21.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 231 / Tagesordnungspunkt 38

Karsten MöringCDU/CSU - Umweltschutz und Wohlstand

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja ein seltenes Erlebnis, und ich will der weiteren Debatte zwischen Herrn Krischer und unserem Wirtschaftsminister, die sich ja fortsetzen wird, nicht vorgreifen.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war schon spannend!)

Ich möchte gerne auf den Titel unserer Debatte zurückkommen, auf Umweltschutz und Wohlstand. Die AfD hat einen Antrag vorgelegt, über den sie in der Überschrift schreibt: „Einfach frei leben“. Was dann kommt, kennen wir schon lange: Den menschengemachten Klimawandel gibt es nicht, und alles Geld, das wir ausgeben, um die Folgen des Klimawandels zu reduzieren oder um ihn zu verhindern, ist rausgeschmissenes Geld. – Das Einzige, was Sie inzwischen konzedieren – das war vor drei oder vier Jahren, am Anfang der Wahlperiode, auch noch nicht so klar –: Die Klimafolgen gibt es; aber natürlich nur durch natürliche Entwicklung – wobei sich jeder fragt, wie sich die Natur so schnell entwickeln kann, wie sie das vorher noch nie getan hat.

(Zuruf von der AfD: Doch, hat sie!)

Aber jetzt kommt der entscheidende Punkt: Wir können Klimafolgen mit Programmen, mit Maßnahmen abmildern; das tun wir auch. Überall im Land wird darüber diskutiert, und es werden Programme gemacht. Der entscheidende Punkt ist nur: Das ist wie ein Schmerzmittel bei einer Krankheit. Man behandelt die Folgen. Wir aber wollen die Ursachen behandeln, und die Ursache der Klimafolgen ist der Klimawandel. Deswegen zielen wir darauf ab, den Klimawandel zu begrenzen und den Anstieg der Erderwärmung entsprechend zu reduzieren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Nina Scheer [SPD])

Das kostet Geld; es ist nicht umsonst.

Damit komme ich zum zweiten Punkt, zu unserer Debattenüberschrift: Wohlstand. – Rausgeschmissenes Geld würde den Wohlstand mindern. Aber das Geld, das wir ausgeben, um den Klimawandel zu verhindern, das

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ist rausgeschmissen!)

ist eine Investition. Es ist eine Investition, die uns erlaubt, Folgen zu verhindern, die wesentlich teurer sind als das, was wir bezahlen, um diese Folgen zu vermeiden.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: „Adaptation“ heißt das Zauberwort!)

Vereinfacht gesagt: Machen Sie sich klar, was der Klimawandel kostet, wenn wir ihn nicht begrenzen. Wir haben Probleme mit der Trockenheit: Das kostet die Landwirte Ertrag, das verursacht Mehrpreise bei den Nahrungsmitteln. Wir haben die Verluste in den Wäldern: Das kostet die Waldbesitzer unendlich viel Geld, das kostet die Bauherren Geld, weil das Bauholz teurer wird; die Möbel werden teurer. Es gibt mehr Unwetter: Überschwemmungen, Hagelschlag, Gewitter, Sturmböen und Ähnliches mehr. Was kostet das? Das erhöht die Kosten bei den Versicherungsprämien erheblich. Wenn Sie das alles addieren – es gibt kluge Leute, die das getan haben und uns die Summen der weltweiten Kosten des Klimawandels nennen, wenn wir ihn nicht verhindern –, erkennen Sie: Das Geld, das wir ausgeben, um den Klimawandel zu vermeiden, ist gut angelegtes Geld.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich komme noch einmal zu dem Begriff „Wohlstand“. Was ist denn Wohlstand? Für den einen ist Wohlstand, dass er sich für das Geld, das er verdient hat, Reisen leisten kann, Urlaub leisten kann, eine große Wohnung leisten kann und, und, und. Was wird Wohlstand in Zukunft sein? Wohlstand wird es auch in Zukunft geben. Das heißt, dass man in klimatischen Rahmenbedingungen leben kann, in denen man wohl leben kann, in denen man gesund leben kann, in denen Artenvielfalt die Stabilität des Ökosystems garantiert, in denen unsere Lebensmittel gesund sind, in denen unsere Lebenserwartung und die Chance, gesund alt zu werden, besser werden. Das sind die Wohlstandsbegriffe, die Sie noch lernen müssen.

Jeder Einzelne, der diese Entscheidung für sich treffen muss, der wird sagen: Jawohl, das ist es mir wert, dass ich teurer Autofahren muss. Das ist es mir wert, dass ich bestimmte Dinge vielleicht nicht mehr machen muss oder nicht mehr machen kann. Ob ich zweimal im Jahr eine Fernreise mache oder nur einmal im Jahr oder an der Ostsee Urlaub mache – das sind individuelle Entscheidungen. Wenn das Geld für das eine nicht reicht, dann kann man es für das andere nehmen. Das bedeutet:

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Sie wollen die Leute arm machen!)

Wir werden Wohlstand in Zukunft anders verstehen als in der Vergangenheit: mehr immaterielle Werte, weniger materielle Werte. Auch damit kann man ein gutes Leben führen. Das ist unser Ziel.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben bei der Politik bisher sehr erfolgreich gearbeitet. Wir haben die Klimaziele für 2020 erreicht. Der eine sagt: nur wegen Corona. Der andere sagt: Corona hat kaum etwas dazu beigetragen. – Darüber will ich gar nicht streiten. Der Chef vom Umweltbundesamt sagt: Das ging auch ohne Corona. – Andere Fachleute sagen: Corona hat mitgeholfen. – Völlig egal! Wir sind auf dem richtigen Weg. Wir haben ein Klimaschutzgesetz, in dem uns genau vorgeschrieben wird, was wir jährlich bis zum Jahr 2030 erreichen müssen. Und – jetzt kommt ein entscheidender Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen –: Dieses Klimaziel war ein europäisches Klimaziel; deswegen steht das in diesem Klimaschutzgesetz.

Wir wissen alle – das musste uns nicht erst das Verfassungsgericht sagen –, dass wir in der Zeit nach 2030 ambitionierter vorgehen müssen. Aber dafür haben wir auch noch Zeit und Entwicklungsmöglichkeiten. Ich bin dem Kollegen Köhler ganz dankbar, dass er noch einmal sehr deutlich darauf hingewiesen hat, mit welchen technologischen Entwicklungen wir dabei Hilfe und Rückenwind bekommen. Trotzdem ist es richtig, dass wir dieses Klimaziel im Rahmen der EU erhöhen – was wir jetzt mit dem Klimaschutzgesetz und seiner Anpassung auch tatsächlich tun –, aber wieder im europäischen Gleichschritt.

(Beifall der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU])

Wenn wir zu weit vorpreschen, dann haben wir gar nichts davon, weil wir uns im Wettbewerb schädigen. Unsere Wirtschaftskraft brauchen wir aber, um die Mittel zu erzielen, die wir brauchen, um den Klimaschutz zu bezahlen. Diesen Zusammenhang muss man immer wieder betonen.

(Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP]: meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Herr Kollege Möring, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder ‑bemerkung?

Ich würde gerne die letzte halbe Minute mit meiner Rede zu Ende bringen. Ich bitte um Verständnis. – Jetzt haben Sie mich beinahe aus dem Konzept gebracht. – „Einfach frei leben“ steht über Ihrem Antrag. Einfach frei leben können wir dann, wenn wir den Klimawandel bewältigt haben. Dann können wir einfach frei leben,

(Marc Bernhard [AfD]: Jetzt erst mal nicht, oder?)

auch wenn sicher anders als heute. Dazu gehört auch, Kollegen von der AfD, dass wir anderen Ländern, die materiell nicht in der Lage sind, die Überwindung des Wandels so leicht zu finanzieren, dabei unter die Arme greifen; denn das Klima beschränkt sich nicht auf Deutschland und nicht auf Europa, sondern was hier klimatisch passiert, entsteht in anderen Teilen der Welt. Deswegen ist es richtig, den betreffenden Ländern dabei unter die Arme zu greifen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Auch das ist gut investiertes Geld. Einfach frei leben: nicht nur für uns, sondern auch für andere Menschen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Möring, wenn die Rede einer von uns gehalten hätte, dann wäre hier jetzt aber was los! – Karsten Möring [CDU/CSU]: Wieso das denn?)

Vielen Dank, Karsten Möring. – Von mir Ihnen einen schönen guten Morgen! Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Dr. Rainer Kraft.

(Beifall bei der AfD)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7523372
Wahlperiode 19
Sitzung 231
Tagesordnungspunkt Umweltschutz und Wohlstand
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