Lothar BindingSPD - Finanzmarktintegrität, Anlegerschutz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine halbe Stunde für so ein großes Gesetz ist wirklich zu wenig.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wohl wahr!)
Aber auch eine Stunde wäre noch zu wenig. Und für die, die sich mit Demokratie im Saal schwertun: Die eigentliche Arbeit findet ja ganz woanders statt: in den Ausschüssen, in den Arbeitsgruppen, in den Berichterstattergesprächen. – Vielen Dank dafür! Wir hatten sehr konstruktive Berichterstattergespräche, auch manchmal im Streit. Das bringt so ein Gesetz mit sich, ganz klar.
Ich rede auch gerne für die sechs Mitglieder der AfD-Fraktion. Im Wahlkampf hat die AfD ja immer gesagt hat, der Saal sei so leer, sie würden vollzählig erscheinen. Ich jedenfalls rede auch gerne vor sechs AfD-lern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE])
Zum FISG, zum Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz: Der Anlass für dieses Gesetz sind kriminelle Vorstände bei Wirecard gewesen. Der Wirecard-Skandal ist durch kriminelle Vorstände hervorgerufen worden. Anlegerschutz kommt hier auch vor; da haben wir eine ganze Menge gemacht, wenn auch nicht genug. Und bezüglich der Zinsen von Dispokrediten hat der Stefan Liebich einfach recht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Also insofern ging es um verschiedene Fragen.
Es ging einmal um die Frage: Waren die Gesetze ausreichend? Die Antwort ist: Wir haben ein paar Sachen schlecht organisiert. Zweistufigkeit hat sich nicht bewährt.
War die Exekutive gut aufgestellt? Die Antwort ist: Ja und nein, je nachdem, wo man hinguckt. Bundesministerien sind zuständig, übrigens verschiedene. Die BaFin ist zuständig, also eine öffentlich-rechtliche Institution. Auch die DPR ist zuständig, also eine privatrechtlich organisierte Einrichtung. Die APAS ist zuständig, quasi an der Schnittstelle zwischen privat und Wirtschaftsministerium. Auch Landesministerien sind zuständig. Staatsanwaltschaften und damit auch die Judikative sind zuständig. Auch die Medien haben eine gewisse Rolle. Sie sind wichtig, aber sind nicht nur alle lieb; es gibt auch Böse in den Medien.
(Zuruf des Abg. Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU])
Und jetzt zeigt immer jeder jeweils auf den anderen Raum, in dem irgendwas passiert ist. Und so funktioniert es nicht gut.
Deshalb war der Aktionsplan vom Finanzminister gut. Da würde ich sagen: Dabei kann der Olaf Scholz ein richtig gutes Gewissen haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Dieser Aktionsplan war nicht vollständig.
(Zuruf des Abg. Matthias Hauer [CDU/CSU])
Doch eine vollständige Gesetzgebung will ich erst mal sehen. Wer auf Vollständigkeit Wert legt, der darf gar nicht anfangen. Es war ein riesengroßer Schritt in die richtige Richtung, und das Gesetz spiegelt das auch sehr gut wider.
(Beifall bei der SPD)
Aus anderen Ministerien sind mir jetzt solche Vorschläge nicht bekannt. – Das war jetzt die parteipolitische Bemerkung, weil Kollege Hauer es sich auch nicht verkneifen konnte, in diese Richtung was zu sagen.
(Zuruf des Abg. Matthias Hauer [CDU/CSU])
Von daher glaube ich, dass wir da gar nicht auf andere zeigen müssen, sondern sagen sollten: Das Gesetz strengt sich sehr an, sehr vieles besser zu machen und insbesondere die Bilanzkontrolle zu verbessern. Die BaFin kann künftig eigene Bilanzkontrollen anstoßen, entweder an Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vergeben oder es selber machen, was bisher ohne Abstimmung mit der DPR nicht ging.
Die DPR hat gut gearbeitet hinsichtlich ihrer Stichprobenverfahren. Allerdings waren sie für Veranlassungsprüfungen bei Anfangsverdacht gar nicht entsprechend ausgestattet. Das ist jetzt keine Kritik. Wenn ich jemandem das Werkzeug nicht gebe, kann er den Auftrag nicht erfüllen.
(Beifall bei der FDP)
Jetzt statten wir die BaFin personell mit Leuten aus, die zuvor bei der DPR waren. Das zeigt auch, dass wir denken, dass die da gut gearbeitet haben; sonst könnten wir nicht beschließen, die zu übernehmen. Das belegt eigentlich, wie wir darüber denken.
Der Präsident der BaFin wird gestärkt, der interne Reformprozess in der BaFin kann besser laufen. Das Kollegialorgan bleibt; darüber kann man streiten.
(Kay Gottschalk [AfD]: Was ist damit?)
Aber jedenfalls gibt es ein spartenübergreifendes Fokusaufsichtselement: Die Leute arbeiten jetzt nicht mehr separat nach Banken, Versicherungen und Wertpapieren, sondern spartenübergreifend, weil das die Aufsicht über Mischkonzerne ermöglicht – anders, als es bisher möglich war.
(Beifall bei der SPD)
Insofern können wir sagen: Da ist sehr viel passiert.
Und jetzt noch mal zurück zum Privaten. Auch die private Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat nicht immer ordentlich gearbeitet. Wer wollte das bestreiten? Deshalb werden jetzt die unternehmensinternen Kontrollmöglichkeiten verstärkt. Der Aufsichtsrat wird gestärkt. Prüfungsausschüsse mit entsprechenden Auskunftsrechten müssen eingerichtet werden. Also da passiert intern noch sehr viel in den Unternehmen. Cansel Kiziltepe hat schon gesagt: Die Haftung wird auch deutlich angehoben, denn wir sagen: Das leichtfertige Easy Going – wir prüfen mal, und wir beraten auch gleichzeitig das, was wir prüfen wollen – soll nicht mehr sein, vielmehr Trennung von Beratung und Prüfung.
Insgesamt ist es ein gutes Gesetz auf dem richtigen Weg. Wahrscheinlich muss man in fünf Jahren noch ein, zwei Schritte gehen. Aber die können wir dann ja gehen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7523016 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 230 |
Tagesordnungspunkt | Finanzmarktintegrität, Anlegerschutz |