Kay GottschalkAfD - Finanzmarktintegrität, Anlegerschutz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Bürgerinnen und liebe Geschädigten! Frau Kiziltepe, wenn ich Ihre Rede höre, dann muss ich ja an partielle Amnesie in der gesamten Koalition glauben; denn Sie saßen als SPD von 1998 bis 2009 und ab 2013 in der Regierung, ab 2005 ununterbrochen die CDU. Sie brauchten 16 Jahre, um das zweistufige Verfahren abzuschaffen; das ist in der Anhörung auch deutlich geworden. Also, nun lassen wir mal die Kirche im Dorf. Dass Sie hier schnell handeln, das ist ja wohl ein Treppenwitz!
Heute bringen wir also in dieser wichtigen Debatte zwei Gesetze zum Abschluss. Auch da fängt es schon an: 30 Minuten Zeit für zwei wichtige Gesetze. Wenn ich mir ansehe, über was wir hier im Hohen Hause die letzten Wochen teilweise diskutieren, manchmal sogar über Gaga-Themen – das muss man an dieser Stelle wirklich sagen –,
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Die kommen nur von der AfD! – Zurufe von der SPD und der LINKEN)
wir dann aber bei einem 20-Milliarden-Euro-Schaden für die Anleger, bei einem massiven Schaden der Volkswirtschaft, bei einem Vertrauensverlust der deutschen Börsen und Wertpapiermärkte nur eine halbe Stunde Zeit haben, um darüber zu diskutieren, dann ist das zumindest den Opfern dieses Skandals gegenüber ziemlich despektierlich. Das darf ich an dieser Stelle auch mal festhalten.
(Beifall bei der AfD)
Kommen wir aber, bevor die Selbstbeweihräucherung nachher wahrscheinlich weitergeht, zu den wesentlichen Punkten. Ich und auch wir als AfD-Fraktion sind froh, dass man sich nun doch darüber verständigt hat – ich habe es eben anklingen lassen –, dass man dieses elende, dysfunktionale zweistufige Verfahren – Sie haben es eben erwähnt, Frau Kiziltepe – nun auch tatsächlich beerdigt und zu einem einstufigen Verfahren kommt. Aber, wie gesagt, diese Erkenntnis – das hat nämlich auch unser Untersuchungsausschuss gezeigt – gab es schon viel früher.
Wenn wir hören, dass es um eine bessere Haltung in der BaFin und bei anderen Behörden geht, dann gilt das ebenso für das Finanzministerium und das Justizministerium; denn da gab es einen regen Austausch darüber, ob man nicht vielleicht zu einem einstufigen Verfahren kommen sollte. Auch das Justizministerium ist, glaube ich, SPD-dominiert.
Verwundert hat mich eben, wie gesagt, dass diese Entscheidung so lange dauerte. Die Zeugin Lausch, immerhin ein hohes Mitglied einer dieser Behörden, hat schon 2014 in internen Diskussionen über das Verfahren ganz klar gesagt: Es ist für die Praxis untauglich. Ich will dazu nicht weiter ausführen, da dies alles Gegenstand in unserem Sondervotum sein wird und ich dazu auch schon im Untersuchungsausschuss mehrere Feststellungen getroffen habe.
Wenn das die Antwort auf Enron, einen der größten Skandale in den Vereinigten Staaten, war, dann war sie untauglich. In Zukunft sollte auf Missverständnisse eben sofort eingegangen werden. Was Sie hier tun, ist reaktives Handeln, aber sicherlich kein Schritt in die Zukunft.
(Zurufe von der SPD)
Wenn im Nachgang also Gesetze erlassen werden müssen, um Vertrauen zurückzugewinnen – nichts anderes ist das hier, weil ein Skandal geschehen ist –, dann sind Sie einfach zu spät dran, verehrte Kollegen von der Koalition.
Insgesamt sind wir als AfD-Fraktion aber froh, dass der Gesetzentwurf zum Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz – schönes Wort – die drei Schwerpunkte gesetzt hat, die wir bereits in unserem Gesetzentwurf hier im Hause eingebracht haben, auch wenn es nur ein kleiner Schritt ist.
Wir wollten ja eine Trennung von Beratung und Abschlussprüfung und auch entsprechende Beratung; das ist jedoch mit keinem Wort erwähnt worden.
Wir wollten eine deutliche Verkürzung der Rotationszeit bei Abschlussprüfern. Zehn Jahre sind immer noch zu lang. Auch wenn Sie die Abschlussprüferteams austauschen: Mein Gott, tut ein Team dem anderen innerhalb des Hauses weh? Wohl kaum, so wie wir die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften kennengelernt haben. Also, lösen Sie sich da von Illusionen!
Höhere Haftung bei Fehlern: Das ist begrüßenswert. Aber, liebe Kollegen von der SPD, Sie wollten eine unbegrenzte Haftung. Da hat hier wohl der Koalitionsfrieden gerade noch mal so zu einer vernünftigen Lösung geführt.
Leider gehen Sie in diesen drei Punkten, wie gesagt, nicht weit genug.
Auch beim Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes – darauf möchte ich noch eingehen – fehlt der große Wurf. Der wichtige Anlegerschutz war ja aufgrund der vielen Skandale schon oft Thema hier im Hohen Hause. Aber es wird endlich Zeit, Prospekte nicht nur auf Vollständigkeit, auf Verständlichkeit und Kohärenz zu prüfen, also formell, sondern hier auch – gehen Sie doch endlich diesen Schritt! – eine materiell-inhaltliche Prüfung einzuleiten; denn dann ist es echter Anlegerschutz, liebe Kollegen.
Prospekte sind im Bereich Anlegerschutz nach wie vor wie ein Gütesiegel; so verstehen es die Anleger. Und relevant ist doch: Was ist der Erfahrungs- und Verständnishorizont der Anleger, verdammt noch mal, da draußen? Also lassen Sie uns diesen Schritt gemeinsam gehen. Vor allen Dingen, wenn Sie über Anlegerschutz reden: § 4 FinDAG, der die BaFin betrifft, wird jetzt reformiert, aber die BaFin haftet nach wie vor nicht, wenn sie Fehler begeht. Die Haftung ist mal im Zuge der Herstatt-Pleite abgeschafft worden.
Herr Kollege.
Ja, ein Satz noch. – Das muss geändert werden. Wer von anderen etwas verlangt, muss auch selbst haftbar sein, wenn er Fehler macht. Die BaFin hat derer Fehler in diesem Verfahren viele begangen, meine Damen und Herren. Und – –
Herr Kollege, nichts „und“. Jetzt ist gut.
Ist gut. – Es bleibt also abzuwarten, ob dieses Gesetz die großen Erwartungen erfüllt, bis zum nächsten Knall. Aber wir werden uns als Fraktion enthalten, da es ein richtiger Schritt in die richtige Richtung ist.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD – Lachen bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: Gute Nummer! Dafür muss man sonst viel im Zirkus bezahlen!)
Vielen Dank, Kay Gottschalk. – Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Matthias Hauer.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7523010 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 230 |
Tagesordnungspunkt | Finanzmarktintegrität, Anlegerschutz |