06.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 227 / Tagesordnungspunkt 37

Benjamin StrasserFDP - Staatsleistungen an Religionsgesellschaften

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Hochverehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gibt es für die Lösung von unangenehmen Fragen überhaupt einen richtigen Zeitpunkt? Vermutlich nicht. Trotzdem muss man sie lösen. Eine solch unangenehme Frage ist die Ablösung der Staatsleistungen der Kirchen. Seit über 100 Jahren ist sie ein Verfassungsauftrag, der schlicht und einfach vom Gesetzgeber ignoriert wird. Über eine halbe Milliarde Euro pro Jahr zahlen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler an die Kirchen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute besteht die historische Chance, diesen Verfassungsauftrag mit Leben zu erfüllen und mit dem Einstieg vom Ausstieg dieser Staatsleistungen zu beginnen. Nutzen wir diese Chance, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ungelöst ist diese unangenehme Frage auch, weil sich die Beteiligten mit dem bestehenden System irgendwie zurechtgefunden haben, trotz des krassen Interessenkonflikts: auf der einen Seite die Länder, die natürlich möglichst wenig Ablösung an die Kirchen zahlen wollen, auf der anderen Seite die Kirchen, die eine möglichst hohe Ablösesumme erzielen wollen. Deshalb, Herr Kollege Amthor, haben die Mütter und Väter der Weimarer Verfassung bewusst entschieden, dass die Grundsätze nicht die Länder festsetzen sollen, sondern der Bund als ehrlicher Makler. Und deswegen kann man nicht sagen: Wir warten mit der Verabschiedung eines Grundsätzegesetzes, bis sich die Kirchen und die Länder darüber einig geworden sind, was in einem solchen Grundsätzegesetz stehen soll. – Es ist unsere Aufgabe als Deutscher Bundestag, diesem Auftrag nachzukommen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

FDP, Linke und Grüne nehmen diese Aufgabe ernst. Wir haben einen fairen Kompromiss vorgelegt. Er ist fair, weil er auf der einen Seite den Kirchen eine angemessene Entschädigung über das Äquivalenzprinzip zusichert und auf der anderen Seite den Ländern sowohl flexible Ablösemodalitäten ermöglicht als auch einen finanziellen Deckel mit dem Faktor 18,6 aus dem Bewertungsgesetz einzieht. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass von allen Seiten Zuspruch kommt. Die Entrüstung bei Ländern und Kirchen ist ausgeblieben. Die Sachverständigen haben in ihrer ganz großen Mehrheit unserem Gesetzentwurf zugestimmt. Und selbst die Große Koalition nutzt jede Chance, unseren Gesetzentwurf zu loben, und wird ihn deswegen konsequenterweise heute ablehnen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen aus den Regierungsfraktionen, Sie haben weder einen Änderungsantrag zu unserem Gesetzentwurf vorgelegt noch einen eigenen Vorschlag in die Debatte eingebracht. Das können Sie tun. Aber eines ist klar: Die Zeit der Ausreden und des Aussitzens ist vorbei! Wenn Sie heute Nein sagen, sehen wir uns im Herbst bei den Koalitionsverhandlungen wieder, und dann lösen wir diese unangenehme Frage.

(Lachen bei der AfD – Andreas Bleck [AfD]: Warum haben Sie es nicht schon 2009 bis 2013 gemacht? Da waren Sie schon in der Regierung! – Zurufe von der CDU/CSU)

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Benjamin Strasser. – Nächste Rednerin: für die Fraktion Die Linke Christine Buchholz.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7519781
Wahlperiode 19
Sitzung 227
Tagesordnungspunkt Staatsleistungen an Religionsgesellschaften
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