Lothar BindingSPD - Schwarmfinanzierung, Restschuldversicherungen
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich finde es, offen gestanden, eine ziemliche Leistung, von Unterdrückung und Freiheit, von Diktatur und Demokratie, von Hongkong gestern und heute zum Schwarmfinanzierungs-Begleitgesetz zu kommen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich glaube, wir müssen uns auch immer klarmachen, in welchen Dimensionen wir hier manchmal denken und Politik machen, und die Wertigkeit entsprechend zuordnen. Das wollte ich für diesen Tagesordnungspunkt kurz leisten.
Zum Schwarmfinanzierungs-Begleitgesetz: Vielleicht haben Sie mal von Startnext, VisionBakery, Steady, 99 Funken, Kickstarter oder Indiegogo gehört. Das sind Crowdfunding-Plattformen, auf denen Leute ihr Geld für Projekte abgeben können. Schwarmfinanzierungsdienstleister kümmern sich dann um dieses eingesammelte Geld.
Das ist eine alternative Finanzierungsform für Projekte von vielen Investoren – meist kleinen Investoren – und läuft über Plattformen oder über Internetportale. Das ist sehr wichtig für die Start-up-Finanzierung und auch für junge Unternehmen, hat also ein Zukunftsmoment. Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir uns darum kümmern. Die inhaltlichen Anforderungen wurden schon über eine EU-Verordnung definiert. Dies ist also unmittelbar geltendes Recht für Deutschland.
Was wir heute machen, ist ein Begleitgesetz, um sozusagen die begleitenden Vorschriften in deutsches Recht zu überführen. Im Wesentlichen geht es um die zivilrechtliche Haftung der Schwarmfinanzierer, also der Projektträger; sie haften für falsche und fehlende Informationen. Jetzt muss ich sagen: Bei dieser Haftung geht es letztendlich darum, die Anleger zu schützen. Das ist klar; das ist eine Verbraucherschutzinitiative. Wir wollen diesen Markt aber auch stabilisieren und sicherer machen. Das ist für den Markt selbst gut.
Mich irritiert jetzt, dass manche betroffene Verbände die Haftung kritisieren und sagen: Das ist eine Katastrophe für die Branche. – Offen gestanden, das kann ich überhaupt nicht einsehen; denn wir haben Erfahrungen damit, was am Finanzmarkt passieren kann. Nein, die Haftung entspricht der üblichen zivilrechtlichen Haftung im deutschen Schadensersatzrecht – Haftung für Vorsatz und Fahrlässigkeit –, ist also gar nichts Besonderes. Insofern hat mich die Aufregung etwas irritiert, weil ich es wichtig finde, dass in diesem Markt sicher investiert werden kann; denn bei Wikipedia steht: Das ist ein grauer Markt. – Und wer investiert schon gerne in einen grauen Markt?
Mit unserem Gesetz, kombiniert mit der Verordnung, verlässt die Schwarmfinanzierung praktisch den grauen Markt, und das ist ein riesiger Vorteil für alle, die sich da engagieren wollen: für die Branche und für die Leute, die dort selbst investieren. Das ist einfach eine Stärke des Marktes, die wir jetzt hinzufügen. Ansonsten kann er ja so bleiben, wie er will, und alle, die bis jetzt zuverlässige Angaben gemacht haben, werden von den Regeln gar nichts merken.
Jetzt gibt es eine Reihe von weiteren Regeln; das ist ja so ein bisschen ein Omnibusgesetz. Dabei geht es zum Beispiel um die Factoring- und Leasingunternehmen; dazu führen wir etwas ein. Gut, der Anlass, die AvP-Insolvenz, war eigentlich gar nicht echtes Factoring und Leasing. Es geht darum, dass man das Vieraugenprinzip einführt, weil man sagt: Zwei Geschäftsführer sehen mehr und tragen wechselweise Verantwortung; dies macht das Factoring- und Leasinggeschäft sicherer. – Es ist nicht ganz leicht, immer einen Zweiten zu finden, weshalb wir die Inkraftsetzung dieser Regel noch mal etwas verschoben haben.
Daneben gibt es einen weiteren Punkt: den Provisionsdeckel. Es geht darum, dass es in der Restschuldversicherung den Tatbestand des Wuchers gibt; es werden exorbitant hohe Provisionen gezahlt. Das wird jetzt auf 2,5 Prozent der versicherten Darlehenssumme begrenzt – wir glauben, das ist eine sehr angemessene Vergütung –, und höhere Vergütungen sind unzulässig.
So merken wir, dass dieses gesamte Gesetz einen Strauß an Verbraucherschutzregeln aufbaut, die wir für sehr wichtig halten.
Ja, einen kleinen Wermutstropfen gibt es auch: Wir haben es leider nicht geschafft, einen Provisionsdeckel für Lebensversicherungen zu organisieren. – Somit haben wir noch eine schöne Aufgabe für die nächste Legislaturperiode.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)
Oh, vielen Dank, Herr Kollege Binding.
(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Ihr wollt doch gar nicht mehr regieren! – Gegenruf der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht wollen sie ja doch noch mal mit uns! – Gegenruf des Abg. Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: an Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] gewandt: Mal schauen, ob ihr da glücklich werdet! Das wage ich zu bezweifeln!)
Nächster Redner ist der Kollege Stefan Keuter, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7519837 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 227 |
Tagesordnungspunkt | Schwarmfinanzierung, Restschuldversicherungen |