05.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 226 / Tagesordnungspunkt 6

Jens BeeckFDP - Teilhabe und Inklusion

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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um beim letzten Redner anzufangen: Kollege Oellers, Sie wissen genau, wenn Sie die Anträge durchgehen, dass Sie keine 10 Prozent, im Grunde nicht einmal 8 Prozent davon abgearbeitet haben.

(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Nein, nein, nein!)

Wenn Sie sich die Drucksachen anschauen, stellen Sie fest, dass dort Dinge stehen, die Sie vorher zum Teil abgelehnt haben, weil wir sie nämlich vor Ihnen eingebracht haben.

(Beifall bei der FDP)

Aber das nur als Vorbemerkung.

(Zuruf des Abg. Wilfried Oellers [CDU/CSU])

Es gibt eine Reihe von Gründen für diese Debatte heute. Der augenfälligste ist, dass der heutige Tag der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung ist. Weitere sind natürlich die systematische Vernachlässigung von Menschen mit Behinderung im Rahmen der Coronapandemie, die wir aufzuarbeiten noch Jahre brauchen werden, und die permanente Untätigkeit dieser Bundesregierung, aus eigenem Anlass und aus eigenem Antrieb deutliche Verbesserungen in der Teilhabepolitik zu schaffen. Zu Ihrer Bemerkung hierzu, Frau Glöckner, komme ich gleich noch.

Auch ist es angemessen, an die Opfer der Gewalttaten im Oberlinhaus in Potsdam heute hier in diesem Hause zu erinnern, einmal deswegen, weil es schreckliche Taten waren, aber auch deswegen, weil im Rahmen der Berichterstattung – möglicherweise gar nicht böse gemeint – ein völlig verzerrtes Bild entstanden ist. Menschen mit Trisomie 21 leiden nicht an dieser Krankheit.

(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Krankheit!)

Menschen im Rollstuhl sind nicht an diesen gefesselt, und ganz sicher müssen diese Menschen nicht erlöst werden. Wenn das das Bild ist, das heute noch transportiert wird, wird umso deutlicher, dass wir hier diese Debatte stärker und intensiver führen müssen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)

Dazu brauchen wir einen Plan, dazu brauchen wir einen Marshallplan, der uns zu den Zielen führt, zu denen wir lange verpflichtet sind.

Ausgerechnet der Americans with Disabilities Act aus dem Jahre 1990 der Vereinigten Staaten zeigt, dass das geht und dass man das wesentlich konsequenter machen kann als wir und dass es nicht zu irgendwelchen Verwerfungen im Bereich der Privatwirtschaft und an sonstigen Stellen führt, sondern dort hat man ein Beispiel dafür, dass der gesetzte Standard automatisch auch der Preiswerteste wird und nur immer die Abweichungen vom Standard teurer werden. Hier können wir wesentlich mutiger sein, und wir können den gesellschaftlichen Wandel, der dadurch beispielsweise in den Vereinigten Staaten von Amerika hervorgerufen wurde und der übrigens ganz viele unserer multinationalen Unternehmen schon trifft, weil sie auch auf dem Markt Zugang dort haben und deswegen ganz vieles schon getan haben, was dort gesetzlich vorgeschrieben ist und wo wir noch nicht sind, durchaus einmal als Vorbild nehmen und ein ähnliches Tempo vorlegen.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Lassen Sie mich in dem Zusammenhang sagen: Wir haben das im Grunde in unserer Rechtsordnung. Und Frau Glöckner, wenn Sie sagen, man muss die Gesellschaft mitnehmen und wir brauchen noch ein bisschen Zeit: Wir stellen hier häufig ab auf die UN-Behindertenrechtskonvention, die auch ein wichtiger und richtiger Schritt ist, aber es war der 15. November 1994, als die Vorgänger von uns in diesem Hause in Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz Satz 2 „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ eingefügt haben. Das ist 27 Jahre her. Es gibt dazu umfassende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die uns verfassungsrechtlich bindet. Deswegen ist nicht mehr die Zeit, irgendwen mitzunehmen, es ist die Zeit, voranzukommen, Frau Kollegin Glöckner!

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Sören Pellmann [DIE LINKE] – Zuruf der Abg. Angelika Glöckner [SPD])

Wir haben deswegen umfassende Anträge vorgelegt, von denen Sie zum Teil schon welche abgelehnt haben, andere könnten Sie heute noch annehmen.

Der Appell bleibt: Nutzen wir den heutigen Tag, nutzen wir übrigens auch die Dinge, mit denen wir uns leider befassen müssen. Es war nicht nur Potsdam, es war vorher auch NRW. Kollege Oellers, Sie haben darauf hingewiesen, wir haben im Teilhabestärkungsgesetz immer kleine Schritte gemacht. Aber Sie sagen ja selbst – so Frau Glöckner heute Morgen im Ausschuss für Arbeit und Soziales bei der Beratung der Umsetzung der Europarichtlinie –: Wir machen wieder einen Schritt. Und Sie sagen selbst: Es müssen weitere folgen. – Das ist im Grunde nichts anderes als das Eingeständnis, dass das, wozu wir verfassungsrechtlich verpflichtet sind, wozu wir bundesgesetzlich verpflichtet sind, mit dem, was Sie derzeit tun, nicht erreicht wird. Es ist Zeit, dass wir etwas mehr tun. Dazu haben Sie heute die Gelegenheit, wenn Sie unseren Anträgen zustimmen. Das wäre auch für den heutigen Tag eine gute Gelegenheit. Ich ermuntere Sie: Lassen Sie es uns gemeinsam angehen!

(Lachen des Abg. Dr. Matthias Bartke [SPD])

Alle Vorlagen dafür haben wir Ihnen gegeben.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Beeck. – Das Wort geht an Sören Pellmann von der Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7519037
Wahlperiode 19
Sitzung 226
Tagesordnungspunkt Teilhabe und Inklusion
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