist. Die FDP hat schon versucht, es Ihnen im Wirtschaftsausschuss zu erklären, aber leider hat das wohl nicht gefruchtet. Aber so ist das bei der AfD.
Kommen wir zum Gesetz, zum Fünften Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung. Die Anpassung an bisherige Beschlüsse ist richtig; Frau Grotelüschen hat es gerade auch schon erklärt. Wir passen damit die Handwerksordnung an, vor allen Dingen an die Rückvermeisterung, die ja ab 2020 gilt. Dazu nehmen wir Entwicklungen auf; denn auch im Handwerk hat es mit der Zeit natürlich wesentliche Entwicklungen gegeben, um das Prüfungswesen zum Beispiel anzupassen. Wir könnten an dieser Stelle sagen: „Okay, ist alles klar, winken wir durch“, aber ich möchte dennoch auf zwei Punkte zurückkommen.
Das Erste ist die ehrenamtliche Prüftätigkeit. Die Prüfungsinhalte haben an Qualität gewonnen, auch wegen der zusätzlichen Vermeisterung in unterschiedlichen Gewerken. Die Herausforderung ist beim Handwerk nicht nur für die Prüflinge, sondern auch für die Prüfenden größer geworden, und sie müssen qualitativ aufrüsten. Hierbei wollen wir ihnen behilflich sein.
Ich habe einmal nachgeschaut, wie viel Prüfende wir denn in Deutschland haben. Es sind über 300 000, die im Ehrenamt diese Prüfungen abnehmen. Deshalb an dieser Stelle einen herzlichen Dank, dass Sie dieses Engagement zeigen – und das auch noch in Ihrer Freizeit!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der AfD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir wollen Ihnen mit diesem Gesetz, mit dieser Anpassung Ihre Tätigkeit erleichtern. Wir wollen Flexibilität in Ihre Tätigkeit bringen. Zudem wollen wir es auf breitere Füße stellen; denn jetzt sollen auch mehr Gewerkschaftsvertreter dazukommen. Ich denke, für die Zukunft sind wir hier gut gewappnet.
Ein zweiter Punkt. Eine Herzensangelegenheit nicht nur von mir, sondern auch von meiner Fraktion – Sie wissen, was jetzt kommt – ist die Tarifbindung. Wir haben es geschafft, dass als Aufgabe der Innung explizit, und zwar in besonderem Maße, der Abschluss von Tarifverträgen genannt wird.
(Beifall bei der SPD)
Warum ist das so wichtig, meine Damen und Herren? Wir alle wissen es – die AfD hat es gerade nicht gewusst –: Die Tarifbindung im Handwerk beträgt nur 30 Prozent.
Und während das Ausland neidvoll zu uns nach Deutschland schaut, weil wir hier aufgrund der Tarifpartnerschaft eine gewisse Ordnung haben, weil wir aber auch das Miteinander pflegen und eine Friedenspflicht haben, das Wirtschaften durch die Tarifbindung also planbarer ist, findet im Inland eine Tarifflucht statt – und das nicht nur im Handwerk, sondern auch im Einzelhandel und in der Pflege.
Wozu führt das, sehr geehrte Damen und Herren? Das führt dazu, dass Menschen von ihrer Arbeit nicht mehr leben können. Das führt dazu, dass Arbeitnehmer mehrere Arbeitsverhältnisse haben, weil sie ihre Familie nicht mehr ernähren können. Das führt dazu, dass der Staat zufinanzieren muss, weil es sonst nicht mehr zum Leben reicht. Und das führt dazu, dass die Rente nicht reicht.
Deshalb muss es unser aller Bestreben sein, für gute Löhne in diesem Land zu sorgen.
(Beifall bei der SPD)
Deshalb müssen wir alle ein Interesse daran haben, die Tarifbindung nach vorne zu bringen. Wir wollen keine Mindestlöhne in diesem Land. Wir wollen eine Tarifbindung, damit die Menschen ordentlich leben können.
(Beifall bei der SPD)
Die AfD hat gerade so schön gesagt: Das regelt doch der Markt! Lassen wir es doch alles so! – Nein, es ist leider nicht so; es regelt nicht der Markt. Die Löhne im Handwerk liegen unter dem Durchschnitt. Die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – hört! hört! – ist nach einer Studie unzufrieden; neueste Ergebnisse.
Auf der anderen Seite bleibt der Fachkräftemangel doch die große Herausforderung im Handwerk, und die Coronakrise verschärft diese Situation noch einmal. Wir wissen, dass zwei von drei Fachkräften, im Handwerk gut ausgebildet, in die Industrie wandern. Sie folgen also dem Geld. Wen wundert das? Daher brauchen wir einen Anschluss an Industrielöhne, auch im Handwerk. Wir müssen die Lücke schließen. Denn wir brauchen gute Handwerker, um die Zukunftsaufgaben, die wir gerade alle diskutieren, zum Beispiel beim Thema Umwelt, zu bewältigen. Wir brauchen Handwerker, um die Zukunft zu bauen.
(Beifall der Abg. Gabriele Hiller-Ohm [SPD])
Diese Novelle, meine Damen und Herren, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, ein erster Schritt in die Tarifbindung. Lassen Sie uns stärker weiter daran arbeiten, und lassen Sie uns zusammen solidarisch in die Zukunft gehen, mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Das ist in unser aller Interesse.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Kollegin Poschmann. – Das Wort geht an die FDP-Fraktion, an den Kollegen Manfred Todtenhausen.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7519026 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 226 |
Tagesordnungspunkt | Handwerksordnung |