Carsten TrägerSPD - Natur- und Klimaschutz
Sehr geehrter Herr Präsident! Ich erspare Ihnen gerne weitere Kommentare zur Rede von Herrn Hilse. Was Sie für einer sind, Herr Hilse, das haben Sie ja schon ausführlich zu Protokoll gegeben: am rechten Rand des Flügels, Leugner von Klimawandel, von Artensterben, von Corona, von was weiß ich noch alles. Also, Sie ignorieren wir nicht mal.
Ich danke den Grünen, dass sie heute zum Weltbienentag dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben. Ich teile die Analyse in Ihrem Antrag, in weiten Teilen sogar komplett. Dass es einen engen Zusammenhang gibt zwischen Artensterben und Klimawandel, zwischen Naturschutz und Klimaschutz, ist offensichtlich, ist richtig und muss uns Antrieb sein, kraftvoll zu handeln. Auf der einen Seite wissen wir: Wälder und Moore sind wichtige CO2-Senken im Kampf gegen den Klimawandel. Auf der anderen Seite: Der Klimawandel an sich bedroht unsere natürlichen Lebensräume und den Raum für Erholung und für Wohlbefinden vieler Menschen in unserem Land. Sie führen viele weitere Dinge aus, die ich insoweit unterstützen kann.
Ich möchte die Diskussion sogar noch um den Aspekt Gesundheit weiten. Denn die stattfindende Coronapandemie zeigt uns einmal mehr – und drastischer geht es wohl nicht –, wie schlimm es ist, dass die Natur immer weiter zurückgedrängt wird. Wilde Arten suchen ja nicht den Kontakt zu Menschen. Aber wenn wir ihre Lebensräume zerstören, wenn wir diese Lebensräume immer enger gestalten, dann kommt es eben zum Überspringen von Zoonosen. Einige der schlimmsten Seuchen der Menschheitsgeschichte neben Corona sind auf diesen Effekt zurückzuführen.
Ich teile aber nicht mehr den Weg, den Sie gehen wollen, mit finanziellen Mitteln alle Probleme zu lösen, zumindest nicht, wenn es darum geht, dass wir die ärmeren Bevölkerungsschichten damit in Bedrängnis bringen. Da sage ich Ihnen: Das sind nicht die Menschen, die einen großen ökologischen Fußabdruck hinterlassen. Sie heizen kleinere Wohnungen, sie fahren kleinere Autos, und sie sind übrigens auch nicht privat krankenversichert.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das mit dem Antrag zu tun?)
– Wenn Sie sagen, Sie wollen über den EKF alles finanzieren, dann müssen Sie natürlich auch sagen, dass der EKF zu einem wichtigen Teil über den CO2-Preis gespeist wird.
(Andreas Bleck [AfD]: Das ist das richtige Stichwort!)
Wenn Sie an anderer Stelle sagen, Sie wollen den CO2-Preis auf 60 Euro pro Tonne anheben, dann müssen Sie auch dazusagen, dass das so ungefähr 30 Cent mehr auf den Liter Benzin bedeutet.
(Zurufe des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Da sage ich Ihnen: Solange Alternativen nicht möglich sind, solange es die Alternativen nicht gibt, solange es keine billigen E-Autos gibt, solange der Umstieg auf die Deutsche Bahn oder auf den öffentlichen Nahverkehr eben nicht so ohne Weiteres möglich ist, werde ich nicht mitgehen, und da wird meine Partei nicht mitgehen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie verwechseln die beiden CO2-Preise!)
Wir stehen zu den Vereinbarungen, die wir letztes Jahr hier alle gemeinsam getroffen haben, und im Bundesrat auch die Grünen. Aber zusätzliche Mittel einfach mal so in einem Überbietungswettbewerb zwischen dem Ministerpräsidenten Söder und den Grünen zu generieren, so geht es nicht.
(Beifall bei der SPD – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben einfach keine Ahnung! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich gebe Ihnen wiederum recht: Wir müssen mehr tun.
(Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?
Ich habe ja gerade erst angefangen. Gerne später, aber jetzt nicht.
(Zuruf des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir müssen mehr tun für den Naturschutz. Ich bin dabei, dass das eine wichtige Maßnahme ist, auch um den Klimawandel zurückzudrängen. Aber ich sage Ihnen: Wichtiger wäre jetzt erst mal, all die bestehenden Instrumente, die es gibt, den Wildnisfonds, das Auenprogramm, das Blaue Band, richtig auszustatten. Wir können da über Finanzen sprechen, wir müssen aber auch über Personal sprechen. Wir wissen doch, wie es in den unteren Naturschutzbehörden ausschaut, und wir wissen, wie lange Genehmigungsverfahren dauern. Das sind alles wichtige Punkte, die wir in den Blick nehmen müssen.
Wir müssen natürlich auch klare Orientierung geben für die Beamtinnen und Beamten und übrigens auch für die Bevölkerung. Da, liebe Kolleginnen vom Koalitionspartner, kann ich Ihnen nicht ersparen, zu sagen: Wir sprechen in diesen Tagen und sogar schon seit vielen Monaten und Jahren über das angesprochene Insektenschutzgesetz. Da ist Biotopschutz drin, da ist Lichtverschmutzung drin, da ist das Nationale Naturerbe drin, da ist das Projekt „Natur auf Zeit“ drin.
(Andreas Bleck [AfD]: Bauerninteressen!)
– Nein, Bauerninteressen sind beim Insektenschutzgesetz eben nicht berührt, sondern es geht ausschließlich um die Bereiche, die die Landwirtschaft nicht betreffen.
(Lachen des Abg. Andreas Bleck [AfD])
– Sie müssen natürlich schon auch die Materie studieren, Kollege Bleck.
(Andreas Bleck [AfD]: Ja, das tun offensichtlich Sie nicht!)
Also: Das ist ausverhandelt. Wir haben uns darauf geeinigt. Es gibt die Unterstützung des Landwirtschaftsministeriums, das ich ja an dieser Stelle schon oft kritisiert habe. Es gibt natürlich die Unterstützung des Umweltministeriums – danke auch an Svenja Schulze, dass sie bei dieser Thematik den Elan nicht verliert. Es gibt die Unterstützung des Bundeskanzleramts und, und, und. Ich kann nur an die entsprechenden Kräfte in der Union appellieren, dass wir nun dieses Gesetz endlich über die Ziellinie schieben. Wir sind nicht auf der Zielgeraden; wir sind auf der Ziellinie.
(Beifall bei der SPD)
Genau, Herr Kollege. Kommen Sie freundlicherweise zum Schluss.
Sehr gern, Herr Präsident. – Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7522768 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 230 |
Tagesordnungspunkt | Natur- und Klimaschutz |