Marc HenrichmannCDU/CSU - Situation von LSBTI
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich bedauere ausdrücklich, dass es nicht gelungen ist, hausintern bei BMI und BMJV einen gemeinsamen Vorschlag zu erarbeiten. Das BMI hat einen Vorschlag vorgelegt, der eine, wie ich finde, sehr, sehr gute Gesprächsgrundlage bietet.
(Lachen bei Abgeordneten der SPD)
Wir beraten jetzt stattdessen über zwei Anträge von FDP und Grünen, über die die „FAZ“ gestern schrieb, damit würden Kinder zum „Experimentierfeld der Pharmaindustrie und ideologischer Interessen“. Ob man es so sehen möchte, mag jeder selber entscheiden. Ich glaube aber, es ist wichtig, dass man auf Beratung und Begleitung nicht verzichtet.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es sagen uns alle Mediziner, die sich mit der Materie auskennen: Die Zahl der insbesondere jungen Frauen und Mädchen, die in den letzten zehn Jahren Beratung in Anspruch genommen haben, hat sich verfünfzigfacht. Der Beratungsbedarf ist also groß. Eine Studie aus Großbritannien besagt: Schnell wird dann mit Pubertätsblockern gearbeitet, die Pubertät unterdrückt. 98 Prozent der in diesem Fall jungen Frauen gehen dann den nächsten Schritt in Richtung Hormonbehandlung bzw. Operation. 90 Prozent allerdings, die sich nicht dafür entscheiden, so die Studie, geben diesen Wunsch spätestens mit Ende der Pubertät auf. Es mehren sich Berichte, wonach zu wenig begleitet, zu wenig hinterfragt wurde.
Bemerkenswert ist ein Urteil des High Courts in Großbritannien aus dem Dezember, wo eine Frau, die bei Eintritt in die Behandlung 16 Jahre alt war, geklagt hatte und sagte: Ich habe das Gefühl gehabt, ich könnte trans sein. – Nach drei Stunden, sagt sie in ihrer Klage, habe sie Pubertätsblocker verschrieben bekommen. Mit 18 sei die Amputation der Brüste vorgenommen worden. Heute sei sie weder glücklich noch zufrieden, und sie wünschte sich, sie wäre damals mehr begleitet und beraten worden.
(Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP]: Was hat denn das mit dem Gesetzentwurf zu tun? Da steht nichts zu Hormonbehandlungen!)
Selbstbestimmung ist kein schrankenloses Recht, genauso wie es kein Grundrecht ist. Der Staat hat eine Schutzfunktion, und die wollen wir ernst nehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Gericht hat bemerkenswerterweise auch festgestellt, dass Pubertätsblocker ein Medikament seien, mit denen es noch keine Langzeiterfahrungen gibt, und es sei ein Experiment an Kindern. Auch das sollte uns Warnung sein.
Der Staat hat auch ein Interesse an validen Geschlechtsmerkmalen, weil er Schutz und Förderung gestalten will, wahrnehmen will. So hat auch die Abgeordnete Maria Miller, die in Großbritannien das Selbstbestimmungsrecht vorangetrieben hat, erfahren müssen, dass ein Hauruckpersonenstands- oder ‑geschlechterwechsel durch eine kurze Meldung beim Standesamt, so wie es jetzt hier geplant ist, dazu führt, dass Männer plötzlich in Schutzräume für Frauen eindringen.
(Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP]: Das ist Unsinn!)
Und nicht umsonst sind es viele Frauenrechtsorganisationen, die sich in den letzten Wochen vermehrt zu Wort melden
(Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind keine Frauenrechtlerinnen, das sind Transfeinde!)
und sagen: „Wir haben Angst, wir haben Sorge, wir wollen das nicht“ – von Frauenförderung und Co ganz zu schweigen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Schweden hat den entsprechenden Gesetzentwurf zurückgezogen, in Großbritannien hat ihn das Parlament abgelehnt. Kritische Stimmen fürchten oder beklagen, dass sie ausgeblendet werden. Ich glaube, wenn man den „FAZ“-Artikel von gestern liest, weiß man: Es ist nicht nur die böse Union. – Es ist auch eine Transfrau, eine Sexualmedizinerin, Renate Försterling, die sich zu Wort meldet und sagt, „das Tempo für die Entscheidung zur Geschlechtsumwandlung“ werde forciert. Das macht ihr Angst.
(Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat nichts mit den Gesetzentwürfen zu tun! – Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP]: Das hat nichts mit den Gesetzentwürfen zu tun!)
Die „verantwortungslose Haltung“ bezüglich der sexuellen Autonomie würde sie an die Pädophiliedebatte erinnern.
Kommen Sie bitte zum Ende.
Ob das der richtige Tonfall ist, weiß ich nicht.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt sind Sie in der untersten Schublade angekommen! Unterste Schublade!)
Beratung und Begleitung sind uns wichtig. Wir wollen gesellschaftlich zusammenführen, nicht spalten. Unser Ohr ist offen. Wir reden gerne weiter,
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber wollen wir nicht mit Ihnen reden!)
aber nicht für den Preis, dass Kinder Opfer dieser Ideologie werden.
Herr Kollege.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An den Menschenrechten vorbeiargumentiert! – Weiterer Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Thema verfehlt!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7522478 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 229 |
Tagesordnungspunkt | Situation von LSBTI |