20.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 230 / Tagesordnungspunkt 11

Otto FrickeFDP - Europäischer Stabilitätsmechanismus

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Geschätzter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Drei Minuten für so wesentliche Umbauten, drei Minuten für so wesentliche Entscheidungen und für die Frage – das muss man hier einmal ganz ehrlich hervorheben –, wie wir in Europa mit der Erkenntnis umgehen, dass Europa ein stabiles Finanz- und Wirtschaftssystem braucht, sind viel zu wenig. Es entspricht nicht dem, was wir heute hier an Verantwortung übernehmen. Das will ich für meine Fraktion ausdrücklich festhalten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD – Zuruf des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])

Wenn Sie das auch so sehen, dann können Sie ja sagen: Dann machen wir zusätzliche Sitzungswochen. – Meine Fraktion weiß ganz genau, dass wir Abgeordnete auch im Juli und August als Fraktion und als Parlament tagen können. Dann machen Sie das; dann werden Sie Ihren Aufgaben und Ihrer Verpflichtung gerecht. Dann lassen Sie uns länger über solch wichtige Dinge reden als nur drei Minuten.

(Beifall bei der FDP)

Aber gleichzeitig ist doch klar, dass es bei dem, was wir hier machen – der Bundesfinanzminister hat das an dieser Stelle deutlich gesagt –, um eine wesentliche Veränderung geht. Man hat lange gerungen und diskutiert. Aber es scheint mal wieder so unwesentlich zu sein, dass man mal eben so – klein, schnell – in einer Nichtsitzungswoche eine Anhörung macht; ich bin trotzdem dankbar, dass wir es grundsätzlich tun.

(Dennis Rohde [SPD]: Kommt noch was zur Sache?)

Aber der ESM, über den wir hier reden, ist dann kein Rettungsschirm mehr. Das ist ein Messezelt. Wir bauen beim ESM ganz wesentlich um. Man kann dafür, man kann dagegen sein, man kann sich enthalten. Aber wir müssen erkennen: Es ist ein wesentlicher Umbau.

Ich sage deutlich in Richtung Bundesregierung und in Richtung Koalition: Wenn es wirklich wesentlich ist, dann beziehen Sie auch die Opposition mit ein und sagen: Das ist so wesentlich, wir brauchen da eine Zweidrittelmehrheit.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Genau!)

Denn solch wesentliche Reformen, die dauerhaft die Strukturen Europas verändern, mal eben so ohne die notwendigen Änderungen, die verfassungsrechtlich eigentlich geboten wären, zu beschließen, ist europäisch jedenfalls unverantwortlich.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, zur Letztabsicherung der Banken will ich deutlich sagen: Warum jetzt? Warum ziehen wir sie zwei Jahre vor? Wir haben immer noch massenhaft faule Kredite. Warum ziehen wir die bisherigen Lösungsmechanismen auf die europäische Ebene in die Haftung des ESM, grob in einem Volumen von bis zu 68 Milliarden Euro? Zur Frage, wann die Banken das zahlen, Kollege Uhl, ist anzumerken, dass wir sehen müssen, wann das überhaupt aufgefüllt ist.

(Christian Petry [SPD]: Bisher hat es geklappt!)

Und dann, Herr Minister: Sind Sie sicher, dass die Unabwägbarkeiten des Finanzmarktes während Corona und nach Corona in den Bankbilanzen schon so abgesichert sind, dass wir den ESM hierfür wirklich zur Verfügung stellen können? Auch da: erhebliche Bedenken. – Kommen dann noch die Äußerungen des Haushaltskommissars zu der Frage der 60-Prozent-Grenze dazu, dann, muss ich sagen, ist das ein viel zu großes Risiko, dass man das hier mal eben so durchwinkt.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Wilhelm von Gottberg [AfD])

Meine Damen und Herren, es gibt auch Dinge, die die FDP ausdrücklich unterstützt: Die Frage des vereinfachten Gläubigerverfahrens, die Single-Limb Collective Action Clauses, wird von meiner Fraktion ausdrücklich unterstützt; denn dieses Verfahren muss pragmatischer, schneller und klarer werden, damit deutlich ist, wo Gläubiger, wo Schuldner, wo Verluste sind und wer welchen Anteil zu tragen hat.

Und schließlich: Ich hoffe, dass wir am 31. Mai in der Anhörung, wenn wir die – mit Shakespeares Worten aus „König Lear“, dritter Akt, vierte Szene – „kundigen Thebaner“ hören, noch Erkenntnisse gewinnen sowohl von den Sachverständigen als auch – das sage ich nochmals ausdrücklich für meine Fraktion – von der Koalition, wie wir verantwortungsvoll mit dieser großen Aufgabe, dieser großen Reform umgehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Wilhelm von Gottberg [AfD] – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Gefühlt waren das mehr als drei Minuten!)

Jetzt erteile ich das Wort der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch, Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7522511
Wahlperiode 19
Sitzung 230
Tagesordnungspunkt Europäischer Stabilitätsmechanismus
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