Maria Flachsbarth - Internationale Impfstrategie
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Inzwischen wissen wir alle: Die Covid-19-Pandemie besiegen wir weltweit oder eben gar nicht. Deutschland übernimmt mit seinem Coronasofortprogramm schon seit April 2020 international eine führende Rolle bei der Bekämpfung der Krise, auch in Bezug auf ihre sozialen und wirtschaftlichen Folgen. So unterstützt die Bundesregierung mit dem unter dem Dach der WHO eingerichteten Access to COVID-19 Tools Accelerator – kurz ACT-A – die Bereitstellung von Impfstoffen, von Diagnostika und Therapeutika sowie die Stärkung von Gesundheitssystemen.
2020 und 2021 sind wir mit einem Beitrag von knapp 2,1 Milliarden Euro zweitgrößter ACT-A-Geber; davon 1 Milliarde Euro für Impfstoffe für Entwicklungsländer über die weltweite Impfkampagne Covax.
Bislang wurden fast 50 Millionen Impfdosen an 121 Länder ausgeliefert. Bis Ende 2021 sollen es 2 Milliarden Impfdosen sein; da ist noch viel Luft nach oben.
Wir brauchen weitere Maßnahmen. Am Aufbau von Produktionskapazitäten arbeitet neben GAVI, der WHO und der WTO auch das BMZ. Wir prüfen ganz konkret Möglichkeiten zur Impfstoffproduktion in Ghana, im Senegal und in Südafrika. Wir ermöglichen zudem effektive Teststrategien und die Ausstattung von Gesundheitspersonal mit Schutzausrüstung.
Über unsere Partner, vor allen Dingen den Global Fund, konnten wir 2020 über 60 Millionen kostengünstige Tests in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen bereitstellen; bis 2021 sollen es insgesamt 900 Millionen Tests werden – ein essenzieller Schritt, um beispielsweise auch andere Gesundheitsprogramme wie gegen HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria aufrechtzuerhalten.
Wir engagieren uns aber nicht nur bei der Bekämpfung der aktuellen Pandemie, sondern wir arbeiten auch daran, dass in Zukunft solche Pandemien erst gar nicht entstehen. Die wachsende Weltbevölkerung, zunehmende globale Mobilität, industrielle Nutztierhaltung, das Vordringen des Menschen in bisher unberührte Lebensräume, der Biodiversitätsverlust und der Klimawandel begünstigen die Übertragung und Ausbreitung von Infektionskrankheiten und antimikrobiellen Resistenzen. Um das Risiko der Entstehung von Zoonosen zu reduzieren, schützen wir natürliche Lebensräume. Wir setzen uns für die Bekämpfung des illegalen Wildtierhandels und eine deutliche Reduzierung und Regulierung von legalem Wildtierhandel ein.
Um Human- und Veterinärgesundheitssysteme gemeinsam zu stärken und Frühwarnsysteme im Sinne der Epidemie- und Pandemieprävention zu schaffen, setzen wir auf den „One Health“-Ansatz, das heißt eine interdisziplinäre Kooperation zwischen Human- und Veterinärmedizin sowie den Umweltwissenschaften.
Wir behalten unsere langfristigen Ziele in der globalen Gesundheit im Blick. In vielen Ländern richten die indirekten Effekte der Pandemie massive Schäden an. Kinder verpassen ihre Routineimpfungen. Der Zugang zu essenziellen Dienstleistungen der Familienplanung und Mutter-Kind-Gesundheit ist eingeschränkt. Gewalt gegen Mädchen und Frauen eskaliert. Deshalb unterstützen wir bilateral und multilateral über den Global Fund, über das UN-Bevölkerungsprogramm.
Die Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie wichtig es ist, Gesundheit global und ganzheitlich zu denken,
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hört! Hört!)
und die Bundesregierung nimmt hierbei weltweit eine Führungsrolle ein.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Achim Kessler [DIE LINKE]: Was ist das für eine Traumwelt!)
Erlauben Sie mir, meine sehr geehrten Damen und Herren, meine wohl letzte Rede an diesem Pult mit ein paar persönlichen Worten zu beenden. Ich habe es stets als großes Privileg empfunden, Mitglied dieses Hohen Hauses zu sein, weil es einen Unterschied macht, was wir hier tun oder nicht tun, für die konkreten Lebensumstände von Hunderten von Menschen in unserem Land und weit darüber hinaus. Es kommt auf die Abgeordneten in diesem Haus an, wenn es um die Zukunft unserer Demokratie und des Grundgesetzes geht, um Menschenwürde, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Wohlstand in unserem Land, um verantwortliche Politik auf EU- und VN-Ebene, und das umso mehr, als wir in den letzten Jahren lernen mussten, wie verletzlich unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ist. Es ist eine große Verantwortung, die mit einem Bundestagsmandat verbunden ist, und ich hoffe, ihr einigermaßen gerecht geworden zu sein.
Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen über die Fraktionsgrenzen hinweg für ihre Unterstützung, Kollegialität und Freundschaft. Und ich bitte all diejenigen um Nachsicht, denen ich unabsichtlich und in ganz wenigen Fällen, wenn es unbedingt notwendig war, auch absichtlich auf die Füße getreten habe.
(Heiterkeit der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es war aber immer um der Sache willen. Behalten Sie mich dennoch in guter Erinnerung. Auf Wiedersehen!
Vielen Dank und Gottes Segen!
(Beifall im ganzen Hause)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7519804 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 227 |
Tagesordnungspunkt | Internationale Impfstrategie |