07.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 228 / Tagesordnungspunkt 29

Nicole HöchstAfD - Zeitverwendungserhebungsgesetz

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Herr Präsident! Werte Kollegen! Liebe Zuschauer! Grundsätzlich ist das Ansinnen Ihres Gesetzes über die statistische Erhebung der Zeitverwendung von Menschen zu begrüßen, vorausgesetzt man möchte darauf basierend Handlungsempfehlungen passgenau für die Jugend- und Familienpolitik, aber auch für andere Politikfelder ableiten. Zu begrüßen ist auch das Erfassen von Staatsangehörigkeiten, Migrationshintergründen und Muttersprachlichkeiten. Religionszugehörigkeiten oder die Abwesenheit einer solchen sollten zusätzlich erfasst werden. Die geplante Statistik trägt so zur Sichtbarkeit des Istzustands der Gesellschaft in Deutschland bei.

Die Sinnhaftigkeit dieses Gesetzes und auch des Zehnjahresturnus wird allerdings erheblich belastet durch die zu erwartende Gegenüberstellung von pandemischen Zeiten, in denen die Zeitverwendung notwendigerweise eine andere ist, und – in Anführungsstrichen – „normalen“ Zeiten in Freiheit mit „normaler“ Zeitverwendung, also mit sozialen Kontakten, Engagement, Vereins‑, Kultur-, Erwerbs- und Freizeitleben.

Der von Ihnen ständig verschärfte Lockdown bis hin zur Notbremse wirkt sich natürlich auf die Zeitverwendung in den Haushalten aus. Wird diese statistische Erhebung also in der Normalität oder in pandemischen Notlagezeiten stattfinden? Soll sie davon unabhängig stattfinden? Wenn ja, wie sollen so überhaupt wirksame Modelle für politisches Handeln für so unterschiedliche Situationen ersonnen und etabliert werden? Ist ein Sowohl-als-auch überhaupt mitgedacht? Wird es überhaupt ein Zurück zum Normal mit intakten Menschen- und Freiheitsrechten geben? Daran, meine Damen und Herren, habe ich langsam ernsthafte Zweifel.

(Beifall bei der AfD)

Die gewonnenen Daten müssen einem besonders strengen Datenschutz unterliegen und dürfen selbstverständlich niemals zu Kontroll- oder Demokratieersatzzwecken eingesetzt werden. Bei meinen Recherchen zu Smart City stieß ich leider erst kürzlich auf die 108-seitige Broschüre „Smart City Charta – Digitale Transformation in den Kommunen nachhaltig gestalten“ vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit aus dem Jahr 2017. Dort heißt es auf der Seite 43 – ich zitiere wörtlich mit Erlaubnis des Präsidenten – zum Punkt „Post-voting society“: „Verhaltensbezogene Daten können Demokratie als das gesellschaftliche Feedbacksystem ersetzen.“ Meine Damen und Herren, wollen Sie die Demokratie ersetzen?

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Pfui!)

Die AfD tritt solchen Visionen von Demokratieabbau und der totalen Auslieferung des zunehmend gläsernen Bürgers an einen allmächtigen Verbots- und Kontrollstaat entschieden entgegen. Wir bezweifeln die Vereinbarkeit eines solchen Vorgehens mit unserem Grundgesetz.

(Torbjörn Kartes [CDU/CSU]: Was?)

Was aber wäre, wenn hier und europaweit – ja, weltweit – ein Umbau von Gesellschaft, Recht und Wirtschaft stattfände, der Deutschland vom Coronanotstand direkt in den Klimanotstand überführte? Was, wenn dieser Umbau freie Bürger in Zukunft zu allzeit kontrollierbaren, rechtlosen wandelnden Daten machte? Was, wenn Datensammlungen generell für diesen Umbau missbraucht würden? Breite Information und Diskussion in Medien und Öffentlichkeit über diese Visionen für einen hypervernetzen Planeten finden nicht statt. Alle Konzentration richtet sich sorgenvoll auf Corona. Ich persönlich habe langsam erhebliche Zweifel an der Redlichkeit aller am Notstandshype und Great Reset beteiligten Parteien inklusive der Regierung.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Timon Gremmels [SPD])

Wir werden uns insgesamt enthalten. Wir wollen Deutschland. Aber normal.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Verschwörungstheoretisches Geschwurbel! – Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Kann man bei euch mal den Stecker ziehen? – Gegenruf des Abg. Martin Reichardt [AfD]: Kollege Müller sollte erst mal zu Ende studieren, bevor er dazwischenbrüllt!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Höchst. – Nächster Redner ist der Kollege Josef Rief, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7520127
Wahlperiode 19
Sitzung 228
Tagesordnungspunkt Zeitverwendungserhebungsgesetz
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