07.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 228 / Tagesordnungspunkt 42

Tankred SchipanskiCDU/CSU - Bildungsföderalismus, Bildungsgerechtigkeit

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich habe mich auf diese Debatte gefreut, muss ich sagen. Nachdem ich den Antrag der Linken gelesen habe, nach dem Storytelling und der Rede von Frau Bull-Bischoff ist mir diese Freude ein bisschen vergangen. Wir haben hier ja schon viele Debatten zum Bildungsföderalismus geführt. Man muss den Antrag der Linken wirklich ein bisschen genauer lesen und vielleicht diese kämpferische Rede gerade ein bisschen ausblenden.

(Widerspruch bei der LINKEN)

Bisher hat Die Linke die Verfassungswirklichkeit des kooperativen Bildungsföderalismus in Deutschland in unserem Grundgesetz immer ausgeblendet. Heute sehen wir den ersten Antrag der Linkspartei,

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Linksfraktion! Immer noch Linksfraktion!)

in dem sie die Verantwortung der Länder für die Schulbildung anerkennt und nicht die Schuld auf den Bund schiebt, der eben gerade nicht zuständig ist. Jahrzehnte hat Die Linke fälschlicherweise behauptet: Es gibt ein Kooperationsverbot.

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Gab es doch! Unerhört! Wo leben Sie denn? Das gab es doch!)

Dieser Kampfbegriff befindet sich erstmals nicht mehr in dem Antrag der Linken.

Ich möchte ausdrücklich anerkennen, dass Die Linke mit diesem Antrag ihre Meinung im Positiven weiterentwickelt hat. Neben Forderungen nach einheitlichen und verbindlichen Bildungsstandards, die wir seit Langem fordern, erkennen Sie ausdrücklich das Versagen der Kultusministerkonferenz in vielen Bereichen an. Ich war zudem positiv über die Wortwahl der Linken überrascht – ich zitiere aus dem Antrag –:

Vielfalt und Dezentralität sind auch künftig wichtige bildungspolitische Prämissen, regionale Identitäten sind prägend für erfolgreiche Bildung. Länderzuständigkeiten für bildungspolitische Entscheidungen sollen deshalb dem Grunde nach erhalten bleiben. Eine Zusammenarbeit in Sachen Bildungspolitik … ist heute nur auf eng begrenzten Wegen möglich.

Ja, liebe Linksfraktion, Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Dann können Sie unserem Antrag ja zustimmen!)

Im Ergebnis fordern Sie wie wir eine Reform des Bildungsföderalismus. Als Weg schlagen Sie vor, Bildung als Gemeinschaftsaufgabe im Sinne eines kooperativen Föderalismus

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Kurt Schumacher hat das richtig gesagt, aber bei Ihnen trifft das nicht zu!)

grundgesetzlich zu verankern und politisch auszugestalten – ein interessanter Vorschlag.

Sehr geehrte Damen und Herren, auch mit Blick auf den Koalitionspartner erlebe ich Bewegung. Der Vorsitzende des Bildungsausschusses, Kollege Rossmann, hat in mehreren Interviews und Gastbeiträgen auch für die SPD die Notwendigkeit der Reform des Bildungsföderalismus anerkannt. Auch die SPD erkennt die Verfassungswirklichkeit an, dass die Länder für Bildung zuständig sind und eben nicht der Bund. Vielleicht trägt die persönliche Nähe des Bundesfinanzministers zu der amtierenden KMK-Präsidentin zu diesen wichtigen Einsichten bei.

Mit Blick darauf möchte ich festhalten, dass es inakzeptabel ist, mit der Verteilung von Umsatzsteuerpunkten zugunsten von Länderhaushalten ohne Gestaltungsmöglichkeit des Bundes Verbesserungen im Bereich der Bildung, namentlich der sogenannten Nachhilfe, zu erreichen. Ich erwarte diesbezüglich selbstverständlich klare Zielvereinbarungen in der noch abzuschließenden Bund-Länder-Vereinbarung.

Meine Damen und Herren, zurück zum Bildungsföderalismus. Es freut mich, dass sich auch die SPD bei diesem Thema bewegt und Handlungsnotwendigkeit erkennt. Auch hier wird auf den Kurs der Union eingeschwenkt.

(Lachen bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Oliver Kaczmarek [SPD]: Wie bitte? – Gegenruf der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Richtigstellen!)

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion macht seit Jahren sehr konkrete Vorschläge, ob in Form von Staatsverträgen, neuen Gremien oder Verfassungsänderungen.

Die Ministerin hat die Notwendigkeit in mehreren Veröffentlichungen anerkannt, ebenso der Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus; ich zitierte ihn schon in der letzten Debatte zu diesem Thema. Berechtigt wollen Sie nun von mir hören, wie die Union auf Ihre Vorschläge reagiert. Wie wir über unsere bisherigen Vorschläge hinaus den kooperativen Bildungsföderalismus effektiver und zukunftsfest machen möchten, werde ich jedoch nicht im Rahmen einer Debatte über Oppositionsanträge tun.

(Zurufe von der LINKEN: Oh! – Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Das ist aber kontraproduktiv! Man muss sich auch konstruktiv mit Oppositionsanträgen beschäftigen! Sehr kontraproduktiv!)

Vielmehr werden wir diese im Wahlprogramm ganz konkret formulieren. Sie müssen sich also noch ein bisschen gedulden.

Meine Damen und Herren, ich freue mich aber, gerade auch mit Blick auf notwendige Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat, dass viele Fraktionen die Ideen und Impulse der Union nunmehr ausdrücklich unterstützen.

Lassen Sie mich abschließend festhalten, dass ich von der FDP enttäuscht bin. Eigentlich wollte ich sie gar nicht erwähnen.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Wer seinen Antrag an dieses Hohe Haus mit den Worten beginnt – ich zitiere –: „Deutschland leistet sich 16 unterschiedlichste Schulsysteme“, hat sich in dieser Debatte bereits selbst disqualifiziert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dass die FDP sich in der Öffentlichkeit immer als großer Verfechter unserer Verfassung präsentiert, aber das Bundesstaatsprinzip und die Zuständigkeitsregeln unserer Verfassung mit dieser verbalen Entgleisung so mit Füßen tritt, hat unser Grundgesetz nicht verdient.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Die haben Sie noch nie geändert, ne?)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich erteile dem Kollegen Rossmann das Wort zu einer Kurzintervention.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7520172
Wahlperiode 19
Sitzung 228
Tagesordnungspunkt Bildungsföderalismus, Bildungsgerechtigkeit
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