06.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 227 / Tagesordnungspunkt 20

Paul ZiemiakCDU/CSU - Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Heute entscheiden wir über die Errichtung der Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung, zwei Tage vor dem 8. Mai. Der 8. Mai 1945 hat das Leben einer ganzen Generation geprägt. Zu dieser Generation gehörte auch Helmut Kohl. Helmut Kohl steht wie kaum ein anderer für diese Generation, er und auch andere wie beispielsweise Hans Rosenthal.

Vor einigen Tagen ist ein Gespräch von 1982 wieder im Netz aufgetaucht: Hans Rosenthal und Helmut Kohl im Gespräch. Auf der einen Seite der Showmaster Hans Rosenthal, ein Berliner Jude, dessen kleiner Bruder 1942 von den Nationalsozialisten nach Riga deportiert und wenige Tage später im Konzentrationslager Majdanek ermordet wurde. Auf der anderen Seite der Christdemokrat Helmut Kohl, dessen älterer Bruder 1944 als deutscher Soldat fiel. Hans Rosenthal überlebte den Holocaust, weil ihn zwei mutige Berliner Frauen in einer Laubenkolonie versteckten. Helmut Kohl blieb der Einsatz als Flakhelfer in den letzten Kriegstagen gerade noch erspart.

Hans Rosenthal und Helmut Kohl waren zwei Männer der gleichen Generation, die manches getrennt, aber doch so vieles verbunden hat in ihrer Erinnerung und ihrem späteren Wirken. Zwei Lebenswelten: hier die politische, da die historisch-künstlerisch-journalistische.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Erfahrungen aus seiner Kindheit und Jugend haben Helmut Kohl tief geprägt und begründeten seinen Einsatz für „Nie wieder Krieg!“ und für die Einheit Europas und führten dazu, dass er sich früher engagierte als andere, in der Jungen Union und in der Christlich Demokratischen Union. Er übernahm Verantwortung, wurde Abgeordneter, Ministerpräsident, Parteivorsitzender und später Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.

Als Helmut Kohl 1982, einige Zeit nach diesem Gespräch, Bundeskanzler wurde, stand hier, unweit vom Reichstag, die Berliner Mauer. Unser Vaterland war getrennt. Unser Kontinent war getrennt. Unversöhnlich standen sich zwei militärische Weltmächte gegenüber. Jederzeit konnte der Kalte Krieg zu einem heißen werden. Als Helmut Kohls Amtszeit als Bundeskanzler endete, war Deutschland wiedervereinigt, Berlin eine freie Stadt, und Deutschland war das erste Mal in seiner Geschichte nur von Freunden umgeben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Helmut Kohl war ein Brückenbauer. Deswegen ist das, was sich in seiner Kanzlerschaft ereignet hat, tief mit seinen Überzeugungen und vor allem mit seinem Wirken verbunden, auch und vor allem die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes und die Einheit Europas.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Am 9. November reiste Helmut Kohl nach Warschau, um der neuen demokratisch gewählten Regierung in Polen die Ehre zu erweisen. An diesem Tag, als er mitbekam, was in Berlin passierte, musste er sich entscheiden: Bleibt er in Warschau, um das Verhältnis zwischen Deutschland und Polen wieder auf ein neues Level zu bringen, oder reist er zurück nach Berlin, um am 9. November als Bundeskanzler in Berlin zu sein? Er entschied sich, zurück nach Deutschland zu reisen. Das war damals gar nicht so einfach, weil die Luftwaffe der Bundeswehr gar nicht nach Berlin fliegen konnte, sondern ein militärischer Flieger der US-Armee angefordert werden musste.

Die Polen waren besorgt, weil sie nicht wussten: Was bedeutet eine mögliche Grenzöffnung und vielleicht eine Wiedervereinigung für die östlichen Nachbarn der Bundesrepublik? Das Einzige, was er ihnen anbieten konnte, war sein Wort. Und sie vertrauten dem Wort Helmut Kohls, und er hielt sein Wort, so wie er immer als bodenständiger Weltpolitiker sein Wort gehalten hat. Am Ende seiner Kanzlerschaft pflegte die Bundesrepublik gute und freundschaftliche Beziehungen mit Paris genauso wie mit Warschau, mit Washington genauso wie mit Moskau.

Helmut Kohl ist für viele junge Menschen noch heute ein großes Vorbild, und er sollte für alle, die sich politisch engagieren, ein großes Vorbild sein – immer die Geschichte im Blick zu haben, aber weiter zu denken als über den heutigen Tag.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Übrigens – ich will keine Fraktionen hier im Deutschen Bundestag nennen; aber die Älteren wissen es –: Als viele in der Bundesrepublik die Einheit noch gar nicht wollten, auch im Deutschen Bundestag, wollte sie Helmut Kohl, und er glaubte an diese Chance der Geschichte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Helmut Kohl hat als junger Mensch Geschichte studiert. Durch sein Wirken, durch sein Lebenswerk ist er selbst zur großen Geschichte unseres Landes und der Europäischen Union geworden. Heute ist vieles für junge Menschen selbstverständlich: Ein festes Bündnis der Verteidigung in der NATO, die Europäische Union, die Grenzfreiheit in der Europäischen Union, eine gemeinsame Währung, und – wie gesagt, das Wichtigste – wir sind von Freunden umgeben.

Diesen Zustand verdanken wir dem Wirken von Helmut Kohl. Daran wollen wir erinnern, und dazu dient diese Stiftung.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ziemiak. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Marc Jongen, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7519816
Wahlperiode 19
Sitzung 227
Tagesordnungspunkt Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung
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