20.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 230 / Tagesordnungspunkt 17

Annegret Kramp-Karrenbauer - Entschädigung und Rehabilitierung von Soldaten

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden, beraten und entscheiden heute über das Gesetz über die Entschädigung der Soldatinnen und Soldaten und zur Neuordnung des Soldatenversorgungsrechts. Man hätte es auch empathischer das Starke-Fürsorge-Gesetz nennen können. Denn es beinhaltet Regelungen, die die Fürsorge für unsere Soldatinnen und Soldaten betreffen.

Soldat zu sein, ist kein Beruf wie jeder andere. Es ist ein Dienst am Land. Unsere Frauen und Männer schwören, das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes zu verteidigen, und sie sind bereit, dafür ihre Gesundheit und im äußersten Fall auch ihr Leben zu geben.

Die Bundesregierung und dieses Hohe Haus haben es sich deswegen gemeinsam zum Auftrag gemacht, die Verantwortung für das Wohlergehen der Soldatinnen und Soldaten zu tragen. Es liegt in unserer Fürsorgepflicht, dafür zu sorgen, dass diejenigen, die während ihres Dienstes an Körper und Seele versehrt werden, abgesichert sind und die bestmögliche Unterstützung erfahren.

Es geht dabei um ganz reale Fälle: einer versehrten Soldatin den Weg in das zivile Berufsleben zu ebnen oder während Rehamaßnahmen die gemeinsame Familie durch zusätzliche Kinderbetreuung zu unterstützen. Es geht um Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in unserer Gesellschaft. Im Todesfall soll der hinterbliebene Lebenspartner oder die Lebenspartnerin nicht in die Schuldenfalle rutschen, und das zur Waise gewordene Kind soll sich trotzdem eine Ausbildung leisten können.

So umfasst der Gesetzentwurf im Kern drei Vorhaben. Die finanziellen Leistungen zum Ausgleich gesundheitlicher Beeinträchtigungen werden deutlich erhöht und transparenter konzipiert. Wir richten die medizinische Versorgung, die Leistungen bei Pflegebedürftigkeit und die berufliche Rehabilitation neu aus und gleichen sie an das Leistungsniveau der gesetzlichen Unfallversicherung an. Und wir verbessern die Hinterbliebenenversorgung, machen sie flexibler und garantieren finanzielle Absicherung unabhängig von der Höhe des Einkommens. Parallel dazu digitalisieren wir die gesamte Abwicklung von Anträgen und Vorgängen. Also, ich glaube, dieses Gesetz hat den Titel „Starke-Fürsorge-Gesetz“ wirklich verdient.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir schließen an dieses Gesetz die Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für das Bahnfahren in Uniform an. Darüber ist hier an dieser Stelle schon viel gesprochen worden. Ich glaube, es reicht ein Satz: Es ist ein voller Erfolg auf der ganzen Linie. – Deswegen nochmals ein herzliches Dankeschön dafür!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beraten heute auch abschließend in zweiter und dritter Lesung über den Entwurf zur Rehabilitierung homosexueller Soldaten in der Bundeswehr und der NVA. Ich freue mich, dass dazu auf der Besuchertribüne als Vertreter von QueerBw Herr Sven Bäring und Frau Anastasia Biefang zu Gast sind. Aber besonders freue ich mich, dass Herr Dierk Koch heute hier ist.

Lieber Herr Koch, ich darf Sie herzlich begrüßen. Sie waren bereit, in einer öffentlichen Veranstaltung des Bundesverteidigungsministeriums über Ihren Lebensweg, über Ihre Biografie zu reden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ohne Dierk Koch und ohne seinen Anstoß gäbe es dieses Gesetz heute hier so nicht und könnten wir darüber nicht entscheiden.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dierk Koch ist einer derjenigen, die wegen ihrer Homosexualität aus der Bundeswehr entlassen worden sind, die ein Verfahren durchzustehen hatten, deren Lebenstraum zerstört worden ist. Dierk Koch hat zu Recht in einem Brief an meine Vorgängerin, aber auch in einem Brief an mich gefragt: Wenn das als Unrecht anerkannt wird – und das haben wir getan –, warum gibt es dann keine Entschuldigung dafür und warum gibt es dafür keine Entschädigung?

Sehr geehrter Herr Koch, dieser Brief hat in Gang gesetzt, dass wir im BMVg und dank der breiten Unterstützung dieses Hauses gesagt haben: Richtig! Es war Unrecht; es ist Unrecht. – Wir müssen uns und wir wollen uns dafür entschuldigen. Wir wollen und müssen den Menschen, die darunter zu leiden hatten, auch eine entsprechende Entschädigung zahlen. Das kann nur in Ansätzen das wiedergutmachen, wenn überhaupt, was ihnen zugestoßen ist. Aber es ist ein klares Zeichen, dass wir im Hinblick auf die Vergangenheit zu unserer Verantwortung stehen, und ist ein klares Zeichen dafür, dass Männer wie Sie mit Ihrem Engagement und Vereinigungen wie QueerBw mit dafür sorgen, dass die Bundeswehr heute vielfältiger, bunter, toleranter und offener ist, als sie es in der Vergangenheit war. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist – über die Fälle hinaus – die wirklich gute Nachricht dieses Tages.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank, Ministerin Kramp-Karrenbauer. – Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Gerold Otten.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7523021
Wahlperiode 19
Sitzung 230
Tagesordnungspunkt Entschädigung und Rehabilitierung von Soldaten
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