06.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 227 / Tagesordnungspunkt 37

Volker UllrichCDU/CSU - Staatsleistungen an Religionsgesellschaften

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Artikel 140 des Grundgesetzes sieht in der Tat einen Verfassungsauftrag vor, die Staatsleistungen abzulösen. Es geht nicht um das Ob, sondern nur um das Wie und das Wann.

Der Hintergrund ist die Beendigung staatlicher Herrschaft im Jahr 1803 durch die Kirchen und nicht die Frage der Kompensation für Religion. Und es ist auch grundsätzlich, wenn man sich die Einnahmesituation der Kirchen ansieht, leistbar, weil in der Tat die Staatsleistungen nur einen untergeordneten Teil der Finanzierung einnehmen. Dennoch ist die Sachlage komplex, und das müssen wir berücksichtigen.

Die Weimarer Reichsverfassung hat eine auf den ersten Blick eigentümliche Konstruktion gewählt. Das Reich oder jetzt der Bund stellt die Grundsätze auf, und die Länder lösen durch eigene Gesetzgebung ab. Der Hintergrund ist, dass das Reich oder der Bund verhindern wollte, dass die Länder unter Wert und damit unter dem Verfassungsauftrag, die Ablösung sicherzustellen, die Kirchen entschädigen.

In den zwölf Jahren der Weimarer Republik war naturgemäß eine Ablösung nicht möglich. Und die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben sich bei der Frage nach dem Religionsverfassungsrecht zunächst einmal ziemlich schwergetan und deswegen als Kompromiss schlichtweg die Artikel der Weimarer Reichsverfassung übernommen. Das ist der Grund, warum über viele Jahrzehnte wenig passiert ist. Man hat sich damit arrangiert. Aber in der Tat: Der verfassungsmäßige Auftrag bleibt, und wir nehmen ihn ernst und werden ihn demnächst erfüllen.

Der Punkt ist aber, dass der vorliegende Gesetzentwurf an zwei oder drei Stellen eine Nachschärfung braucht. Es geht um die Frage: Was sind Staatsleistungen? Die positiven oder auch die negativen wie Vergünstigungen und die Leistungen der Gemeinden? Es geht um die Frage der Bewertung: Sind Staatsleistungen tatsächlich nach dem Bewertungsgesetz zu bewerten wie ein Kapitalwert eines Wirtschaftsgutes? Und die Frage ist in der Tat: Wie und in welchem Umfang müssen wir tatsächlich die Länder einbeziehen? Wir haben ein Verfassungssystem der Kooperation zwischen Bund und Ländern. Deswegen sollte der Bund kein Gesetz machen, das die Länder alleine ausführen und bezahlen müssen, ohne dass wir uns mit den Ländern ins Benehmen gesetzt haben. Das wäre kein bundesfreundliches Verhalten.

(Beifall des Abg. Marc Henrichmann [CDU/CSU])

Mir ist wichtig, einen letzten Punkt zu betonen: Was bleibt, wenn wir abgelöst haben? Das sind die Grundsätze im Staatskirchenrecht, der Umstand, dass die Kirchen Körperschaft des öffentlichen Rechts sind, dass die Sonntagsruhe gilt und dass die Seelsorge garantiert ist – ein wichtiges Moment für Zusammenhalt in der Gesellschaft, und das wird bleiben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7519786
Wahlperiode 19
Sitzung 227
Tagesordnungspunkt Staatsleistungen an Religionsgesellschaften
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