19.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 229 / Tagesordnungspunkt 7

Johann WadephulCDU/CSU - Bundeswehreinsatz EUTM Mali

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Derzeit sind alle Augen auf den Nahen Osten gerichtet, nicht zuletzt auch vor wenigen Stunden hier im Hohen Haus – in der Hoffnung, dass dort zeitnah ein haltbarer Frieden naht.

Gleichzeitig blicken wir – das Stichwort ist schon gefallen – angespannt nach Afghanistan. Dort gilt es, den schwierigen Abzug der westlichen Truppen, auch der Bundeswehr, zu bewerkstelligen, ohne gleichzeitig die afghanische Regierung zu schwächen. Es gibt ein Zeitfenster, wann wir unsere Soldatinnen und Soldaten nach fast 20 Jahren dankbar zurückerwarten können.

Eine der größten sicherheitspolitischen Herausforderungen für uns in ganz Europa bleibt aber die Lage in der Sahelzone. Wir müssen ganz nüchtern erkennen, dass dies wohl auf eine unbestimmte Zeit so bleibt. Denn die Lage ist dort fragil, und sie kann jederzeit kippen. Es geht für uns Europäer dort um viel: Es geht um die Destabilisierung einer ganzen Region. Es droht die Gefahr einer humanitären Katastrophe, wenn man den Sahel den Terror- und Verbrechensbanden überlässt. Schlussendlich geht es um ein zentrales europäisches Interesse: unsere Sicherheit. Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht es auch um die Verantwortung, das Engagement und die Verlässlichkeit Deutschlands.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es wurde viel über die Details des Mandats gesprochen: Mandatsobergrenzen, die politische Beschaffenheit unserer Partner vor Ort. Mit dem Abzug aus Afghanistan und mit der verschlechterten Lage in der Sahelregion rückt unser Engagement dort noch mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit – und das zu Recht. Unsere Partner in Europa und im Sahel schauen, wie wir über diese Mandate diskutieren, allen voran unser Partner Frankreich.

Frankreich hat früher als andere europäische Partner verstanden, was in der Region auf dem Spiel steht. Es hat im Frühjahr 2013 beherzt interveniert. Frankreich hat im Kampf gegen den Terror viel gegeben und blutige Verluste erlitten, auch noch in jüngster Zeit. Heute stehen viele Partner an der Seite Frankreichs. Da darf gerade und vor allem Deutschland nicht fehlen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Mit Blick auf die Bundestagswahl wollen wir darum sehr bewusst ein Signal der Kontinuität unserer Sicherheitspolitik setzen. Wir wollen mit Kontinuität, Augenmaß und Verlässlichkeit weiter im Sahel agieren. Dabei muss uns klar sein: Einfache, schnell wirksame Lösungen gibt es nicht und – der Kollege Matschie hat das beschrieben – rein militärische natürlich auch nicht; das ist vollkommen klar.

Wir brauchen einen umfassenden Einsatz. Wir müssen Unterstützung bei der Regierungsbildung, bei Good Governance leisten. Wir müssen entwicklungspolitisch sehr viel leisten. Wir müssen durchsetzen, dort Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit zu ermöglichen. Aber ohne unsere militärische Hilfe – Herr Kollege Otten, das muss man ganz klar sagen – sind die Staaten der Sahelzone hilflos Terrorbanden ausgeliefert. Deswegen ist Hilfe an dieser Stelle ein Beitrag zur Humanität in dieser Region, zu unseren Sicherheitsinteressen und ein Beitrag zur Menschlichkeit. Deswegen ist der Einsatz gerechtfertigt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die CDU/CSU-Fraktion ist bei MINUSMA und EUTM Mali immer einen klaren Kurs gefahren: einen Kurs der Verlässlichkeit, der Verantwortung und der europäischen Solidarität und dezidiert auch der deutsch-französischen Schicksalsgemeinschaft.

Wir haben immer einen Blick auf die Realitäten gehabt. Das war oft ernüchternd, bleibt es auch heute. Doch es gibt keine perfekten Bedingungen für unser Engagement. Und wären sie da, dann bräuchte es eben auch keinen militärischen Einsatz. Die Welt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist kein völkerrechtliches Proseminar. Sie ist voller Unzulänglichkeiten. Wer das nicht akzeptiert, verharrt schlimmstenfalls im Nichtstun.

Doch es gilt das, was die heutige Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen 2014 auf der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt hat: Nichtstun ist keine Option. – Das wäre höchstens Ausdruck politischer Naivität und Traumtänzerei.

Deswegen empfehle ich allen Kolleginnen und Kollegen der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen und auch Ihrer Parteivorsitzenden, sich heute der Realität zu stellen. Sie haben in dem vergangenen Jahr dem Mandat nicht zugestimmt. Sie haben damit ein deutliches Zeichen der Unsolidarität in Europa gesetzt. Man kann, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht Europa predigen und es dann Ländern wie Estland, Schweden und Frankreich überlassen, die schwierige militärische Arbeit vor Ort zu verrichten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist etwas unterkomplex!)

Man kann nicht mit dem Interesse Macrons an den deutschen Grünen kokettieren und Frankreich dann im Stich lassen. Spätestens dann, wenn Sie sich der Regierungsarbeit konkret nähern sollten, in welcher Funktion auch immer in der nächsten Regierung: In einem Jahr werden Sie konkret vor der Frage stehen, ob Sie an der Seite Frankreichs stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das sollten Sie vor der Wahl zeigen. Man kann nicht mit dem Kanzleramt liebäugeln und sich der Realität zugunsten vermeintlich moralischer Reinheit verweigern.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Statt sich in den gravierenden innenpolitischen Problemen von Tschad und Mali zu suhlen, die es in der Tat gibt und die wir nicht beschönigen, sollten Sie sich lieber der Verantwortung stellen und diesmal dem Mandat zustimmen. Enthalten ist Nichtstun, und mit Nichtstun löst man keine Probleme, vor allem nicht in der Sahelzone.

Hier braucht es auch das Engagement der Bundeswehr, Seite an Seite mit den regionalen und europäischen Partnern. Deswegen wird die CDU/CSU-Fraktion zustimmen. Ich bitte auch Sie um Zustimmung zu diesem Mandat.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Und in zehn Jahren erzählen Sie dann unseren Nachfolgern, warum es auch wieder nicht hingehauen hat!)

Vielen Dank. – Bevor ich das Wort an den nächsten Redner gebe, möchte ich darauf aufmerksam machen – ich komme damit zurück zum Tagesordnungspunkt 6 –, dass die Abstimmungen in circa neun Minuten beendet sein werden, und bitte alle diejenigen, die noch nicht abgestimmt haben, ihre Stimmen abzugeben.

Wir gehen wieder zum Tagesordnungspunkt 7, und Dr. Marcus Faber von der FDP-Fraktion hat das Wort.

(Beifall bei der FDP)

Personen

Dokumente

Automatisch erkannte Entitäten beta

Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7522488
Wahlperiode 19
Sitzung 229
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz EUTM Mali
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta