Torbjörn KartesCDU/CSU - Zeitverwendungserhebungsgesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute kurz vor dem Wochenende das Zeitverwendungserhebungsgesetz. Das ist durchaus ein sperriger Begriff, wie wir heute ja schon mehrfach gehört haben, aber es steckt ein wirklich sinnvoller Ansatz dahinter. Es geht um die ganz grundsätzliche Frage: Was machen wir eigentlich mit unserer Zeit, und wie können wir dem wissenschaftlich nähertreten?
Tatsächlich ist mir bei der Vorbereitung meiner Rede auch ein Buch in die Hände gefallen. Ich bin sehr froh, dass es nicht das gleiche gewesen ist.
(Martin Reichardt [AfD]: Ich auch!)
Ich habe es vor längerer Zeit mal gelesen. Es ist von François Lelord und heißt „Hector und die Entdeckung der Zeit“. Es handelt von einem jungen Psychiater, der Hector heißt und der mehr und mehr Zeit damit verbringt, über die Zeit an sich nachzudenken: über ihren steten Fluss, die Jahre, die verfliegen, die Frage, warum alle immer zu wenig Zeit haben, obwohl sie ständig in Eile sind und obwohl doch jeder eine Menge Zeit spart, weil alles schneller geht als damals, als man sich noch lange Briefe geschrieben hat.
Er stellt in seinem Buch fest:
… Zeit zu definieren, … ist nicht gerade leicht, denn man kann die Zeit weder sehen noch berühren. Ebensowenig kann man aus ihr heraustreten.
Es ist also gar nicht so leicht, am Ende zu wissen, womit man seine Zeit überhaupt verbracht hat. Eine ganz andere Frage ist im Übrigen noch, wie zufrieden wir eigentlich damit sind.
Wir suchen dann im Reflex immer nach ökonomischen Kenngrößen wie zum Beispiel dem Bruttoinlandsprodukt, um das Wohlstandsniveau unserer Gesellschaft in irgendeiner Form zu messen. Das greift natürlich – das ist heute vielfach schon gesagt worden – viel zu kurz. Es geht vielmehr um die Frage, wie wir Lebensqualität auch dadurch bestimmen, wie die verfügbare Zeit verbracht wird, unter welchem Zeitdruck Menschen stehen, welche Freiheiten sie bei der Lebensgestaltung haben und wie sich das Verhältnis von bezahlter Arbeit, unbezahlter Arbeit und Freizeit gestaltet. Deswegen gibt es schon seit den 1990er-Jahren im Turnus von etwa zehn Jahren Daten und Erhebungen zum Thema Zeitverwendung. Ich glaube, das ist wichtig und richtig. Es konnten wesentliche Erkenntnisse über die Zeitverwendung unserer Bevölkerung gewonnen werden, die auch Datengrundlage für gesellschaftspolitische Maßnahmen waren.
Um das künftig regelmäßig machen zu können, bringen wir heute dieses Gesetz auf den Weg. Es ist die Anordnung zur Erhebung einer Bundestatistik. Wir – das ist auch schon mehrfach gesagt worden; ich halte es auch für richtig – machen das jetzt zukünftig in kürzeren Abständen. Mindestens alle fünf Jahre sollten wir das tun; denn gerade die aktuelle Pandemie zeigt, wie schnell sich die Lebenswirklichkeit der Menschen in unserem Land verändert. Daher glaube ich nicht, dass man jetzt zehn Jahre warten sollte, sondern dass wir zeitnah immer wieder aktualisierte Datenbestände brauchen. Das ist im Übrigen nicht verfassungswidrig, und es will auch keiner die Demokratie abschaffen. Deswegen darf ich die Kollegen von der AfD beruhigen. Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.
Für uns ist entscheidend, auch in Zukunft, dass wir keinem vorschreiben, wie er seine Zeit verbringen soll. Das ist völlig klar. Es geht darum, Trends zu erkennen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, zum Beispiel für bessere Rahmenbedingungen. Aber es geht eben nicht um Bevormundung.
(Martin Reichardt [AfD]: Nur nach 22 Uhr ausgehen geht nicht mehr!)
Es geht zum Beispiel um die Frage, wie wir Beruf und Familie besser vereinbaren können, aber es geht nicht darum, den Menschen vorzuschreiben, was sie machen.
Deswegen darf ich prognostizieren, dass wir über die Ergebnisse dieser Erhebungen mit Sicherheit wesentlich mehr streiten werden als über dieses Gesetz, das relativ unstreitig ist. Dafür darf ich Sie um Zustimmung bitten.
Ich darf Ihnen eine gute Zeit und später ein schönes Wochenende wünschen und schenke Ihnen jetzt eine Minute Redezeit.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir bedanken uns bei Herrn Kartes. – Ich schließe die Aussprache.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7520134 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 228 |
Tagesordnungspunkt | Zeitverwendungserhebungsgesetz |