06.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 227 / Tagesordnungspunkt 12

Uwe WittAfD - Digitale Modernisierung von Versorgung und Pflege

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Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Man könnte behaupten – ach, der Herr Spahn ist gar nicht da –, das Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz sei ein so missglücktes Vorhaben wie sein Titel selbst. Das ist natürlich nicht weiter überraschend; denn an die Realität und die tatsächlichen Umsetzbarkeiten werden gerade hier viel zu wenig Gedanken verschwendet, wie wir alle wissen. Dennoch: Die Kernziele dieses Gesetzes sind dann auf den ersten Blick durchaus unterstützenswert: digitale Helfer für die Pflege, mehr Telemedizin und eine moderne Vernetzung des Gesundheitswesens. Die Formulierungen können beim Lesen den Gedanken erwecken, die Digitalisierung in Deutschland schreite mit riesigen Schritten voran. Doch dem ist leider, wie wir alle wissen, nicht so. Dieses Modernisierungsvorhaben wird noch im Keim von der miserablen Infrastruktur in Deutschland erstickt werden.

Im internationalen Vergleich steht Deutschland hier schon seit Jahren als Verlierer da. Wir glauben nicht, dass mit digitalen Pflege-Apps der Pflegealltag wirklich besser zu bewältigen ist. Langfristig dürften viele Apps wenig bis gar nicht genutzt werden. Wer Gedächtnisspiele verordnet bekommt, wird möglicherweise schnell vergessen, dass er eine solche App auf dem Handy hat. Und ob die Pflegerinnen und Pfleger die Zeit finden, ihre Patienten regelmäßig daran zu erinnern, steht auch auf einem anderen Blatt. Oftmals haben sie kaum noch Zeit für die wichtigsten Aufgaben. Den seit Jahrzehnten bestehenden hausgemachten Pflegenotstand zu beseitigen, hätte hingegen einen deutlichen und nachhaltigen Effekt zur Verbesserung des Pflegealltags tatsächlich gebracht. Der zwischenmenschliche Umgang mit den Patienten dürfte mehr wert sein als die besten Apps und kommt heute schon viel zu kurz.

(Beifall bei der AfD – Heike Baehrens [SPD]: Und Sie haben keinen einzigen Vorschlag gemacht!)

Eine weitere Frage ist, wer überhaupt die Schreibrechte für diese Apps bekommen soll. In der Pflege wird der Qualifikationsmix durch die generalistische Ausbildung nicht abnehmen. So werden die Schreibrechte für das Pflegepersonal wahrscheinlich genauso unterschiedlich sein. Eine bürokratische Katastrophe, die in letzter Konsequenz wieder zurück zur analogen Pflege führen wird. Eine Entbürokratisierung gerade in der Pflege wäre daher wünschenswert, bevor man von großspurigen digitalen Revolutionen zu schwadronieren beginnt.

Ebenso verhält es sich mit der Nutzung der elektronischen Patientenakte. Sie ist kompliziert und durch die Speicherung der Daten an unterschiedlichen Stellen fehleranfällig. Dazu kommt, dass lebenswichtige Informationen gegebenenfalls nicht eingespeichert werden können.

Letztlich komme ich noch zur gematik GmbH. Diese gehört zwar mehrheitlich dem Bund, ist aber gleichzeitig zu 100 Prozent beitragsfinanziert. Das halten wir für genauso wenig hinnehmbar wie die Tatsache, dass sie in Doppelfunktion als Dienstleister und als Genehmigungsbehörde zugleich aktiv sein soll.

Wie Digitalisierung richtig und im Sinne der Bürger funktioniert, haben wir in unserem Antrag gegen das Aufweichen der Datenschutzvorgaben bei der Corona-Warn-App für Sie alle hier herausgearbeitet. Derzeit wird von verschiedenen Seiten gefordert, dass man den Datenschutz für die Pandemiebekämpfung zurückstellen sollte.

(Zuruf des Abg. Tino Sorge [CDU/CSU])

Wir sehen eine erneute Gefahr des Eingriffs in die Privatsphäre unter dem Schirm der Coronapandemie. Dass persönliche Daten automatisch an die Gesundheitsämter weitergegeben werden sollen oder das Herunterladen der Corona-Warn-App verpflichtend zu machen, lehnen wir aus datenschutzrechtlichen und freiheitlichen Gründen entschieden ab.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD – Tino Sorge [CDU/CSU]: Sie lehnen was ab, was gar keiner fordert! Kommen Sie mal in den Gesundheitsausschuss, Herr Witt! Da könnten Sie was lernen! Aber Sie sind ja nie da! Das ist ja Ihr Problem!)

– Ach Mensch. Da bin ich öfter, als Sie denken, per WhatsApp. Mal gucken!

(Gabriele Katzmarek [SPD]: Da könnten Sie was lernen, wenn Sie mal in den Ausschuss gehen würden! Würde nicht schaden! Mann, Mann, Mann! – Weiterer Zuruf von der SPD)

So, Rede beendet. – Der nächste Redner: der Abgeordnete Dirk Heidenblut, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7519731
Wahlperiode 19
Sitzung 227
Tagesordnungspunkt Digitale Modernisierung von Versorgung und Pflege
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