07.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 228 / Zusatzpunkt 27

Martin RabanusSPD - Aktuelle Stunde – Schutz der Meinungsfreiheit

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon ein besonderer Treppenwitz, dass ausgerechnet die AfD eine Aktuelle Stunde mit dem Titel „Meinungsfreiheit schützen, Zensur verhindern – Debattenkultur bewahren“ beantragt. Denn wenn Sie an das Redepult treten, dann treten Sie alles, was Ihnen nicht in Ihren kleinen ideologischen Vorgarten passt, mit Füßen. Das haben wir heute in beiden Redebeiträgen wieder eindrucksvoll erleben können. Sie beleidigen, Sie diffamieren, Sie unterstellen, Sie entwickeln vollkommen krude Kausalitätsketten und Begründungszusammenhänge. Das ist schon alles irre, wenn man sich das mal ansieht. Ich glaube, der beste Beitrag zur Bewahrung der Debattenkultur, den die AfD leisten könnte, wäre, einfach sitzen zu bleiben und solche Debatten nicht vom Zaun zu brechen.

(Martin Hess [AfD]: Das hätten Sie gerne, aber das wird nicht passieren!)

Wenn Sie von Meinungsfreiheit sprechen, dann meinen Sie natürlich nicht Meinungsfreiheit.

(Zuruf von der AfD: Nein! Sie meinen nur Ihre Meinung!)

Sie meinen, dass Sie unwidersprochen jeden Blödsinn erzählen können, den Sie erzählen wollen.

(Marianne Schieder [SPD]: Jeden Müll! – Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Müll! – Zuruf von der AfD: Das ist Artikel 5 des Grundgesetzes!)

Sie haben Meinungsfreiheit, aber dann kriegen Sie auch Meinungsfreiheit ab, indem Sie eine Reaktion auf das kriegen, was Sie sagen. Das ist dann nämlich auch Meinungsfreiheit.

Es gibt übrigens auch eine Mehrheitsmeinung – nicht nur in diesem Parlament, sondern in der Gesellschaft.

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Genau! – Zurufe von der AfD: Verfassungsrechtlich gibt es die nicht!)

– Das passt Ihnen nicht, dass Sie nur einen kleinen Teil dieser Bevölkerung repräsentieren,

(Martin Hess [AfD]: Einen immer größer werdenden!)

aber Fakt ist: Die Mehrheitsmeinung will Ihre populistischen, radikalen und beleidigenden Parolen einfach nicht haben.

(Zuruf von der AfD: Das ist verfassungsfeindlich, was Sie sagen!)

Das müssen Sie schlicht und ergreifend auch einmal akzeptieren. Die überwiegende Mehrheit dieser Bevölkerung will alles, aber keine Politik der AfD.

(Beifall der Abg. Marianne Schieder [SPD] und Helin Evrim Sommer [DIE LINKE])

Ich sage jetzt auch etwas zu der reichlich misslungenen Aktion der Filmschaffenden unter dem Hashtag #allesdichtmachen.

(Zuruf von der AfD: Wieso misslungen? – Zuruf der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE])

Ich habe das öffentlich bisher nicht kommentiert. Da bin ich bei dem Kollegen der FDP: Man kann das alles mit ein bisschen weniger Aufgeregtheit machen. Das ist ein bisschen die Abteilung: Jeder blamiert sich so gut, wie er kann.

(Jürgen Braun [AfD]: Das machen Sie super! Das machen Sie stark!)

Aber wenn diejenigen, die das machen, so machen, dann bekommen sie das Wort deswegen ja nicht abgeschnitten, und sie bekamen das Wort auch nicht abgeschnitten. Aber wer sich bewusst oder unbewusst einer gefährlichen rechtspopulistischen Erzählung annähert

(Zurufe von der AfD: Oh!)

und sich diese zunutze macht und sich da auch vor den Karren spannen lässt,

(Zuruf von der AfD: Widerliche Hetze!)

der muss dann auch mit der Meinungsfreiheit der anderen leben

(Martin Hess [AfD]: Cancel Culture ist keine Meinungsfreiheit!)

und ertragen, dass man das für gefährlichen Blödsinn hält. Das ist auch bei mir der Fall. Es ist auch so, dass ein großer Teil derjenigen, die zunächst mitgemacht haben, gemerkt hat,

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Von Ihrem Rundfunkrat sind Berufsverbote angedroht worden!)

dass sie sich auf dem falschen Pfad bewegt haben. Das ist übrigens keine Einschränkung von Meinungsfreiheit

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Martin Hess [AfD]: Natürlich! Wenn es das nicht ist, was denn dann, wenn man mit Berufsverbot droht?)

– hören Sie zu, dann werden Sie es erfahren –, sondern der Erkenntnisprozess bei denjenigen, die sich dort wieder zurückgezogen haben, ist aller Ehren wert. Denn die Wahrheit ist auch, dass dazu Mut gehört,

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Ja!)

weil Sie es dann sind, die sich mit Druck, Hass und Hetze über die hermachen, die sich von dieser Sache distanzieren.

(Martin Hess [AfD]: Das ist doch absolut lächerlich! Da wird mit Berufsverboten gedroht, und dann sind wir die, die das wollen! Das ist doch nicht mehr ernst zu nehmen, entschuldigen Sie! – Gegenruf der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Hören Sie doch einmal zu!)

Ja, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit sind in unserem Land unter Druck. Sie sind aber unter Druck von Hass und Hetze, von Anfeindungen durch Institutionen und von Einzelpersonen – auch das haben Sie gerade wieder bewiesen –, durch die sogenannten Querdenker, Populisten und Extremisten. Dagegen stellen wir Demokratinnen und Demokraten uns entschieden auf.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das ist schon eine Frechheit!)

Es ist auch richtig, dass es für den einen oder die andere, die sich durch menschenverachtende oder rassistische Äußerungen hervortun, Konsequenzen gibt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE] – Zuruf von der AfD)

Auch das ist richtig; denn das Wort ist – das ist schon gesagt worden – die Vorstufe zur Tat. Deswegen ist es wichtig, erst zu denken und dann zu reden.

Ich will aber auch sagen: Es gibt viele gute und positive Beispiele in der Gesellschaft. Lassen Sie mich eins aus dem Sport benennen; weil ich Hesse bin, sehen Sie es mir nach, dass ich auf die Frankfurter Eintracht

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Genau! Gute Mannschaft!)

und den Präsidenten Peter Fischer zurückkomme,

(Thomas Seitz [AfD]: Hervorragender Blockwart)

der 2017 bereits sagte – ich darf zitieren, mit Erlaubnis der Präsidentin –:

Es kann niemand bei uns Mitglied sein, der diese Partei wählt, in der es rassistische und menschenverachtende Tendenzen gibt … Der Sport muss auch ganz klar politisch sein und seine Stimme erheben gegen gesellschaftliche Fehlentwicklungen …

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Sehr gut! – Zurufe von der AfD)

Recht hat er!

(Beifall der Abg. Marianne Schieder [SPD] und Helin Evrim Sommer [DIE LINKE])

In dem Sinne wünsche ich der Eintracht alles Gute auf der Zielgeraden zur Champions League, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Dr. Götz Frömming [AfD]: Linienkonforme Sportler und Künstler wollen Sie!)

Das Wort hat Dr. Christoph Ploß für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7520195
Wahlperiode 19
Sitzung 228
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde – Schutz der Meinungsfreiheit
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