Stefan SchwartzeSPD - Zeitverwendungserhebungsgesetz
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir beraten hier ein kleines, aber feines technisches Gesetz, das jedoch sehr viel bewirken kann: das Zeitverwendungserhebungsgesetz. Das klingt nach einem weiteren bürokratischen Monster, stellt aber die gesetzliche Grundlage für die Evaluierung unserer Familien- und Gleichstellungspolitik dar.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Seit den 90er-Jahren werden alle zehn Jahre die in Deutschland lebenden Menschen zu ihrer Zeitverwendung, also dazu, für welche Tätigkeiten sie wie viel Zeit am Tag verwenden, befragt. Die Zeitverwendungserhebung liefert uns Informationen darüber, wie viel Zeit Menschen für welche Aktivitäten aufwenden und wann im Tagesverlauf sie diese Aktivitäten ausüben. So erfahren wir etwas über die Arbeitsbelastung und die Arbeitsteilung in den Familien bei der Kinderbetreuung, bei der Pflege oder über das freiwillige Engagement aller Generationen. Wir lernen etwas darüber, wie viel Zeit Kinder und Jugendliche, Männer und Frauen in unterschiedlichen Lebenslagen für welche Tätigkeit aufwenden.
Mit den gewonnenen Erkenntnissen bekommen wir einen guten Einblick, wie sich die Gesellschaft entwickelt. Daraus wiederum können wir ablesen, ob unsere politischen Ansätze wirken und wenn ja, was sie bewirkt haben. Hat also beispielsweise die Einführung des Elterngeldes etwas gebracht im Hinblick auf gleichberechtigte Arbeitsaufteilung von Erwerbsarbeit und Care-Arbeit? Ja. Haben wir damit all unsere Ziele erreicht? Noch nicht ganz. Wir sollten also nachsteuern.
Mit der Zeitverwendungserhebung erhalten wir aber auch Daten zu unbezahlter Arbeit wie Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen und schlicht der Hausarbeit. Das sind alles Tätigkeiten, die die klassische volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zu Wertschöpfung und Wohlstand außen vor lässt. Erst mit diesen Daten erhalten wir eigentlich ein umfassendes, nicht rein ökonomisches Bild unserer gesellschaftlichen Entwicklung. So erfahren wir, wie es um die Lebensqualität in unserem Land bestellt ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir erfahren, unter welchem Zeitdruck die Menschen stehen, welche Freiheiten sie bei ihrer Lebensgestaltung haben und wie sie ihre verfügbare Zeit verbringen. Wenn wir mehr Zeit für Eltern mit ihren Kindern wollen und feststellen, dass das bei den jetzigen Rahmenbedingungen nur schwer möglich ist, müssen wir etwas ändern. Zeitverwendungserhebungen sind also wichtig, um die Wirksamkeit unserer Politik zu bemessen.
Warum müssen wir jetzt ein Gesetz machen, wenn bisher auch schon Erhebungen über die Zeitverwendung stattfanden? Die bisherigen Befragungen fanden nach § 7 des Bundesstatistikgesetzes statt. Dieses sieht eine Erhebung nur für einen kurzfristigen Bedarf vor und schließt nochmalige Erhebungen eigentlich aus. Eine kontinuierliche Erfassung der Zeitverwendungsdaten stellen wir nun mit diesem Gesetz sicher. Die Bundesländer, die einen Großteil der Kosten tragen, haben ein berechtigtes Interesse, bestimmte Daten dieser Erhebung zu erlangen. Mit unserem Änderungsantrag stellen wir sicher, dass den Ländern auf Anfrage Teildaten zur Verfügung gestellt werden können.
Aus Sicht der Koalitionsfraktionen – so wie ich es verstanden habe, aber auch aus Sicht der demokratischen Fraktionen der Opposition – ist eine Erhebung in kürzeren Intervallen sinnvoll und wünschenswert, ebenso, dass die verschiedensten Familienkonstellationen, insbesondere auch Nachtrennungsfamilien, angemessen berücksichtigt werden. Dies haben wir mit unserem Entschließungsantrag noch einmal bekräftigt und verdeutlicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um Zustimmung und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Schwartze. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Nicole Höchst, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7520126 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 228 |
Tagesordnungspunkt | Zeitverwendungserhebungsgesetz |