06.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 227 / Tagesordnungspunkt 9

Stephan StrackeCDU/CSU - Betriebliche Mitbestimmung

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein herzliches Grüß Gott! Betriebliche Mitbestimmung und Tarifautonomie tragen wesentlich zum wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes bei und sichern auch den sozialen Frieden. Soziale Marktwirtschaft, starke Sozialpartnerschaft setzt voraus, dass Interessen gebündelt werden, auf Betriebsebene, auf Ebene der Branchen und branchenübergreifend. Dazu braucht es starke Arbeitgeberverbände und natürlich auch Gewerkschaften.

Starke Sozialpartnerschaft setzt Gestaltungswillen und Gestaltungskraft voraus. Diese Fähigkeiten brauchen wir mehr denn je; denn Globalisierung, Digitalisierung und Klimawandel erzeugen eine unglaubliche Dynamik und beschleunigen Veränderungsprozesse. Aufgabe von Politik und Sozialpartnerschaft ist es, diese Veränderungsprozesse in geordnete Bahnen zu lenken. Gleichzeitig sehen wir, dass die Kraft der Sozialpartnerschaft brüchig geworden ist. Die Bindekraft von Tarifverträgen lässt nach, und die betriebliche Mitbestimmung ist spürbar schwächer geworden; das wurde von meinem Vorredner beschrieben. Wir wollen genau diesen Trend stoppen; wir wollen ihn umkehren. Wir wollen mehr Betriebsräte in Deutschland. Deswegen wollen wir das vereinfachte Wahlverfahren bei der Betriebsratswahl ausweiten und damit die Gründung von Betriebsräten fördern.

Ich finde es durchaus besorgniserregend, welche Geringschätzung der betrieblichen Mitbestimmung zum Teil entgegengebracht wird. Nicht wenige meinen, Betriebsräte seien nicht mehr zeitgemäß, sie seien überflüssig. Die, die das äußern, unterliegen einer wesentlichen Fehleinschätzung; denn sie wissen nicht oder schätzen falsch ein, welchen großen Mehrwert es im Hinblick auf Akzeptanz und Betriebsfrieden bedeutet, wenn wichtige Entscheidungen zuvor im Betriebsrat besprochen und dann gemeinsam im Betrieb umgesetzt werden. Geringschätzung geht gar nicht, und erst recht nicht Behinderung oder gar Verhinderung von Betriebsratswahlen. Deswegen sorgen wir für bessere Schutzmechanismen bei der Betriebsratswahl betreffend den Wahlvorstand und auch die Vorfeldinitiatoren. Diese Schutzmechanismen sind zugleich ein klares Stoppsignal gegenüber denjenigen Arbeitgebern, die die Gründung von Betriebsräten verhindern wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Arbeitswelt ist massiven Veränderungen ausgesetzt. Achtstundentag, Präsenzpflicht, Ruhezeiten, diese klassischen Vorstellungen sind nicht allein, aber natürlich auch durch die Digitalisierung aufgebrochen worden. Die Beschäftigten wollen immer mehr Flexibilität, sie fordern sie ein. Video- und Telefonkonferenzen gehören zumindest seit der Pandemie zum täglichen Handwerkszeug. Deswegen führen wir sie auch bei der Betriebsratsarbeit dauerhaft als Option für die Präsenzsitzungen ein.

Heute haben wir uns ja an Computer, Smartphones und Apps als Unterstützung in allen Lebensbereichen längst gewöhnt. Weiterer technischer Fortschritt wird dazukommen, darunter auch künstliche Intelligenz. Künstliche Intelligenz ist ein neues Handwerkszeug, um Arbeit leichter und effizienter zu machen. Sie wird in vielen Bereichen menschliche Arbeit verändern und zum Teil auch ersetzen. Deswegen müssen wir Chancen und Schutz in Einklang bringen. Die frühzeitige Einbindung von Arbeitnehmervertretungen ist dafür wichtig; das stellen wir klar. Das erhöht Vertrauen und Akzeptanz bei der Einführung und Anwendung von künstlicher Intelligenz. Um uns das notwendige Handwerkszeug dafür an die Hand zu geben, kann man auch auf externen Sachverstand zurückgreifen; das ist richtig.

Ortsflexibles Arbeiten wird immer wichtiger und stärker von den Beschäftigten eingefordert. Sie begreifen das als Flexibilitätsgewinn, nicht als Bedrohung. Mobiles Arbeiten wird auch nach der Pandemie einen hohen Stellenwert haben. Die Entscheidung über die Einführung von mobiler Arbeit ist und bleibt Aufgabe des Arbeitgebers. Bei der Ausgestaltung von mobiler Arbeit werden Betriebsräte in Zukunft ein eigenständiges Mitbestimmungsrecht erhalten. Das ist auch sachgerecht; denn es geht darum, verbindlich und passgenau in den Betrieben zu regeln, wie der Einsatz von mobiler Arbeit funktioniert, und dabei auch die Grenzen klar zu formulieren. Das schafft Schutz und Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Deshalb schaffen wir ein neues Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung von mobiler Arbeit.

Mobile Arbeit ist nicht risikolos. Es gibt Lücken, gerade im Unfallversicherungsschutz. Derzeit sind wir im Gespräch, wie wir diese Lücken schließen können. Wir als Union wollen das, weil wir dazu beitragen wollen, den Versicherungsschutz zu verbessern.

Betriebsräte haben eine wichtige Funktion. Der vorliegende Gesetzentwurf stärkt unsere Betriebsräte in Deutschland. Ich freue mich auf die Ausschussberatungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7519456
Wahlperiode 19
Sitzung 227
Tagesordnungspunkt Betriebliche Mitbestimmung
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