Götz FrömmingAfD - Bildungsföderalismus, Bildungsgerechtigkeit
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Kollege Schipanski, ich muss sagen, ich bin schon ein bisschen enttäuscht. Ich habe Sie eigentlich durchaus für einen aufrechten Vertreter des Bildungsföderalismus gehalten. Das Gelächter heute war berechtigt: Sie haben gesagt, es hätten sich die Linken oder die Grünen oder auch die FDP bewegt. Das stimmt natürlich nicht. Wir erleben einen historischen Moment: Die CDU hat sich heute bewegt.
Aber, verehrter Kollege Schipanski, ich habe sogar ein gewisses Verständnis für Sie. Sie waren ja in der Zwickmühle; denn Ihre Ministerin Frau Karliczek ist ja vor einigen Monaten schon vorausgeprescht. „ Die Welt“ zitiert sie sogar damit, dass sie den Bildungsföderalismus jetzt bekämpfen wolle. In ihren Worten heißt es dann natürlich „Weiterentwicklung“.
Meine Damen und Herren, in dieser historischen Situation erkläre ich für meine Fraktion, die AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag: Wir sind weiterhin der Anwalt des Föderalismus. – So ist unser Grundgesetz aufgebaut, und das ist gut so. Wir haben damit gute historische Erfahrung gemacht.
(Beifall bei der AfD)
Es ist schon ein bisschen absurd, dass ausgerechnet ein Ministerpräsident aus Baden-Württemberg,
(Zuruf des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
mit dem Sie in dieser Frage ja auch über Kreuz liegen, lieber Herr Gehring, genau das sagt, was ich auch sagen würde, nämlich: Frau Karliczek springt hier viel zu weit; Frau Karliczek rüttelt an den Grundlagen unserer Verfassung. – Ich sage einmal mehr: Wir sind der Anwalt dieser Verfassung, und der Föderalismus ist ein Kernbestand dieser Verfassung. Wer daran rüttelt, ist ein Verfassungsfeind, Herr Gehring.
(Beifall bei der AfD – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt kommen wir vielleicht mal wieder runter von dieser theoretischen Debatte und hin zu den Problemen, um die es wirklich geht. Denn reden über Strukturreformen, das bringt uns ja nicht wirklich weiter und lenkt von den eigentlichen Problemen doch nur ab. Meine Damen und Herren, wir müssen doch nicht wirklich an der Verfassung herumschrauben, wenn vor Ort in den Ländern die Schultoiletten kaputt sind. Das kann man auch heute schon lösen; dafür brauchen wir keine Verfassungsänderung, die sich wiederum ewig hinzieht.
Ich möchte Ihnen stattdessen vorschlagen, was wir ins Gespräch bringen würden. Wir haben Ihnen mit unserem Antrag ein Zehn-Punkte-Programm vorgelegt, das nicht an der Verfassung rumschraubt, sondern ganz konkrete Vorschläge macht, für die natürlich – richtig! – auch die Länder in der Pflicht stehen und zuständig sind. Trotzdem ist es wichtig, dass wir hier darüber sprechen. Ich versuche in der Kürze der Zeit, fünf davon herauszustellen.
Erstens. Wir begrüßen es, dass die Bundesministerin ein bundesweites Nachhilfeprogramm auflegen will; die Familienministerin flankiert das ja. Wir meinen aber, 1 Milliarde Euro dafür ist zu wenig. Wir sind auf der Seite der Lehrerverbände, die hier eine Verdoppelung auf 2 Milliarden Euro vorgeschlagen haben. Der Bund hat mit dazu beigetragen, dass die Schulen geschlossen wurden. Das hat zu einem Bildungsdefizit geführt. Deshalb steht er jetzt in der Pflicht, das auch wieder zu reparieren.
(Beifall bei der AfD)
Zweitens. Wir fordern eine sofortige Rückkehr zum Präsenzunterricht. Die Schulschließungen haben viel zu lange gedauert. Wir haben Ihnen prophezeit, welche Kollateralschäden das geben wird. Sie werden nun sichtbar, und Sie, liebe FDP, erkennen nun alle miteinander, dass Ihre hochgelobte Digitalisierung den Präsenzunterricht eben nicht ersetzen konnte.
(Peter Heidt [FDP]: Das haben wir auch nie gesagt!)
Man kann auch vor dem Computer, im Internet sozial vereinsamen, und von psychischen Problemen erzählen uns die Ärzte ja genug.
(Beifall bei der AfD)
Drittens. Wir lehnen eine Impf- und eine Testpflicht ab. Und auch an dieser Stelle hat die Frau Ministerin – sie ist heute leider nicht da – das Richtige gesagt; sie hat sich auch dagegen ausgesprochen. Wir begrüßen das ausdrücklich. Keine Test- und Impfpflicht an den Schulen!
(Beifall bei der AfD)
Viertens. Wir brauchen eine massive Investition. Das könnten Sie ja längst machen. Reden Sie doch mit Ihren Kollegen in den Ländern. Wir brauchen eine Investition in Köpfe und auch in Räume. Wir haben zu große Klassen in zu beengten Räumen. Hier müssen wir dringend mehr tun, mehr Personal einstellen und auch die Gebäude endlich mal sanieren und auf einen menschenwürdigen Stand bringen.
Fünftens. Schließlich wollen wir Ihnen auch etwas nahelegen, das wir hier überhaupt noch nicht diskutiert haben. Die Pandemie hat gezeigt: Viele haben zu Hause Probleme gehabt, ja. Aber einige Kinder haben sogar mehr als in der Schule gelernt, wenn die Eltern Zeit hatten, sich zu kümmern. Wir müssen mal darüber nachdenken, wieso es in Frankreich, Kanada oder den USA erlaubt ist, mit guten Gründen Kinder zu Hause zu unterrichten. Bei uns werden Kinder und Eltern kriminalisiert, wenn sie aus guten Gründen ihre Kinder nicht in die Schule schicken wollen.
Herr Frömming.
Wir meinen, auch hier sollten wir aus den Erfahrungen der Pandemie lernen und mal über Konzepte des Hausunterrichts nachdenken.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. – Vielen Dank, Frau Präsidentin.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat die Kollegin Marja-Liisa Völlers für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7520175 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 228 |
Tagesordnungspunkt | Bildungsföderalismus, Bildungsgerechtigkeit |