07.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 228 / Tagesordnungspunkt 34

Thomas HackerFDP - Schutz von Pressefreiheit und Medien

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alarmierend und beschämend ist der letzte Bericht zur Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen. Der Zustand der Pressefreiheit in unserem Land, in der Bundesrepublik Deutschland, ist nur noch „befriedigend“, herabgestuft von „gut“. Erst vor wenigen Tagen bedrängten und nötigten drei Männer ein Journalistenteam der „Welt“, als dieses live vor dem Kanzleramt berichtete. Diesmal konnte die Polizei eingreifen. Die Bundesregierung zeigte sich besorgt: Journalismus müsse ohne Angst ausgeübt werden können.

Meine Damen und Herren, Demokratie kennt keinen Konjunktiv. Die aktuelle Lage für Journalisten in unserem Land ist eine gesamtgesellschaftliche Aufforderung zum Einschreiten. Journalismus muss ohne Angst ausgeübt werden können.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der „Tagesschau“-Sprecher Constantin Schreiber brachte es letzte Woche treffend auf den Punkt – ich zitiere –:

Wenn man nur noch mit Polizeischutz zu einer Demo fahren kann, was sagt das über den Zustand der Gesellschaft? Aber Rückzug ist keine Lösung.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Montag war der Internationale Tag der Pressefreiheit. Doch was hat uns dieser Tag gezeigt? Sind wir über die Momente des Wachrüttelns, der Empörung, der Mahnung und des Forderns hinausgekommen? Leider nein. Wir wissen nicht erst seit Beginn der Coronapandemie, dass die Hemmungen sinken, die Gewaltbereitschaft zunimmt und der gegenseitige Respekt nur noch ein Fremdwort im täglichen Miteinander ist. Das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit hat festgestellt, dass die Angriffe auf Journalisten in Deutschland im letzten Jahr einen historischen Höchststand erreicht haben. 69 tätliche Angriffe wurden erfasst; 2019 waren es 14. In seiner aktuellen Nahaufnahme geht Reporter ohne Grenzen bei der Zahl der Angriffe von einer beträchtlichen Dunkelziffer aus. Wir sehen und wir kennen also nur die Spitze des Eisbergs.

Berechtigte Kritik an Berichterstattungen muss es immer geben, aber Medienvertreter sind niemals Freiwild. Auf diese antidemokratischen Tendenzen müssen Politik und Justiz reagieren. Vor allem müssen die „Lügenpresse“-Krakeeler spüren, dass sie bestimmte Linien nicht ohne Konsequenzen überschreiten können. Reportagen und Berichte von Journalisten gefallen nicht jedem und müssen es auch nicht. Erst dann sind sie gut und wirkungsvoll. Erst dann können die Vertreter einer freien Presse als vierte Gewalt, als Korrektiv wirken und Missstände aufdecken.

(Beifall bei der FDP)

Medienvertreter wissen, dass ihr Beruf kein leichter ist und auch nie war. Aber wenn für Kamerateams, Fotojournalisten oder Reporter der Einsatz in Kriegsgebieten statistisch sicherer ist als in großen deutschen Städten, dann haben wir ein grundsätzliches Demokratieproblem.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen die Freiheitsrechte konsequent stärken; denn sie sind für einen funktionierenden Rechtsstaat und eine lebendige Demokratie von grundlegender Bedeutung. Das schließt auch kritische Haltungen gegenüber dem Staat und seinen Institutionen mit ein. Wir müssen entschieden die Situation der Presse- und Medienvertreter verbessern und uns schützend vor sie stellen. Die Gegner unserer Freiheit, unserer Demokratie müssen spüren, wenn sie rote Linien nur als Einladung verstehen, diese zu überschreiten.

Zuletzt fanden viele der Übergriffe bei Demonstrationen statt. Hier müssen wir auch die Polizei und die Länder stärker in die Pflicht nehmen. Es braucht eine bessere Kommunikation, ein besseres Verständnis der gegenseitigen Arbeit, mehr Respekt und Schutz. Es darf keinen qualitativen Unterschied der polizeilichen Maßnahmen geben. Gefährdungen von Leib und Leben von Medienvertretern sind genauso ein Angriff auf den Rechtsstaat wie Volksverhetzung oder Plünderungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für den Zustand unserer Pressefreiheit mag es in diesem Jahr noch ein „befriedigend“ gegeben haben; für die zurückliegende Arbeit der Bundesregierung zur Stärkung der Pressefreiheit kann es nur ein „mangelhaft“ geben. Liebe Elisabeth Motschmann, Positionspapiere müssen auch überleitend zu Regierungshandeln führen.

(Elisabeth Motschmann [CDU/CSU]: Tun sie!)

Hören wir doch bitte auf, immer nur in Sonntagsreden die Pressefreiheit zu beschwören! Stellen wir uns schützend vor die Journalistinnen und Journalisten! Verbessern wir ihren Schutz und ihre Arbeitsbedingungen! Sensibilisieren wir die Polizei für die veränderte Lage bei Demonstrationen! Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist Zeit, zu handeln. Jetzt!

(Beifall bei der FDP)

Doris Achelwilm, Die Linke, erhält als Nächste das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)

Personen

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7519912
Wahlperiode 19
Sitzung 228
Tagesordnungspunkt Schutz von Pressefreiheit und Medien
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