Sevim DağdelenDIE LINKE - Hongkong - Ein Land, zwei Systeme
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sicherheitsgesetze, mit denen Bürgerinnen und Bürger wegen bloßer Meinungsäußerungen oder der Teilnahme an Demonstrationen unter Terrorismusverdacht gestellt werden, lehnt Die Linke kategorisch ab.
(Beifall bei der LINKEN)
Polizeigewalt gegenüber friedlichen Demonstrantinnen und Demonstranten lehnen wir ab. Das ist inakzeptabel.
(Beifall bei der LINKEN)
Mit Erschrecken müssen wir allerdings auch heute hier feststellen, dass durch die Koalition, die FDP, die Grünen und teilweise auch die AfD die Menschenrechte zum Steinbruch geopolitischer Orientierungen gemacht werden. Während das Sicherheitsgesetz im Fall Hongkong Ihnen als neue Blaupause für den Ruf nach weiteren Sanktionen gegen China dient, werden von der Bundesregierung entsprechende Sicherheitsgesetze in der Türkei zum Anlass genommen, neue Waffen zu liefern und auf eine Ausweitung der Zollunion zu drängen.
Während Sie im Fall Honkong die Einschränkung der Autonomie als Sprungbrett für eine weitere Zuspitzung der Beziehungen zu China nutzen, war Ihnen die völlige Beseitigung der Autonomie Kaschmirs durch die hindu-nationalistische Regierung in Indien kein Anlass für auch nur eine kleine Kritik.
Ich will Ihnen ein weiteres Beispiel nennen: In Kolumbien werden Dutzende friedliche Demonstranten von staatlichen Stellen auf offener Straße ermordet – 37 Tote, Hunderte Verletzte in den letzten Tagen. Wir haben es in Kolumbien mit einem mörderischen Regime zu tun, das vom Paramilitarismus durchdrungen ist, das Tausende Demokraten, Linke, Gewerkschafter, Sozialaktivisten und Friedensaktivisten töten lässt und sich dennoch der besten Wertschätzung der Bundesregierung erfreut, weil es prowestlich ist. Ich frage Sie: Wie wollen Sie angesichts dieser Tatsachen dem Vorwurf begegnen, Sie betrieben eine selektive Menschenrechtspolitik, die sich nur nach geopolitischen Wetterlagen richtet?
(Beifall bei der LINKEN)
Einer der wenigen China-Kenner in unserem Land, der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt, hat immer wieder versucht, dagegen anzugehen, dass man in Sachen Menschenrechte auf dem hohen Ross sitzt. So forderte Helmut Schmidt im Hinblick auf China den – ich zitiere – „Verzicht auf Überheblichkeit und herablassende moralische und politische Belehrungen“. Der Bundestag wäre gut beraten, sich diese Mahnung zu Herzen zu nehmen, auch, um nicht Gefahr zu laufen, mit einer Politik des rassistischen Überlegenheitsanspruchs gegenüber China, wie sie der vormalige US-Präsident Donald Trump nach vorne stellte, identifiziert zu werden.
Zu China höre ich in diesem Hohen Haus von Grünen und FDP leider nie etwas, wenn es darum geht, die fortgesetzte Ehrung der deutschen Kolonialverbrecher zu beenden. Hier gibt es doch tatsächlich mal eine wirkliche Bringpflicht.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich finde es jedenfalls mehr als bedenklich, dass heute in Deutschland immer noch Leute wie Graf von Waldersee geehrt werden, der für zahlreiche Verbrechen in China verantwortlich ist.
Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Statt Konfrontation brauchen wir eine glaubwürdige Entspannungspolitik gegenüber China und mehr Kooperation.
Frau Kollegin Dağdelen, bitte.
Es darf nicht sein – mein Schlusssatz, Herr Präsident –, dass wir die Menschenrechte instrumentalisieren, um mit neuen Feindbildern Konflikte weltweit zu befördern.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Vielen Dank, Frau Kollegin Dağdelen. – Jetzt lauschen wir gespannt den Worten des Kollegen Jürgen Trittin, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7519831 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 227 |
Tagesordnungspunkt | Hongkong - Ein Land, zwei Systeme |