07.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 228 / Zusatzpunkt 19

Benjamin StrasserFDP - Verfassungsschutzrecht

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Genossinnen und Genossen!

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Eines muss man dieser Großen Koalition ja lassen: Die Seehofer-Doktrin wird konsequent umgesetzt: Alle dürfen alles! Und Sie lassen dabei auch vollkommen außer Acht, dass Verfassungsschutz, Nachrichtendienste auf der einen Seite und Polizei auf der anderen Seite ganz unterschiedliche Aufgaben haben

(Beifall des Abg. Michael Theurer [FDP])

und dass es in Deutschland so etwas wie ein Trennungsgebot gibt. Man steht wirklich fassungslos neben dieser Großen Koalition.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Herr Minister Seehofer, Herr Frei, ob Sie es glauben oder nicht: Jeder in diesem Haus will, dass bei Gefährdern und bei Terroristen Chats überwacht werden. Nur die Antwort auf die Frage, wie das denn technisch gehen soll, die lassen Sie seit Jahren offen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)

Sie verschweigen den Leuten in diesem Land, dass eine „Quellen-TKÜ plus“ mit einem Staatstrojaner nur dann geht, wenn Sicherheitslücken bei allen Geräten aller Deutschen offen gelassen werden. Das verursacht nicht nur einen Milliardenschaden für die Wirtschaft in Deutschland; es ist quasi eine Einladung für Cyberkriminelle und für ausländische Nachrichtendienste. Ihre Politik ist ein Sicherheitsrisiko für Deutschland.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Und da machen wir doch mal den Praxistest – auch dazu, Herr Frei, habe ich heute nichts gehört –: Wo hätte denn bei den Anschlägen auf dem Breitscheidplatz, von Halle und von Hanau oder bei dem Mord an Walter Lübcke die Quellen-TKÜ diese Taten verhindert? Nirgends, nirgends! Im Gegenteil: Der Attentäter des Breitscheidplatzes hat über verschlüsselte Telegram-Chats kommuniziert. Die Sicherheitsbehörden hatten im Vorfeld diese Chats und haben sie erst nach dem Anschlag ausgewertet. Das zeigt das ganze Dilemma Ihrer Sicherheitspolitik.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben vor lauter Überwachungsdiskussionsorgien den Blick für das Wesentliche verloren. Und dabei gäbe es nach 16 Jahren unionsgeführter Innenpolitik durchaus große Baustellen. Wo ist denn die konsequente digitale Ausstattung in den Sicherheitsbehörden? Wo wird denn künstliche Intelligenz genutzt, um große Datenmengen auszuwerten? Wo ist denn die Überwachungsgesamtrechnung, die das Bundesverfassungsgericht fordert?

Nicht nur gilt „Alles dürfen alle“, sondern bei Herrn Seehofer gilt auch: „Alle machen alles“. Wir haben zu viele Sicherheitsbehörden in Deutschland, die oftmals zu klein sind, um diese neuen Aufgaben anzugehen. Und deswegen braucht es eine Föderalismuskommission III, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP)

In den letzten vier Jahren ist aus der Großen Koalition eine müde Koalition geworden. Ihnen fehlen der Mut und die Kraft, diese Aufgaben anzugehen. Deswegen braucht es im Herbst einen Neustart in der Innen- und Sicherheitspolitik.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt erhält das Wort der Kollege Dr. André Hahn, Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7519887
Wahlperiode 19
Sitzung 228
Tagesordnungspunkt Verfassungsschutzrecht
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta