07.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 228 / Tagesordnungspunkt 39

Fritz FelgentreuSPD - Einsätze der Bundeswehr

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Strack-Zimmermann! Die AfD-Fraktion hat natürlich ein Problem, das es gar nicht gibt. Das haben wir auch an der Rede des Kollegen Lucassen gemerkt. Wenn er vom eigenen Antrag überzeugt gewesen wäre, hätte er zum Thema gesprochen. Hat er aber nicht.

Es ist eigentlich ganz einfach: Für Existenz und Auftrag der Bundeswehr schafft das Grundgesetz das Fundament. In den 65 Jahren ihrer stolzen Tradition sind der Bundeswehr immer wieder neue Aufgaben übertragen worden, zum Beispiel die Auslandseinsätze. Ob Bundesregierung und Bundestag dazu berechtigt waren, wurde mehrfach dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Das Ergebnis ist eindeutig: Ja, meine Damen und Herren, im Rahmen eines Systems kollektiver Sicherheit und mit einem Mandat des Deutschen Bundestages darf die Bundesregierung die Bundeswehr in Auslandseinsätze schicken. Das ist ein ganz einfacher Grundsatz; der ist leicht zu verstehen und leicht zu erklären.

Die AfD meint aber nun, das müsse so auch im Grundgesetz stehen, sonst könnte es Soldatinnen und Soldaten verunsichern; so steht es in der Begründung. Meine Damen und Herren, ich habe eine gute Nachricht für Sie: Sie brauchen sich keine Sorgen mehr zu machen. Denn das, was Sie wollen, steht schon im Grundgesetz. Darum geht es ja gerade in den Entscheidungen aus Karlsruhe. Zu Verunsicherung besteht also überhaupt kein Anlass. Wenn Sie trotzdem verunsichert sind, denken Sie einfach noch mal darüber nach; dann legt sich das vielleicht.

Die Linke hat, wie zuvor schon die Grünen, ein anderes Anliegen. Sie will erreichen, dass die Opposition gegen das Mandat für einen Auslandseinsatz vor dem Bundesverfassungsgericht klagen kann; denn ob ein Einsatz im Rahmen eines Systems kollektiver Sicherheit erfolgt oder nicht, war in der Vergangenheit gelegentlich umstritten. Nun ist es heute schon so, dass Soldatinnen und Soldaten in Karlsruhe gegen ihren Einsatz klagen können, wenn sie Zweifel daran haben, dass die Bedingungen des Grundgesetzes erfüllt sind. Dieses Recht beansprucht nun auch die von einer möglichen Fehlentscheidung der Parlamentsmehrheit gar nicht betroffene Linke.

Meine Damen und Herren, dieses Ansinnen trifft den Kern der Gewaltenteilung in unserer Demokratie; denn die Entscheidung über einen Auslandseinsatz ist eine zutiefst politische Entscheidung, die nicht an ein Gericht delegiert werden darf. Sinnvoll kann eine Klage in Karlsruhe höchstens dann sein, wenn die Rechtsgrundlage für einen Einsatz nicht eindeutig und zwischen Mehrheit und Opposition umstritten ist, wie zuletzt beim Kampfeinsatz gegen den „Islamischen Staat“. In allen anderen Fällen wäre eine Klage nur dazu da, den Einsatz zu verzögern und die Handlungsfähigkeit der Regierung zu lähmen. Das kann niemand wollen, der politische Verantwortung ernst nimmt.

Aber in Wirklichkeit ist es auch in den Fällen, die juristisch nicht sonnenklar sind, gar nicht anders. Bundesregierung und Parlamentsmehrheit dürfen das Recht niemals brechen, auch in solchen Fällen nicht. Sie müssen also begründen, warum sie den Einsatz für verfassungsmäßig halten, und sie müssen es verantworten, wenn sie dabei einen Fehler machen sollten. Das ist ihre Aufgabe. Dafür sind Regierungen und Mehrheiten da. Und das ist auch zwingend und richtig; denn gerade in einer Notlage, die den Einsatz von Streitkräften erforderlich macht, muss die Regierung schnell und effektiv handeln können – nach Recht und Gesetz, versteht sich.

Die Opposition hat die Aufgabe, ihre Kritik zu formulieren; dafür ist sie da. Aber sie darf das Handeln der Regierung nicht blockieren. Und schon gar nicht darf sie das Bundesverfassungsgericht vor ihren Karren spannen. Das Gericht wacht darüber, dass die Rechte der Bürgerinnen und Bürger nicht verletzt werden. Das gilt auch für die Rechte der Staatsbürger in Uniform, unserer Soldatinnen und Soldaten. Deshalb bleibt Karlsruhe bei der juristischen Beurteilung einzelner Auslandseinsätze nicht außen vor. Aber das Gleichgewicht zwischen Regierung, Gesetzgebung und Rechtsprechung würde empfindlich gestört, wenn wir die Grundsatzentscheidung über einen Einsatz aus dem politischen Raum in die Rechtsprechung verschieben. Beide Vorlagen sind abzulehnen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU])

Vielen Dank, Kollege Felgentreu. – Das Wort geht an Dr. Alexander S. Neu von der Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7520162
Wahlperiode 19
Sitzung 228
Tagesordnungspunkt Einsätze der Bundeswehr
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