20.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 230 / Tagesordnungspunkt 14, Zusatzpunkt 10

Rainer SpieringSPD - GAP-Direktzahlungen

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Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin!

„Spätestens in sieben Jahren geht es um eine grundlegende Neugestaltung.“ Die Flächenprämien werde es dann so nicht mehr geben. Bereits in der nächsten Legislaturperiode werde man auf die Weiterentwicklung der GAP in Richtung Green Deal und noch stärkerer Honorierung der Umweltleistungen hinarbeiten müssen.

Das Zitat ist von Frau Agrarministerin Ursula Heinen-Esser, und es ist wahr.

Frau Ministerin, ich habe mich ja über Ihre Rede gefreut; das will ich nicht verhehlen. Sie war folkloristisch, sie war ausgesprochen fröhlich, sie war blumig. Aber wenn Sie dieselbe Rede vor einem Jahr gehalten hätten, wäre ich Ihnen tief dankbar gewesen.

(Zuruf von der FDP: Da klatschen nicht mal die eigenen Leute!)

– Ja, da klatschen nicht mal die eigenen Leute.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Es geht jetzt um folgende Frage: Wie sieht die Zukunftspolitik der Landwirtschaft in Deutschland aus? Das hat Frau Heinen-Esser gut beschrieben, nämlich mit dem Prinzip der Gemeinwohlorientierung: Wir müssen weg von dem, was besprochen worden ist – der Flächenbelohnung –, hin zu der Belohnung von Tätigkeit im ökologischen, im sozialen und im ökonomischen Bereich.

(Beifall bei der SPD)

Wir fordern schon seit Jahren ein System, das die Leistung belohnt und keinen reinen Besitz von Fläche. Wir fordern deswegen einen kompletten Wandel des Fördersystems. Öffentliches Geld muss für öffentliche Leistungen ausgegeben werden. Die Steuergelder – um die geht es – sollten für Umwelt, Natur, Klima, Tierschutz und ländliche Entwicklung ausgegeben werden, und dort sind sie auch richtig angebracht.

(Beifall bei der SPD)

Frau Ministerin, mein Dank geht nicht so sehr an die Bundesregierung. Mein Dank geht an die zweite Kammer. Ich finde, dort ist Erstaunliches geleistet worden: In einer ausgesprochenen Nachtsitzung haben sich die Agrarminister, und zwar – das ist an dieser Stelle interessant – über alle Parteigrenzen hinweg – außer, Gott sei Dank, mit der AfD –, darauf verständigt, diesen Weg zu gehen. Es ist ein Lösungsansatz entstanden, mit dem alle gut umgehen können. Dann muss man auch neidlos anerkennen, dass durchaus der Druck der Grünen dafür gesorgt hat, dass es zu diesem Paket gekommen ist. Ich will aber auch in eigener Sache etwas hinzufügen – vielleicht nimmt man mir das nicht allzu übel –: Moderiert worden ist das von Till Backhaus, dem dienstältesten Agrarminister. Ich schließe in das Lob auch noch mit ein: Herzlichen Dank an Till Backhaus, dass er diese Moderation übernommen hat!

(Beifall bei der SPD)

Wir führen ein Budget für Ökoregelungen in Höhe von 25 Prozent der Direktzahlungen ein. Wir erhöhen den Anteil der umgeschichteten Fördermittel von der ersten in die zweite Säule, wo wir letztes Jahr noch um 0,5 Prozent gestritten haben – um 0,5 Prozent! –, im Laufe der nächsten sieben Jahre auf 15 Prozent. Ich finde, das ist wirklich eine starke Leistung und wird dem Ökosystem Deutschlands nachhaltig helfen.

(Beifall bei der SPD)

Die Weidetierprämie, die ja von Kolleginnen und Kollegen einer bestimmten Partei hier wirklich vehement bestritten worden ist und wo in den letzten dreieinhalb Jahren nun wirklich überhaupt kein Fortkommen war, die gibt es jetzt. Zwar handelt es sich um eine gekoppelte Zahlung – das ist ja auch als Teufelswerk beschrieben worden –, aber wir bekommen sie. Über die Weidetierprämie bekommen wir auch die Honorierung gerade von kleineren Betrieben. Das Halten von Muttertieren wird honoriert, wofür 2 Prozent der Direktzahlungen vorgesehen sind. Das entspricht einer Summe von 85 Millionen Euro und ist, finde ich, auch eine ausgesprochen gute Leistung.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben jetzt den Einstieg in den Ausstieg aus den Flächenprämien, und der ist unwiderruflich, wie Frau Heinen-Esser das auch zu Recht beschrieben hat. Die nächste Förderkulisse wird – hoffentlich – Fläche nicht mehr honorieren. Die nächste Förderkulisse wird – hoffentlich – soziologischen, ökologischen und ökonomischen Fortschritt in der Landwirtschaft in ihrer Vielfältigkeit belohnen. Das ist meine große Hoffnung und die meiner Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Entscheidend ist – darüber haben wir gerade gestern in einer Fachleutekonferenz gesprochen; das sollte man nicht verhehlen –: Wie kommt dieses Belohnungssystem eigentlich zu den Bäuerinnen und Bauern? Wenn man sich das System vor Augen führt, dann kann man sich vorstellen, dass das einen unfassbaren Blätterwald bedeutet, an dem man vermutlich verzweifeln kann. Aber wir haben mittlerweile Systeme – auch aufgebaut über die InVeKoS, über Satellitentechnik, über Drohnentechnik und über ein vernünftiges Interface für den Landwirt –, um per Computer die Anträge stellen zu können.

Es wird keinen sonderlich überraschen, Artur Auernhammer schon lange nicht: Das zentrale Handwerkszeug, um gerade auch die Herausforderungen der GAP bewältigen zu können, ist natürlich die Digitalisierung.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Das, Frau Ministerin, ist nicht Ihre Aufgabe. Aber wir haben einen Verkehrsminister, der für das digitale freie Fahren in Deutschland zuständig ist. Damit unsere Landwirtinnen und Landwirte ihre Nachrichten übermitteln können, brauchen wir Investitionen in die digitale Infrastruktur,

(Beifall des Abg. Stephan Protschka [AfD])

entsprechend dem Motto „Mehr Geld, schneller Geld, effizienter Geld“. Ich bitte Sie, im letzten halben Jahr dieser Legislaturperiode Herrn Scheuer davon zu überzeugen, dass es gut angelegtes Geld ist.

(Beifall bei der SPD – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Wann tritt denn der zurück?)

Zu der IT selber. Ich muss feststellen, dass wir besser geworden sind. Ich hätte die Entwicklungen in den letzten dreieinhalb Jahren nicht für möglich gehalten. Ich finde, dass wir dort wirklich gut geworden sind, aber noch nicht gut genug.

Wir müssen so gut sein, dass ein Landwirt am Abend seiner Entscheidung, die er ja planen muss, dazu in der Lage ist, per Interface den Antrag zu stellen. Dieser muss übermittelt werden mit den vorliegenden Bodenwerten, mit den vorliegenden Daten, welche Frucht er aufbringen wird, und mit der Berechnung, welche CO2-Fracht und welche Endfracht er haben wird und, und, und. Der Landwirt muss dazu in der Lage sein, den Antrag zu stellen, und er muss dann innerhalb kürzester Zeit die Antwort vom Amt bekommen, dass er das Geld bekommt oder welche Anforderungen an ihn gestellt werden, damit das erledigt werden kann.

Wenn wir das erreicht haben – und das sehe ich als Zukunftsperspektive –, dann, denke ich, werden die deutsche Landwirtschaft, aber auch die deutsche IT-Technik und die deutsche Landmaschinentechnik einen guten Weg gehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Spiering. – Der nächste Redner für die Fraktion der FDP ist der Abgeordnete Dr. Gero Hocker.

(Beifall bei der FDP)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7522990
Wahlperiode 19
Sitzung 230
Tagesordnungspunkt GAP-Direktzahlungen
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