Frank JungeSPD - Tourismuswirtschaft
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst vorausschicken, dass gerade die Unternehmen im Mittelstand, die den Tourismus in unserer Republik aufrechterhalten, unser aller Respekt verdient haben. Wir als Bundesregierung und als Koalition haben eine ganze Menge auf den Weg gebracht, um ihnen zu helfen. Das scheint in der Debatte so ein bisschen aus dem Blick zu geraten. Wir haben Umsatzeinbrüche ausgeglichen. Wir haben Fixkostenerstattungen vorgenommen. Wir haben eine Mehrwertsteuerabsenkung vorgenommen. Das alles hilft der Branche in einer Zeit, in der sie es dringend braucht.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Klaus-Peter Schulze [CDU/CSU])
Lieber Marcel Klinge, ich wünschte mir ein Stück weit mehr sozialdemokratische Gedankenweise bei euch in der Fraktion; denn dann würdet ihr natürlich zu Recht nicht die Unternehmen obenanstellen, sondern ihr würdet sie auf die gleiche Ebene heben wie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer;
(Dr. Marcel Klinge [FDP]: Wir haben mehrfach über die Arbeitnehmer gesprochen!)
denn ohne die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wäre dieses Zusammenspiel überhaupt nicht möglich.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es ist insbesondere unserer Fraktion und Olaf Scholz zu verdanken, dass wir mit dem Kurzarbeitergeld, mit den Investitionen in Qualifikation und Ausbildung eine ganze Menge für die Tourismusbranche geleistet haben.
Ich will noch einmal hervorheben: Wenn wir über die Bundesnotbremse reden, dann reden wir über ein Instrument, das wirkt. Seit der Einführung sind die Inzidenzwerte um fast 100 Punkte gefallen. Das zeigt, dass das den Menschen zugutekommt, der Wirtschaft, der Gastronomie und dem Tourismus.
(Roman Müller-Böhm [FDP]: Das können Sie doch nicht ernst meinen!)
Hier sage ich noch einmal: Herr Müller-Böhm, dass Sie sich dieser Maßnahme komplett enthalten haben. Sie haben dagegengestimmt und damit einen Katalog an Maßnahmen abgelehnt, der am Ende dazu führt, dass wir in der Gesellschaft bessere Voraussetzungen haben, die auch die Wirtschaft braucht, um am Ende voranzukommen und entsprechend Lockerungen zu erfahren.
(Beifall des Abg. Thomas Jurk [SPD] – Roman Müller-Böhm [FDP]: Das Impfen bringt weiter, nicht die Ausgangssperre!)
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder ‑bemerkung von Herrn Hoffmann, FDP?
Bitte, gerne.
Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ihre Redner von der SPD haben auch an die Vernunft und Sicherheit appelliert. Aber ich empfinde da eine gewisse Wahrnehmungsstörung. Sie können das nicht empfinden, weil Sie vielleicht ein bisschen weiter weg von der Schweizer Grenze wohnen.
Wenn Sie ein touristisches Reisebüro in Südbaden haben, dann kommen Ihnen Tränen in die Augen; denn in der Schweiz konnten Sie immer verreisen, zum Beispiel in Risikogebiete wie Ägypten. Die Reisen konnten jederzeit verkauft werden; gar kein Problem. Das war in Deutschland nicht möglich. In der Schweiz haben auch alle Skilifte aufgehabt; die Hotels waren immer auf. Als die Bundesnotbremse, die Sie gerade gelobt haben, in Kraft getreten ist, hat die Schweiz alles aufgemacht. Wenn Sie jetzt die Inzidenzverläufe von beiden Staaten vergleichen, sehen Sie, dass sie genau dieselben sind. Finden Sie hier einen Fehler?
Herr Kollege.
Herr Hoffmann, ich will Ihnen entgegnen, dass die Maßnahmen, die wir zur Bekämpfung der Coronapandemie auf die Beine gestellt haben, aus meiner Sicht genau die richtigen sind. Ich halte es auch für klug, dass wir stets an den gleichen Parametern zur Beurteilung der Lage festgehalten haben.
(Stephan Brandner [AfD]: Stets?)
Wenn wir feststellen, dass nach Beschluss der Bundesnotbremse am 25. April der Inzidenzwert bei uns in der Republik bei 166 gelegen hat, dann muss man realisieren, dass wir bis heute die Inzidenz auf 68 senken konnten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Selbst wenn man unter dem Gesichtspunkt so argumentiert wie Sie, ist doch deutlich, dass sich die Absenkung des Inzidenzwertes auf irgendetwas zurückführen lassen muss, und das ist aus meiner Sicht die Bundesnotbremse.
(Beifall bei der SPD)
Ich fahre in meiner Rede fort. Ich will zur Widersprüchlichkeit Ihres Antrags, lieber Marcel Klinge, anführen – Sie halten ja auch die freiheitlichen Rechte der Bürgerinnen und Bürger immer so weit hoch –,
(Dr. Marcel Klinge [FDP]: Zu Recht!)
dass wir am 6. Mai hier im Deutschen Bundestag alle die Möglichkeit hatten, darüber zu entscheiden, dass Geimpfte und Genesene von den Einschränkungen im Rahmen der Coronamaßnahmen ausgenommen werden können. Wir haben das beschlossen, weil wir sehen, dass wir ihnen damit ihre eingeschränkten Rechte zurückgeben. Wir haben an dieser Stelle natürlich auch die Wirtschaft im Blick, weil sich damit auch Perspektiven für die Marktteilnehmer bieten. Hier frage ich mich, warum Sie, wenn Ihnen das so wichtig ist, dort Ihre Stimme verwehrt haben.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ich will zu anderen Widersprüchlichkeiten in Ihrem Antrag gar nichts sagen, weil mir da ein Stück weit die Zeit davonläuft. Ich möchte aber noch auf einen Zusammenhang hinweisen, der hier nach meinem Dafürhalten viel zu kurz gekommen ist: Wir alle sind uns doch darüber im Klaren – hoffentlich –, dass wir über eine verlässliche und vor allen Dingen dauerhafte Rückkehr zur Normalität nur dann reden können, wenn wir die Inzidenzwerte in allen Bereichen unserer Gesellschaft dauerhaft zurückfahren können. Das liegt doch als Erkenntnis klar auf dem Tisch.
Vor diesem Hintergrund kann es aus meiner Sicht nur darum gehen, dass wir mit aller Macht und mit aller Kraft, die wir haben, die Impfkampagne, die jetzt in den Ländern angelaufen ist und gut läuft, aufrechterhalten. Daher möchte ich Jens Spahn darum bitten, dass er alles Mögliche dafür tut, genügend Impfstoff bereitzustellen, damit wir mit einer hohen Durchimpfungsrate genau die Fortschritte erreichen, um am Ende wirklich zu verlässlichen und dauerhaften Lockerungen zu kommen.
Einen letzten Hinweis möchte ich geben. Ich glaube, gerade für die Tourismusbranche – das wurde hier schon angesprochen – ist ein fälschungssicherer digitaler Impfausweis von höchster Not.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Hier fordere ich Jens Spahn auch auf, noch bevor wir eine europaweite Möglichkeit der digitalen Erfassung des Impfstatus haben, in Deutschland eine fälschungssichere Möglichkeit einzuführen. Das hilft der Tourismusbranche, das hilft dem Einzelhandel, und vor allen Dingen ist es so, dass es die Ordnungsämter in den Kommunen entlastet, weil die sonst mit der Überprüfung alleingelassen werden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Frank Junge. – Der letzte Redner in dieser Debatte: Michael Donth für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7522731 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 230 |
Tagesordnungspunkt | Tourismuswirtschaft |