Susann RüthrichSPD - Situation von LSBTI
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Kind wird geboren, und auf die Frage „Was wird’s denn?“ stimmt weder die Antwort „Mädchen“ noch die Antwort „Junge“. Seit dieser Legislaturperiode kann nun passend als Geschlecht „divers“ eingetragen werden.
Die Vorstellung davon, wie ein Mensch zu sein hat, ist allerdings stark, und so wurden diese Kinder allzu oft operiert, um ihr Geschlecht an die Vorstellung von weiblich oder männlich anzupassen. In diesem Jahr haben wir hier per Gesetz klargestellt: Das Kind ist in Ordnung, so wie es ist. Geschlechtsanpassende Operationen sind verboten.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Das Kind soll selbst entscheiden können, wie es leben möchte. Wenn Kinder älter werden, sich ihre Persönlichkeit entwickelt, dann erkennen sich einige als schwul, lesbisch, bi oder trans.
(Enrico Komning [AfD]: Oder?)
Seit dieser Legislatur ist klargestellt: Alle vorgeblichen Therapien, die auf eine Konversion von Minderjährigen abzielen, sind traumatisierend. Sie sind nun verboten. Es gibt drei Beispiele, die von queeren Menschen handeln, die so in der Großen Anfrage der Grünen und in den Antworten der Bundesregierung aufgegriffen werden. Vielen Dank dafür.
Ist nun aber alles gut? Leider nein. Queere Menschen erleben leider immer noch viel zu oft diskriminierende Situationen, werden bedroht und müssen im Extremfall ihr Leben lassen. Wir unterstützen die Betroffenen sehr breit, sei es mit Empowerment in Projekten wie „Demokratie leben!“ oder anderen, sei es, indem wir Beratung finanzieren und unterstützen, indem wir selbstbestimmte Wohnformen fördern und, und, und. Wir stehen damit eindeutig an der Seite von Vielfalt und Selbstbestimmung.
Doch nicht nur gesellschaftliche Diskriminierung belastet queere Menschen und ihr Umfeld. Auch Gesetze wirken sich nach wie vor ungerecht aus. In den Antworten zur Großen Anfrage steht in solchen Fällen, der Meinungsbildungsprozess in der Regierung sei noch nicht abgeschlossen.
(Zuruf von der AfD)
Nun, für uns, den sozialdemokratischen Teil der Regierung, trifft das nicht zu. Wir sind klar für Selbstbestimmung und gegen Ungleichbehandlung.
(Beifall bei der SPD)
Zwei akute Beispiele: Ein Kind, das in eine Ehe oder Partnerschaft von zwei Frauen geboren wird, hat zunächst nur einen rechtlichen Elternteil: die Frau, die es auf die Welt gebracht hat. Die zweite Frau muss ihr Kind adoptieren. Für heterosexuelle Paare steht eindeutig fest: Es ist im Sinne des Kindes, dass der Gatte automatisch der rechtliche Elternteil ist, selbst dann, wenn eindeutig klar ist, dass er nicht der biologische Vater ist, beispielsweise weil das Kind durch eine Samenspende entstanden ist. Und bei Frauen soll das nicht gelten? Werte Koalitionspartner – zumindest mehrheitlich werte Koalitionspartner –, geben Sie sich einen Ruck. Lassen Sie uns umgehend das Abstimmungsrecht an dieser Stelle ändern, wenigstens an dieser.
(Beifall bei der SPD)
Sonst wird es in Bälde das Verfassungsgericht entscheiden.
Sie aus der Union sagten uns dazu öffentlich, wir würden Ideologie über Biologie stellen. Mit Verlaub, es ist wohl eher der ideologische Balken im eigenen Auge, der Sie hier handlungsunfähig macht; denn die Kinder in diesen Familien gibt es ja längst, und Sie sollten die Realitäten dieser Familien und Kinder endlich anerkennen.
(Beifall bei der SPD)
Ein zweiter Bereich: Transpersonen werden über den übriggebliebenen Rumpf des Transsexuellengesetzes weiter in belastender und ungerechtfertigter Weise behandelt. Alle unsere Versuche, mit dem Koalitionspartner zu einer guten Lösung im Sinne der Betroffenen zu kommen, sind gescheitert.
Das heißt allerdings nicht, dass wir die von FDP und Grünen vorgelegten Gesetzentwürfe inhaltlich vollumfänglich mittragen könnten; wenn wir Zeit hätten, würden wir uns schon einigen. Unsere Justizministerin Christine Lambrecht hat erneut einen Entwurf vorgelegt. Auch der wird in der Union leider bereits vor allen parlamentarischen Beratungen blockiert. So ist die Lage.
Wer hier also echte Veränderung will, der muss für andere Mehrheiten sorgen. Und so viel sei verraten: Grün und Schwarz, Gelb und Schwarz statt jetzt Rot und Schwarz bringt diese Veränderung nicht.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Rot und Schwarz hat es gebracht, oder was? Das ist ja irrational!)
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Danke. – Das Wort geht an die FDP-Fraktion mit Dr. Jens Brandenburg.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7522475 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 229 |
Tagesordnungspunkt | Situation von LSBTI |