Fritz GüntzlerCDU/CSU - Abwehr der Steuervermeidung
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ein weiteres wichtiges Steuergesetz beraten wir heute. Wer die Tagesordnung des Deutschen Bundestags beobachtet, sieht, dass wir zurzeit ganz viele Steuergesetze auf der Tagesordnung haben. Das finde ich gut, Herr Minister. Manches hätten wir gerne auch etwas früher beraten; dann hätten wir vielleicht auch ein bisschen mehr Zeit gehabt. Gut ist aber, dass wir dieses Steueroasen-Abwehrgesetz heute beraten.
Ich habe mich in Vorbereitung der Rede noch mal gefragt: Was ist eigentlich eine Steueroase? Woher kommt eigentlich dieser Begriff? Das hat ja wahrscheinlich was mit Wohlfühlen zu tun, in der Oase, in der Wüste, und wahrscheinlich fühlen sich die Falschen in einer Steueroase wohl. Von daher ist es wichtig, dass wir solche Steueroasen trockenlegen. Das werden wir mit diesem Gesetz zum Teil erreichen können. Von daher ist das Gesetz in die richtige Richtung gehend und findet daher auch unsere Unterstützung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir gegen Steuerbetrug und Steuervermeidung kämpfen wollen. Wir wollen uns für eine gerechte Besteuerung einsetzen. Es ist für viele Menschen zu Recht unverständlich, dass es einige internationale Konzerne gibt, die so gut wie keine Steuern zahlen, weil sie ihre grenzüberschreitenden Handlungen so ausrichten, dass sie fast bei null landen.
Ich will aber betonen, dass das nicht alle Konzerne betrifft; auch da sollten wir mal ehrlich sein. Es gibt viele Unternehmen in Deutschland, die ihre Steuerlast hier tragen und damit auch ihren Beitrag in diesem Land leisten. Von daher ein Dankeschön an die Unternehmerinnen und Unternehmer, die dies tun.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
Aber gerade diese Unternehmen haben auch einen Anspruch darauf, dass alle ihre Steuern zahlen, und darum müssen wir zu einer gerechten Besteuerung kommen.
Wir haben auch vereinbart, Steuerschlupflöcher zu schließen. Das haben wir mit dem Gesetz zur Reform der Grunderwerbsteuer gemacht, indem wir die Share Deals verunmöglicht haben, jedenfalls in großen Teilen. Wir haben uns ein Gesetz gegen unfairen Steuerwettbewerb gegeben und haben, wie der Minister bereits ausgeführt hat, gesagt: Das wollen wir national, europäisch und international tun. – Auch da ist mir wichtig, zu sagen: Es geht um den unfairen Steuerwettbewerb, meine Damen und Herren. Wir haben nichts gegen einen Steuerwettbewerb, solange er unter den gleichen Regeln stattfindet.
Da müssen wir, so glaube ich, in der Bundesrepublik Deutschland noch einiges tun; denn wir sind mit unserem Steuerrecht nicht wettbewerbsfähig. Von daher bin ich froh, dass die CDU/CSU-Fraktion bereits im November 2019 ein Papier zur Modernisierung des deutschen Unternehmensteuerrechts vorgelegt hat. Es wäre schön, Herr Minister, wenn Sie es mal lesen würden, falls Sie das noch nicht getan haben, und vielleicht einige Teile davon übernehmen würden. Das würde uns als Union sehr freuen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Zu viel Senkung! Zu viel Senkung!)
Einen Punkt haben Sie aber übernommen, und das ist auch gut. Das ist das Körperschaftsteuer-Modernisierungsgesetz, mit dem wir zu einer rechtsformneutralen Besteuerung kommen, sodass die Personengesellschaften in Deutschland wie Kapitalgesellschaften besteuert werden können. Von daher ist das ein gutes Gesetz. Wir sind da auf einem hoffentlich guten Weg, aber einiges müssen wir noch tun.
Unfairen Steuerwettbewerb wollen wir alle nicht. Da sind wir in dem sogenannten BEPS-Prozess auf OECD-Ebene schon lange unterwegs – unter Minister Wolfgang Schäuble ist das Ganze eingeleitet worden –; 15 Aktionspunkte, die wir in Deutschland teilweise schon in Gesetze umgesetzt haben. Es geht darum, die Erosion der Steuerbasis in den einzelnen Ländern zu verhindern.
Das wird jetzt weiterentwickelt; der Herr Minister hat darauf hingewiesen. Die OECD hat jetzt ein Zwei-Säulen-Modell vorgelegt, das als Ergänzung auch unsere Unterstützung findet. Da geht es in der Säule 1 darum, das Steuersubstrat, wie es so schön heißt, also den Steuerkuchen, gerechter aufzuteilen. Wir müssen genau hingucken, dass wir nicht der große Verlierer dieser Veranstaltung sind. Aber im Grundsatz geht das in die richtige Richtung. Die Säule 2 unterstützen wir sehr. Da geht es um eine effektive Mindestbesteuerung, die wir weltweit gemeinsam einrichten möchten. Es ist gut, dass wir entsprechende Signale aus den USA bekommen haben.
Das Steueroasen-Abwehrgesetz bereichert das Ganze. Es geht um nichtkooperative Staaten und Steuergebiete; das wird im Gesetz einzeln definiert. Wir verweisen nicht nur auf eine Blacklist, die irgendwo in Europa entsteht, die auch ihre Berechtigung hat, sondern wir dokumentieren und definieren es als Gesetzgeber selber. Das ist eine Weiterentwicklung zum Referentenentwurf, die richtig ist.
Und wir sagen, mit welchen Maßnahmen wir es bekämpfen wollen. Es sind vier Abwehrmaßnahmen im Gesetz genannt. Die Vereinbarung im Ecofin-Rat sah so aus, dass jedes Land nur eine Maßnahme umsetzen soll; wir tun also mehr, als es eigentlich sein müsste. Aber man kann darauf hinweisen, dass diese vier Abwehrmaßnahmen nie gleichzeitig eintreten werden, sondern das ist ein Kaskadensystem, das sozusagen aufeinander aufbaut, sodass immer nur eine Maßnahme auf eine Geschäftsbeziehung angewandt werden kann. Da geht es um das Verbot von Betriebsausgabenabzug, um verschärfte Quellenbesteuerung, Hinzurechnungsbesteuerung usw.
Ich will abschließend nur noch auf einen Punkt hinweisen, der uns in der Diskussion sehr bewegt hat, und auch da sind wir in einem Abwägungsprozess. Wir wollen die Staaten treffen, treffen aber als Erstes die Unternehmen, die in Geschäftsbeziehungen mit den Staaten treten. Nicht jedes Unternehmen kann sich den Staat aussuchen, mit dem es in Geschäftsbeziehungen tritt. Nehmen Sie ein touristisches Unternehmen: Es gibt nur gewisse touristische Destinationen. Ich will jetzt keine Staaten nennen. Von daher ist es da sehr schwierig, auszuweichen, weil man gar nicht die Möglichkeit dazu hat.
Bitte kommen Sie zum Schluss.
Von daher gibt es dort eine Abwägung. Diese treffen wir derzeit so, dass wir dem Gesetz natürlich zustimmen; aber, ich finde, wir müssen ehrlicherweise auch sagen: Wir wollen Staaten treffen, treffen aber teilweise auch Unternehmen, die es unverschuldet trifft.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Güntzler. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Katja Hessel, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7519662 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 227 |
Tagesordnungspunkt | Abwehr der Steuervermeidung |