07.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 228 / Tagesordnungspunkt 34

Elisabeth MotschmannCDU/CSU - Schutz von Pressefreiheit und Medien

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aufmerksamkeit möchte ich natürlich bekommen, ist ja klar. – Respektlosigkeit, Hass und Gewalt richten sich nicht nur gegen Politik, Polizei oder Rettungskräfte, sondern inzwischen auch gegen Journalisten. Das ist schlimm, liebe Kolleginnen und Kollegen. So kann und darf es nicht weitergehen! Hierzu vier Punkte:

Erstens. Die Demokratie braucht freie Presse. Presse- und Informations- und Meinungsfreiheit sind elementar wichtig für unsere Demokratie. Wir alle sind darauf angewiesen, mithilfe eines verlässlichen und vielfältigen Informationsangebots unsere Meinung bilden zu können. An dieser Stelle können wir uns auch mal bei den Medien in unserem Land bedanken; sie haben es verdient.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Pressefreiheit ist genauso ein Grundrecht wie zum Beispiel Demonstrationsfreiheit. Pressefreiheit ist die Visitenkarte einer Demokratie. Sie gibt Auskunft über den Zustand eines Landes. Das ist nicht nur bloße Theorie. Im Coronajahr 2020 stieg das Informationsbedürfnis auf ein Rekordniveau. Neun von zehn Personen ab 14 Jahren haben sich täglich im Fernsehen, Radio, online oder in Printmedien über das aktuelle Pandemiegeschehen und seine Auswirkungen informiert.

Zweitens. Angriffe auf Journalisten schaden der Pressefreiheit und natürlich auch der Demokratie. In dieser Zeit ist leider auch die Zahl gewaltsamer Angriffe gegen Journalisten gestiegen; das erreicht bei uns gerade eine ganz neue Qualität und Dimension. Daran dürfen wir uns nicht gewöhnen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Reporter ohne Grenzen hat 2020 mindestens 65 gewalttätige Angriffe gegen Journalisten gezählt, fünfmal mehr als im Vorjahr. Journalisten berichten uns von Einschüchterungsversuchen auf allen Ebenen, Morddrohungen, körperlichen Angriffen und Attacken in sozialen Medien. Vor allem die Berichterstattung von Demonstrationen gegen Coronamaßnahmen ist für sie zu einer erheblichen Gefahr geworden. Es wird „Lügenpresse“ gebrüllt oder von „Systemmedien“ fabuliert, schlimmer: Sie werden bedroht oder gar tätlich angegriffen. Das ist eine Schande für unser Land!

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In Deutschland ist es zum Glück nicht der Staat, der die Arbeit der Medien einschränkt; es sind Angriffe aus der Mitte der Gesellschaft, von rechts und von links, die die Pressefreiheit bedrohen. Aus Worten werden Taten, aus Hass wird Gewalt. Die Respektlosigkeit beginnt immer mit der Sprache. Als Abgeordnete müssen wir mit gutem Beispiel vorangehen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ulli Nissen [SPD]: Auch die AfD!)

Tun wir das? Ja, die große Mehrheit des Hauses tut das.

(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Meister sprachlicher Entgleisungen und Respektlosigkeit ist die AfD.

(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Im letzten Jahr gingen zwei Drittel aller Ordnungsaufrufe, Herr Gauland, auf das Konto der AfD – eine traurige Spitzenreiterposition!

(Beatrix von Storch [AfD]: Alles Stuss!)

Gerade gestern haben wir ein wunderbares Beispiel bekommen, wie respektlos Sie mit Kollegen umgehen. Der Kollege Dr. Christian Wirth, AfD, hat gesagt – Zitat –: „Ihr Tourettesyndrom in Ehren, Frau Kollegin; jetzt rede ich“. Wenn das nicht menschenverachtend ist, dann weiß ich nicht, was das ist.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Von Vorbildfunktion kann bei Ihnen leider keine Rede sein, Frau von Storch.

(Beatrix von Storch [AfD]: Ja, ja!)

– Ja. – Das habe ich bei meiner letzten Rede zum Thema Sprache selbst erfahren. Einer Ihrer Abgeordneten, Uwe Schulz, so berichtet von dem Abgeordneten Jens Brandenburg, der allein es offenbar hören konnte, hat mich als „alte Schrulle“ bezeichnet. Es ist eine Ehre, wenn Sie mich kritisieren, aber das ist wirklich unverschämt!

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum einen ist das Altersdiskriminierung und zum anderen Frauendiskriminierung, und dagegen verwahren wir uns in aller Form.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu vielleicht Charles Reade, ein englischer Schriftsteller aus der Mitte des 19. Jahrhunderts: „Achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen“.

Drittens. Es besteht also Handlungsbedarf. Meine Fraktion hat im letzten Herbst ein Positionspapier zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten verabschiedet. Darin haben wir die Rolle der Polizei und der Sicherheitsbehörden besonders hervorgehoben. Die Herausforderung ist nicht neu; neu ist aber die Qualität der Angriffe. Daher brauchen wir erstens kontinuierliche Gespräche zwischen den Innenministerien der Länder, der Polizei und den Journalistenverbänden. Zweitens muss die Rolle von Medienvertretern Gegenstand der Polizeiausbildung sein, wie zum Beispiel in Sachsen und Bayern. Und drittens müssen die Sicherheitsbehörden die Angriffe auf Journalisten auch online verfolgen können.

Es wird aber auch schon viel getan. Die Polizei schließt Journalisten bei Demonstrationen in die Einsatzkonzepte mit ein. Baden-Württemberg hat vor Kurzem einen Pressekodex für die Polizei eingeführt und dadurch Standards gesetzt. Auch die Branche selbst tut einiges: dpa, mehrere große Tages- und Wochenzeitungen sowie die Journalistengewerkschaften haben einen Schutzkodex für Medienschaffende erarbeitet; schlimm genug, dass das nötig ist. Dadurch bekommen Betroffene bei Dreharbeiten zum Beispiel Personenschutz und Begleitung durch Sicherheitspersonal.

Schließlich – viertens – ein Blick auf die internationale Presse. In Deutschland wird die Lage der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen noch als zufriedenstellend bezeichnet – wir wurden leider herabgestuft –; international ist sie schlechter denn je. Ob Belarus, Brasilien, Russland, China oder die Türkei: Kritische Radiosender, Zeitungen oder Onlinemedien werden geschlossen oder auf staatliche Linie gebracht, unabhängige Journalisten inhaftiert und verfolgt.

(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Da macht ihr nicht gerade viel!)

Wir erleben es gerade in Russland. Autokratische Regime bedrohen die Pressefreiheit oder schaffen sie ganz ab. Leider geben auch einige Länder der Europäischen Union Grund zur Sorge; ich denke an Ungarn, Polen oder Slowenien.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut, dass Sie Slowenien erwähnen!)

Ich komme zum Schluss. Pressefreiheit ist ein hohes Gut unserer Demokratie. Sie zu bewahren, zu schützen und um sie zu kämpfen, ist unsere gemeinsame Pflicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Martin Renner, AfD, ist der nächste Redner.

(Beifall bei der AfD

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7519908
Wahlperiode 19
Sitzung 228
Tagesordnungspunkt Schutz von Pressefreiheit und Medien
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