07.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 228 / Tagesordnungspunkt 34

Mario Mieruchfraktionslos - Schutz von Pressefreiheit und Medien

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Pressefreiheit und Presseunabhängigkeit sind für eine Demokratie elementar. Nicht umsonst spricht man von der vierten Macht, welcher hinsichtlich Objektivität und Neutralität eine besondere Rolle zukommt. Und ja, die Pressefreiheit wird immer wieder angegriffen, und nein, das dürfen wir nicht hinnehmen.

Mit der gleichen Konsequenz sollten wir aber auch auf die Presseunabhängigkeit achten. Als im letzten Jahr die Coronawerbefilme hohe Wellen schlugen, war das für mich Anlass, unseren Regierungssprecher Seibert zu fragen, wie viel Steuergeld unsere Regierung eigentlich an private Medienunternehmen zahlt. Die Antwort: von 2015 bis 2020 satte 220 Millionen Euro. Das ist eine nicht unerhebliche Summe angesichts rapide gefallener Auflagen vieler Zeitungen und Verlage. Gute 1,8 Millionen Euro kostete dabei die Coronakampagne, bei der man den Lockdown-gebeutelten Zuschauern empfahl, doch einfach auf der Couch sitzen zu bleiben. Konzipiert wurde das von der Hirschen Group, einem Schwergewicht im Marketing; sowohl die Grünen als auch die CDU pflegen gute Kontakte dorthin.

Nun wollte ich von unserem Regierungssprecher wissen, an wie viele Medienunternehmen die Coronawerbefilme verteilt wurden und wie viel Steuergelder diese jeweils dafür bekamen. Das zu beantworten, verweigert er seit einem Jahr. Die Geschäftsgeheimnisse dieser Unternehmen seien hier höher zu bewerten als mein parlamentarisches Frage- und Kontrollrecht; so seine Einzelfallentscheidung. Was für eine Frechheit! Aber Seibert setzte noch einen drauf; denn ich gab mich damit nicht zufrieden. Ich wurde endgültig abgewürgt: Der Sachverhalt sei jetzt auch hinreichend erörtert. Da frage ich doch: Wo sind wir eigentlich hingekommen in diesem Land, wenn der Regierungssprecher entscheidet, was ich als Abgeordneter wann und wie tief fragen darf? Das ist ein Skandal, meine Damen und Herren, der eine Organklage wahrlich verdient hat.

Aber es gibt noch ein weiteres Beispiel. Am 12. Januar dieses Jahres luden Herr Seibert und Kanzleramtschef Braun Pressevertreter zu einem Hintergrundgespräch ein. Kurze Zeit später bestimmten die Coronamutanten die Schlagzeilen der Medien. Ich wollte also wissen, wer teilnahm, was besprochen wurde und noch einiges mehr. Die Antwort: Darüber führen wir keine Erhebungen. – Ja bitte, was? Seit einem Jahr muss jedes Restaurant eine Anwesenheitsliste führen – und das Ganze gilt im Kanzleramt und im Bundespresseamt nicht? Wen will man hier eigentlich für dumm verkaufen?

Ich hakte also wieder nach, dass man binnen eines Monats doch kaum so vergesslich sein könnte. Die Antwort war, ich solle doch Verständnis haben, dass man dazu keine weiteren Informationen herausgibt. Nein, sage ich sehr deutlich und sehr laut, dafür habe ich kein Verständnis.

Das, meine Damen und Herren, sind nicht nur Beispiele, wie das parlamentarische Fragerecht seitens der Regierung auf schamlose und skandalöse Weise ausgehebelt wird, nein, es stellt auch die Unabhängigkeit von Medien erheblich und begründet infrage. Denn wenn Medien Kampagnen fahren, die unter Umständen vorher mit der Regierung abgestimmt oder gar gemeinsam orchestriert wurden, und diese Medien den Bürgern verschweigen, dass sie ihre Infos aus dem Kanzleramt haben, dann haben diese Medien ihre Unabhängigkeit ganz freiwillig gegen Handlangertum getauscht. So wird aus Journalismus Propaganda. Auch dagegen muss sich eine Demokratie wehren.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Mieruch. – Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin Dr. Barbara Hendricks, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7519922
Wahlperiode 19
Sitzung 228
Tagesordnungspunkt Schutz von Pressefreiheit und Medien
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