Björn Manuel SimonCDU/CSU - Umsetzung der Einwegkunststoffrichtlinie
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte das jetzt nicht kommentieren, was der Kollege von der AfD teilweise gesagt hat. Normalerweise sind wir qualitativ bessere Reden von Ihnen gewohnt. Aber das war doch sehr eindeutig.
Verpackungen sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. In vielen Fällen, zumindest im Einwegverpackungsbereich, sind Verpackungen oft überflüssig und umweltfeindlich. Bei Getränken sind Verpackungen allerdings unverzichtbare Voraussetzungen. Ein Blick auf unser deutsches Pfandsystem zeigt an dieser Stelle ein tolles Erfolgsmodell. Wir erzielen Rückgabequoten von bis zu 99 Prozent. Es ist ein funktionierendes und vor allem vom Verbraucher akzeptiertes Rücknahmesystem, das uns zeigt, wie Kreislaufwirtschaft erfolgreich funktionieren kann. Eine Vielzahl von Vorgaben der Europäischen Kommission erfüllen wir – teilweise übererfüllen wir – bereits heute.
Mit der vorliegenden Novelle des Verpackungsgesetzes setzen wir diesen erfolgreichen Weg heute fort. Fruchtsäfte, Fruchtsaftschorlen und alkoholische Mischgetränke in Einwegkunststoffgetränkeflaschen oder auch Dosen fallen ab 2022 unter die Pfandpflicht. Während der parlamentarischen Beratungen in den vergangenen Wochen ist mir unter anderem aufgefallen, dass wir gerade im mittelständischen Bereich und bei regionalen Unternehmen Schwierigkeiten bei diesem ambitionierten Zeitplan bekommen werden.
Ein Beispiel aus meiner Heimat sind die Produzenten von Äppelwoi, Hochdeutsch: Apfelwein. Sie dürften in Einweggetränkeflaschen und Dosen abgefüllte Getränke schon ab Januar nicht mehr verkaufen. Aber auch bereits eingekaufte oder gelagerte Getränkeverpackungen dürften nicht mehr zum Zwecke des Verkaufs befüllt werden und müssten ohne Einsatz vernichtet werden. Das kann nicht im Sinne unserer Politik und nicht im Sinne von Ökologie sein. Daher haben wir in unserem gemeinsamen Änderungsantrag eine Übergangsfrist bis Juli 2022 verankert, um gerade unseren regionalen Getränkeproduzenten entgegenzukommen. 2024 folgen dann auch Behältnisse für Milch und Milcherzeugnisse in die Pfandpflicht.
Diese Übergangsfrist spielt vor allem vor dem Hintergrund von Hygienefragen eine bedeutende Rolle. Wir brauchen an dieser Stelle ein sauberes, ein durchdachtes System, das von den Verbraucherinnen und Verbrauchern akzeptiert und auch angenommen wird. Der klare Hinweis aber an dieser Stelle an die gesamte Branche und auch an den Handel: Wenn Sie es früher können als 2024, dann setzen Sie es bitte um und warten nicht, bis das Gesetz in Kraft tritt.
Ein weiterer wegweisender Schritt zur Stärkung unseres funktionierenden Rezyklatmarktes in Deutschland und Europa ist die erstmalige Festschreibung von Mindestrezyklatanteilen. Die Mindestquoten setzen wir übrigens eins zu eins aus der europäischen Vorgabe um. Wir, die CDU/CSU-Fraktion, sind nach wie vor überzeugt, dass eine Festschreibung von Mindestquoten nur auf europäischer Ebene sinnvoll ist.
(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU])
Durch unseren gut funktionierenden Rezyklatkreislauf, den es zweifelsohne in Deutschland gibt, erreichen wir die europäischen Vorgaben bei Mindestquoten von 25 Prozent ab dem Jahr 2025 und 30 Prozent ab dem Jahr 2030 bereits heute. Rund 94 Prozent aller PET-Getränkeflaschen in Deutschland werden recycelt. Die Verwertungsquote liegt hier bei fast 100 Prozent. Der geschlossene Wertstoffkreislauf im PET-Bereich macht uns in eindrucksvoller Weise vor, wie Kunststoffprodukte umweltschonend und verantwortungsbewusst eingesetzt werden können.
Dieser geschlossene Kreislauf funktioniert aber auch deshalb so gut, da es sich hier um einen sehr reinen Rezyklatkreislauf im PET-Bereich handelt. Dabei teilen wir aber auch die Sorge der Recycler, dass es durch die Ausweitung der Pfandpflicht zu einer möglichen Verunreinigung des Kreislaufes kommen könnte. Daher fordern wir als Koalitionsfraktionen die Bundesregierung ganz bewusst auf, dies genau zu beobachten und sich im Rahmen der anstehenden Überarbeitung der europäischen Verpackungsrichtlinie dafür einzusetzen, Additive und Barrierebeschichtung in Kunststoffverpackungen, wie wir sie aktuell noch haben, die das Recycling erheblich beeinträchtigen können, europaweit zu verbieten.
Vor dem Recycling kommt natürlich die Abfallvermeidung. Durch die Coronapandemie und ihre Folgen können Restaurants, Bistros, Cafés ihre Speisen und Getränke in den meisten Fällen leider nur to go anbieten, eine Maßnahme, die aus der Not geboren ist und ohne die die Gastronomie in Deutschland nicht hätte überleben können. Oft werden die Produkte in Einwegverpackungen angeboten, die direkt nach dem Verzehr verunreinigt im Müll landen und nur schlecht oder gar nicht recycelbar sind.
Mit einer verpflichtenden Mehrwegalternative geben wir den Kunden zukünftig eine bewusste Auswahlmöglichkeit. Mehrwegverpackungen werden als gängige Alternative etabliert, und Einwegverpackungen sollen eingespart werden. Für die Union gilt: Lieber recyceln als entsorgen und lieber vermeiden als recyceln.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit der vorliegenden Novelle des Verpackungsgesetzes schreiben wir den Erfolgskurs der Kreislaufwirtschaft in Deutschland fort. Ich danke allen, die an der vorliegenden Novelle mitgearbeitet haben: unserer umweltpolitischen Sprecherin Marie-Luise Dött mit ihrem kompletten Büro und meinem Kollegen aus der SPD-Fraktion, lieber Michael Thews, für die intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Umweltministerium sage ich herzlichen Dank.
Lieber Kollege Pronold, nach Ihrer letzten Rede als Parlamentarischer Staatssekretär an diesem Pult treten Sie bei der kommenden Bundestagswahl nicht mehr an. Ich kann zwar nur über die auslaufende Wahlperiode berichten, aber mein Eindruck wurde von meinen erfahrenen Kollegen bestätigt: Die Zusammenarbeit mit Ihnen war stets und ist bis heute vertrauensvoll und transparent. An vielen Punkten von Gesetzgebungsverfahren haben Sie mit Ihrer fachlichen Expertise für den notwendigen Kompromiss und für ein partnerschaftliches Arbeitsklima gesorgt. Im Namen der Unionsfraktion möchte ich Ihnen dafür danken, Sie um Fortführung dieses guten Verhältnisses bis zur Bundestagswahl bitten und Ihnen bereits heute für die Zeit nach der Bundespolitik alles Gute wünschen. Wir bitten natürlich für unseren Antrag um Zustimmung.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank, Kollege Simon. – Das Wort geht an die FDP-Fraktion mit Judith Skudelny.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7519769 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 227 |
Tagesordnungspunkt | Umsetzung der Einwegkunststoffrichtlinie |