Philipp AmthorCDU/CSU - Aktuelle Stunde – Schutz der Meinungsfreiheit
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Frau Cotar, die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Sie gibt Ihnen auch das Recht, hier ein Zerrbild der Gesellschaft zu zeichnen,
(Lachen bei der AfD)
und sie gibt Ihnen auch das Recht, Unvernünftiges zu behaupten. Aber sie gibt Gott sei Dank uns auch das Recht und die Pflicht, diesem Unsinn an vielen Stellen zu widersprechen. Es ist nicht Zensur, sondern Ausdruck einer vernünftigen Debattenkultur, wenn sich am Ende Argumente und Fakten durchsetzen und nicht Ihr Populismus.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN – Norbert Kleinwächter [AfD]: Dass andere Meinungen gelöscht werden, ist das Gegenteil von Demokratie!)
„Meinungsfreiheit schützen, Zensur verhindern – Debattenkultur bewahren“: Sie wollen hier wieder das Bild eines Landes zeichnen, in dem es keine Meinungsfreiheit gibt, in dem die Debatten- und Streitkultur bedroht sind. Und ausgerechnet Sie wollen sich inszenieren als die großen Retter der Meinungsfreiheit und der Debattenkultur.
(Peter Boehringer [AfD]: Natürlich! Wer sonst?)
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir sind uns doch eigentlich alle einig: Diese Rolle nimmt Ihnen doch jetzt wirklich niemand mehr ab.
So, wie Sie hier im Bundestag und in den Landesparlamenten auftreten, brauchen Sie uns gar keine Belehrung über Debattenkultur zu geben. Ich denke nur daran, mit wem Sie den Schulterschluss suchen – gerade in Zeiten der Coronapandemie –,
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Wir suchen den Schulterschluss mit dem Grundgesetz! Im Gegensatz zu Ihnen!)
an die Parolen, die Sie skandieren – immer wieder dieselben –, an Ihr Verhalten hier in den letzten Wochen. Sie lassen Störer hier ins Parlament, Sie delegitimieren diesen Ort der Debatte, und Sie tragen zu einer Verrohung des gesellschaftlichen Diskurses bei. Sie sind nicht die Retter der Meinungsfreiheit, sondern Sie träufeln Gift in den gesellschaftlichen Konsens hinsichtlich einer anständigen Debatte, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Das ist aber auch typisch. Wir sind in den letzten Sitzungswochen dieser Legislaturperiode, und, klar, für Sie beginnt jetzt der Wahlkampf. Die alten Parolen werden jetzt recycelt. Das ist ja auch klar, weil Sie zur Kenntnis nehmen müssen, dass bei Ihnen in den vier Jahren inhaltlich nicht viel rumgekommen ist – außer das Muster, dass Sie sich eben nicht auf Fakten berufen, das wir von Ihnen von Anfang an kennen.
Auch hier reden Sie davon, dass der Staat in die Meinungsfreiheit eingreifen würde. Ich frage Sie: Wo beschränkt denn der Staat durch staatliches Handeln die Meinungsfreiheit? Das ist doch absolut daneben.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: NetzDG!)
Wir müssen sehen: Die Meinungsfreiheit ist richtigerweise ein hohes Gut. Sie ist Nährboden für unsere Demokratie und deswegen durch Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz bewusst mit einem hohen Stellenwert grundgesetzlich geschützt.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Es wird gelöscht!)
Und ich sage Ihnen auch – das habe ich am Ausgangspunkt der Debatte schon einmal gesagt –: Natürlich schützt Artikel 5 nicht nur vernünftige Meinungen, sondern auch Unsinn, wenn man das möchte. Aber eines muss man deutlich sagen: Die Meinungsfreiheit gibt Ihnen nicht das Recht darauf, dass jede Meinung, die Sie äußern, auch unwidersprochen im Raume stehen bleibt.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Sie fordern: Zensur soll verhindert werden. – Wissen Sie, dafür braucht man in der Bundesrepublik Deutschland nicht die AfD. Auf diese gute Idee kamen auch die Mütter und Väter des Grundgesetzes schon. Lektüre hilft!
(Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])
Artikel 5 Absatz 1 Satz 3 des Grundgesetzes lautet: „Eine Zensur findet nicht statt.“ Genau diese Grundrechte berücksichtigen wir auch bei unserer Gesetzgebung. Nur weil Ihnen in Debatten widersprochen wird, heißt das nicht, dass deswegen die Meinungsfreiheit gefährdet ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Götz Frömming [AfD]: Widerspricht der Realität!)
Es geht darum – und das verkennen Sie –, dass die Meinungsfreiheit natürlich auch Grenzen hat, so wie alle anderen Grundrechte auch, nämlich in den Grundrechten der anderen, im Recht der persönlichen Ehre, das jedem zusteht, der an Diskussionen teilhat, und die Grenzen im Strafrecht. Dass Sie es damit nicht so ernst nehmen, zeigt sich auch an der Art und Weise, wie Sie sich mit Pöblern und Hetzern gemeinmachen. Das ist nicht unser Stil, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich will Ihnen, damit ein bisschen was Konstruktives vom letzten Tagesordnungspunkt trotz Ihres schlechten Aufschlages bleibt, immerhin sagen: Ja, es ist für uns eine Herausforderung, dass wir die Meinungsfreiheit natürlich nicht nur im Verhältnis zwischen Staat und Bürger sehen müssen, sondern auch im Verhältnis der Bürger untereinander.
Wie sieht es aus mit Diskurs- und Debattenräumen im Internet? Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das Sie hier pauschal kritisieren, schafft dafür einen Rahmen, aber nicht, weil wir Ihre Meinungen im Internet verbieten wollen, sondern weil wir fest davon überzeugt sind, dass Ehre, Persönlichkeitsrechte und der Anstand für Einzelne auch im Internet geschützt werden müssen, und in diesem Geiste debattieren wir über die Meinungsfreiheit, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ihre Beiträge sind nichts außer Populismus.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der AfD)
Das Wort hat der Kollege Konstantin Kuhle für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7520188 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 228 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde – Schutz der Meinungsfreiheit |