06.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 227 / Tagesordnungspunkt 37

Lars CastellucciSPD - Staatsleistungen an Religionsgesellschaften

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegen zwei Gesetzentwürfe zum Thema Staatsleistungen vor, der erste von der AfD-Fraktion; wir haben das eben mitanhören müssen.

(Ulli Nissen [SPD]: Ertragen müssen! – Andreas Bleck [AfD]: Sie hätten ja rausgehen können!)

Wir haben wieder mal festgestellt – das ist auch nicht sehr verwunderlich –, dass eine Partei, die immer wieder Fragezeichen hervorruft, was ihre Verfassungstreue anlangt, uns hier verfassungswidrige Gesetze vorlegt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Andreas Bleck [AfD]: Die verfassungswidrigen Gesetze kommen von Ihnen!)

Insofern kann das hier einfach zu den Akten genommen werden. Und wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, kann man sich Ihre Rede noch mal zu Gemüte führen, Herr Münz. Wenn man für die Trennung von Staat und Kirche ist, dann ist es nicht ziemlich, sich an dieses Pult zu stellen und den Kirchen zu sagen, wofür sie ihre Gelder auszugeben haben. Das hat mit Religionsfreiheit nämlich überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der SPD)

Es ist so: Sie sind nicht auf dem Boden unserer Verfassung unterwegs. Das wird irgendwann einmal von unseren Behörden auch so klar festgestellt werden.

(Beifall bei der SPD – Martin Hohmann [AfD]: Das ist das einzige Argument, das Sie noch haben! – Andreas Bleck [AfD]: 15 Prozent – die SPD ist dabei!)

Der andere Gesetzentwurf hat hingegen eine Würdigung verdient; keine Frage. Ich will trotzdem begründen, warum wir ihn ablehnen werden. Das hat mit der sehr qualifizierten Anhörung im Innenausschuss zu tun. Ich will drei Punkte herausgreifen, die mir da deutlich geworden sind:

Der erste Punkt ist, dass wir hinsichtlich des Begriffs der Staatsleistungen eine gemeinsame, präzise Vorstellung brauchen, bevor wir über die Ablösung dieser Staatsleistungen sprechen können.

Der zweite Punkt, der wichtig ist, betrifft die Höhe der Ablösung. Ich will aus meinem Herzen keine Mördergrube machen: Ich bin für ein Äquivalenzprinzip; sonst hätte ich das in Richtung der AfD nicht so sagen können. Es geht also darum, dass die Leistungen nicht einfach auslaufen, sondern man die Kirchen in die Lage versetzt, mit den Erträgen aus den Geldern ihre Arbeit langfristig zu erfüllen.

(Uwe Witt [AfD]: 5 Milliarden!)

Das ist die Aufgabe, vor der wir stehen. Allerdings haben uns die Sachverständigen klar gesagt, dass es im Kern um Angemessenheit und nicht notwendigerweise um Äquivalenz geht. Wenn wir hier ein verfassungsrechtlich vernünftiges Gesetz vorlegen wollen, werden wir auch über diese Frage zu sprechen haben.

Der dritte Punkt ist mir der allerwichtigste; auch das ist von den Sachverständigen klar gesagt worden. Die Rechnung haben am Ende die Länder zu zahlen. Deswegen sind wir sehr gut beraten – und dazu sind wir von den Sachverständigen auch aufgefordert worden –, diese Fragen zu behandeln, weil es uns unsere Verfassung aufträgt, aber eben nur im Rahmen eines Grundsätzegesetzes, das die Länder ermächtigt, tätig zu werden, und ihnen den Korridor aufzeigt, in dem sie tätig werden können. Das müssen wir gut vorbereiten, mit wissenschaftlichem Verstand und mit denjenigen, die betroffen sind, mit den Kirchen und den Bundesländern, die das am Ende aus ihren Haushalten zu zahlen haben. Diesen nächsten Schritt werden wir erst in der nächsten Wahlperiode gehen können.

(Zuruf von der AfD: Oder in der übernächsten!)

Lassen Sie mich zum Schluss sagen, dass ich das Religionsverfassungsrecht, also den Rahmen, den wir uns für das Verhältnis von Kirche und Staat gegeben haben, für einen sehr guten Rahmen halte. Er ist nicht vom Himmel gefallen. Es gab Zeiten, in denen die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion notwendig war, beispielsweise um bestimmte Staatsämter zu bekleiden.

(Andreas Bleck [AfD]: Das gilt für Parteibücher ja auch!)

Davon haben wir uns, Gott sei Dank, verabschiedet. Wir haben uns danach aber nicht für ein laizistisches Prinzip entschieden und die Religion einfach ins Private abgleiten lassen, sondern ein Modell einer freundlichen Trennung von Staat und Kirche erfunden. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir auch die Fragen, die wir heute debattieren, zusammen mit den Kirchen zu einer guten Lösung bringen können. Das ist unser Wille, und das sage ich Ihnen für die nächste Wahlperiode auch zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Katharina Landgraf [CDU/CSU])

Vielen Dank, Dr. Lars Castellucci. – Nächster Redner: für die FDP-Fraktion Benjamin Strasser.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7519780
Wahlperiode 19
Sitzung 227
Tagesordnungspunkt Staatsleistungen an Religionsgesellschaften
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta