Thorsten FreiCDU/CSU - COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Oehme, wenn man Ihrem wirren Vortrag zugehört hat, ist man wirklich versucht, verfassungsrechtliche Nachhilfe zu geben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bringt aber nichts!)
Es ist unglaublich, was Sie hier vorgetragen haben. Denn es ist doch keineswegs so, dass die Grundrechte, die wir in unserem Grundgesetz stehen haben, alle gleichzeitig unbeschränkt gelten können.
Darüber hinaus steht bei den Grundrechten dabei, dass sie durch Gesetz eingeschränkt werden können.
(Karsten Hilse [AfD]: Aufgrund eines Gesetzes!)
Und ein Letztes: Sprechen Sie, wenn Sie darüber sprechen, bitte nicht nur über die Grundrechte, die in Form von Schutzmaßnahmen eingeschränkt werden müssen. Sprechen Sie auch darüber, warum wir dieses Grundrecht einschränken: Wir schränken es ein, um ein anderes zur Geltung zu bringen, nämlich das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Darum geht es.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie können die gesundheitlichen Folgen dieser Pandemie nicht einfach ausblenden, weil es schöner wäre ohne Schutzmaßnahmen. Ja, es wäre schöner ohne Schutzmaßnahmen; aber das Leben ist nicht so, wie man es sich wünscht. Wir haben hier Herausforderungen in Verantwortung gegenüber der Bevölkerung anzunehmen, und das tun wir. Das sollten Sie nicht diskreditieren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Herr Kollege Frei, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Frau von Storch?
Ja.
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)
– Tja, das gehört zum Parlamentarismus dazu.
(Beifall bei der AfD – Gabriele Katzmarek [SPD]: Nee! Und hilft nicht!)
Und zur Nachhilfe auch.
Vielen herzlichen Dank, dass Sie die Zwischenfrage genehmigen. – Welchen Effekt hat es im Hinblick auf den Schutz der Grundrechte anderer Menschen, wenn ich um 22 Uhr alleine auf die Straße gehe? Können Sie begründen, warum ich nicht mehr auf die Straße gehen darf und alle anderen auch nicht?
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau von Storch, wenn Sie das möchten, dann führe ich das gerne noch mal aus; aber ich war selbst an so vielen Debatten hier im Haus beteiligt, in denen das von unterschiedlichen Kollegen getan wurde. Dabei ist immer darauf hingewiesen worden: Es geht bei einem diffusen Infektionsgeschehen nicht um eine einzelne Maßnahme.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Es geht nicht nur um eine Ausgangsbeschränkung,
(Beatrix von Storch [AfD]: Eine einzige Begründung! – Zuruf des Abg. Armin-Paulus Hampel [AfD])
sondern es geht um die Summe der Maßnahmen, die wir zum Schutz der Bevölkerung getroffen haben. Und diese Summe hilft, ein diffuses Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen.
(Beatrix von Storch [AfD]: Sie wissen, dass das unwahr ist!)
Daran ändert sich auch nichts, Frau von Storch, wenn Herr Oehme das bestreitet.
Fakt ist: Vor zwei Wochen haben wir hier das Vierte Bevölkerungsschutzgesetz mit der Bundesnotbremse beschlossen. Wir haben heute eine Sieben-Tage-Inzidenz von 129; vor zehn Tagen lag sie noch bei 169.
(Zuruf des Abg. Karsten Hilse [AfD])
Man kann natürlich alles abstreiten. Aber das sind die positiven Folgen dieses Gesetzes, und das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Heute ist in der Tat ein Tag der Hoffnung und der Freude,
(Karsten Hilse [AfD]: Nee!)
weil wir gut 460 Tage, nachdem das erste Mal von einem Covid-19-Ausbruch in Deutschland berichtet worden ist, Licht am Ende des Tunnels sehen.
Vor zwei Wochen – ich habe vorhin das Vierte Bevölkerungsschutzgesetz angesprochen – ist doch hier im Hause auch von unterschiedlichen Seiten beklagt worden, dass es keinen Impfturbo gäbe. Heute sehen wir doch auch: 30,6 Prozent der Bevölkerung haben bis heute eine Erstimpfung erhalten. Gestern war ein weiterer Tag mit über 1 Million Impfungen. Wenn das kein Impfturbo ist, dann weiß ich auch nicht, was Sie darunter verstehen. Das verschafft uns das Licht am Ende des Tunnels. Deswegen werden wir jetzt alles Notwendige tun, um diesen Impferfolg nicht zu gefährden, sondern dafür zu sorgen, dass wir auch die letzten Meter dieser Pandemie noch gut bewältigen können.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karsten Hilse [AfD])
Herr Kollege Frei, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Die Linke?
Ja.
Bitte.
Vielen Dank, Herr Kollege Frei. – Sie haben eben von einem „Tag der Hoffnung“ gesprochen. Ich habe eine sachliche Frage zu § 6 der Ausnahmenverordnung. Dort geht es um Regelungen für den Sport, um Ausnahmen von der Beschränkung der Ausübung von Sport. Die Formulierung, die dort gefunden wurde, ist allerdings aus meiner Sicht unklar. Deshalb würde ich Sie gerne fragen: Dürfen nach dieser Verordnung, wenn sie denn beschlossen wird, vollständig Geimpfte und Genesene wenigstens im Freien wieder uneingeschränkt Sport treiben? Dann sollte man das zumindest sagen. Sollte es nicht so sein, dann wäre ich Ihnen für eine Begründung dankbar. Der Verordnungstext ist in dieser Frage nicht eindeutig. Viele warten auf ein entsprechendes Signal. Das wäre dann auch ein Zeichen der Hoffnung.
Zunächst einmal, Herr Kollege Hahn, ist es so, dass die Bundesregierung mit dieser Verordnung – wir stimmen ihr heute zu – den ersten Schritt auf dem Weg geht, den Geimpften und Genesenen Ausnahmen von Schutzmaßnahmen und damit Erleichterungen zu gewähren. Da geht es um die Quarantäne, da geht es um die Ausgangsbeschränkungen, die Kontaktbeschränkungen, da geht es darum, dass man die Getesteten den Geimpften gleichstellt oder umgekehrt, und es geht in § 6, den Sie angesprochen haben, um den Bereich des Sports.
Im Grunde genommen ist es so, dass wir im Hinblick auf die Regelungen, die wir in § 28b des Infektionsschutzgesetzes zum Sport – nicht zum Individualsport im Freien – getroffen haben, deutlich machen, dass dieser Sport möglich ist, wenn es sich um Geimpfte oder Genesene handelt. Damit ist diese Regelung aus meiner Sicht sehr klar. Das ist der erste Schritt auf dem Weg der Hoffnung, und es werden weitere Schritte folgen, Herr Hahn.
Das muss man, liebe Kolleginnen und Kollegen, an der Stelle auch ganz deutlich sagen: Ja, es ist der erste Schritt. – Wir haben diesen Spagat zu machen, einerseits diese Pandemie zu bewältigen und andererseits – Frau Justizministerin hat es in ihrer Rede sehr deutlich gesagt – dafür zu sorgen, dass diejenigen, bei denen es keine Rechtfertigung für die Einschränkung von Grundrechten gibt, ihre Grundrechte wahrnehmen können.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Jetzt ist es, wenn man sich mal anschaut, welche Grundrechte denn eingeschränkt werden, so: Nicht in allen Fällen werden die Beschränkungen mit dieser Verordnung aufgehoben. Das ist klar. Es gibt leichte Beschränkungen wie das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung, die Abstandsregeln, die Hygiene- und Schutzkonzepte. Diese werden wir auch den Geimpften zukünftig zumuten müssen, zum Schutz derer, die nicht geimpft werden können oder auch nicht geimpft werden wollen, damit wir insgesamt die Pandemie gut bewältigen können. Es gibt auch andere Einschränkungen, beispielsweise im Bereich der Berufsfreiheit, die wir mit dieser Verordnung nicht aufheben.
(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Schade eigentlich!)
Deswegen wird es weitere Schritte auf diesem Weg geben müssen, und es wird sie auch geben.
Ein wichtiges Mitglied dieses Hauses hat heute Morgen in einer Zeitung die Frage gestellt: Warum hat man das denn nicht vor zwei Wochen im Infektionsschutzgesetz geregelt?
(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Gute Frage!)
Warum haben wir im § 28c des Infektionsschutzgesetzes eine Verordnungsermächtigung geschaffen? Diese Frage kann man klar beantworten: weil wir Flexibilität brauchen, weil wir Antworten brauchen, falls es schwierige Virusmutationen gibt, die unter Umständen von Impfstoffen nicht umfasst sind, und weil der weitere Impffortschritt auch dafür sorgen wird, dass wir tatsächlich in weiteren Bereichen Erleichterungen schaffen und Ausnahmen machen können. Deswegen werden wir uns schon sehr bald wieder mit dieser Frage zu beschäftigen haben.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Frei. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Christine Aschenberg-Dugnus, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7519678 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 227 |
Tagesordnungspunkt | COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung |