Sebastian BrehmCDU/CSU - Steuerrecht, Anti-Steuervermeidung
Vielleicht kann ich ja auch noch ein bisschen zur Fortbildung beitragen, liebe Frau Präsidentin.
Ja, jetzt können Sie nachlegen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Präsidentin! Wir haben als CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu Beginn der Wahlperiode ein wichtiges Positionspapier zur Modernisierung der Unternehmensbesteuerung in Deutschland auf den Weg gebracht und einstimmig beschlossen. Kernpunkt dieses Papiers sind drei Säulen: Wettbewerbsfähigkeit stärken, Bürokratie abbauen und Strukturen verbessern. Heute setzen wir mit diesem Gesetz, das auf dieses Papier zurückgeht, einen weiteren wichtigen Schritt zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Mittelstands und zur Herstellung der rechtsformneutralen Besteuerung mit der Einführung des Optionsmodells um. Deswegen ist es heute ein guter Tag im Parlament.
Was bedeutet „rechtsformneutrale Besteuerung“? Es ist unser Ziel und muss unser Ziel sein, dass alle Firmen, ob Einzelunternehmen, Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft, gleichermaßen besteuert werden, also rechtsformneutral. Heute versteuern Einzelunternehmer und Personengesellschaften ihren Gewinn – Herr Kollege Fritz Güntzler hat es auch schon erläutert – mit 46 Prozent im Spitzensteuersatz. Somit ist wichtige Liquidität für Investitionen in Digitalisierung, in Modernisierung, in Internationalisierung entzogen. Kapitalgesellschaften versteuern ihren Gewinn, der in der Firma verbleibt, mit 15 Prozent Körperschaftsteuer und circa 17 Prozent Gewerbesteuer, also 32 Prozent, und haben damit einen Vorteil von 14 Prozentpunkten gegenüber Einzelunternehmen und Personengesellschaften. Diese Ungleichbehandlung führt dazu, dass dem deutschen Mittelstand notwendige Liquidität für Investitionen entzogen ist. Deswegen gibt es hier Wettbewerbsnachteile, die wir heute abschaffen.
Aus unserer Sicht sind zwei Maßnahmen notwendig: einmal die Einführung des Optionsmodells – das setzen wir heute um – und zum Zweiten eine Verbesserung der begünstigten Thesaurierungsbesteuerung, also einen niedrigeren Steuersatz für die Gewinne, die im Unternehmen bleiben und nicht auf das Privatkonto des Unternehmers fließen. Beides gehört zusammen. Leider konnten wir mit dem Koalitionspartner den zweiten Teil nicht umsetzen, der aber genauso wichtig gewesen wäre. Wir müssen das in der nächsten Legislaturperiode machen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, wir laden Sie natürlich dann auch herzlich ein, es dieses Mal mit uns auch umzusetzen.
(Zuruf des Abg. Frank Sitta [FDP] – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Ich kann rechnen wie ich will: CDU und FDP werden keine 50 Prozent bekommen!)
Ich glaube, wichtig ist in der ganzen Debatte, dass wir auch hier vom Parlament aus einmal die Unterschiede betonen. Die Debatte heute war ja sehr emotional. Die Unterschiede könnten wirklich nicht größer sein. Von der linken Seite des Hauses – Rot-Rot-Grün – wurde heute wieder gesagt: Alle Unternehmer sind Steuertrickser.
(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Sagt keiner! Nein! Nein! Nein! Nein! Nein! – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)
Der Mittelstand muss höher besteuert werden.
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)
Dann kommt die Vermögensteuer. Dann kommt die Vermögensabgabe. Dann kommt mehr Bürokratie
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt aber echt unverschämt! Das ist echt nicht korrekt!)
durch nationale Anzeigepflichten.
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie machen hier Murks!)
Dann kommt eine Erhöhung der Steuern. – Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, wer erwirtschaftet denn die Steuern in Deutschland? Wer stellt denn 80 Prozent der Ausbildungsplätze zur Verfügung?
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das sind die Mittelständler in unserem Land. Das sind die fleißigen und mutigen Mittelständler.
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn etwas von Ihrem Gesetz? Doch nicht der Mittelstand!)
Deswegen sagen wir von hier ein großes Dankeschön an unseren deutschen Mittelstand. Übrigens: Die ganze Welt beneidet uns um diesen Mittelstand.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])
Sie wollen ihn kaputtmachen, und das lassen wir nicht durchgehen.
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss man sich ganz deutlich anschauen, wer mit welchem Wahlprogramm in diese Wahl geht
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
und welches die wirtschaftlichen Folgen sein werden. Wenn Sie Geld ausgeben wollen für Kultur, für Soziales – was notwendig ist –, für Kinderbetreuung, für andere Dinge,
(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir brauchen Steuereinnahmen!)
dann muss es ja auch von irgendwo in den Haushalt hineinkommen.
(Katja Hessel [FDP]: Genau!)
Das schaffen wir eben nicht durch Wegnahme von Substanz oder durch höhere Steuern, sondern das schaffen wir nur durch Wachstum, durch Innovationskraft und durch Investitionen in die Zukunft.
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder ‑bemerkung von Herrn Binding?
Ja, gerne. Dann wird meine Zeit länger; das freut mich.
(Zuruf von der SPD: Vor allen Dingen wird dann mal was klargestellt!)
Ja, aber viel länger nicht. – Herr Binding.
(Dr. Andrew Ullmann [FDP]: Das ist abgesprochen wahrscheinlich!)
– Nein, das ist nicht abgesprochen.
Sicher nicht.
Normalerweise sage ich ja: lieber Sebastian. Aber du hast eben gesagt: Und Sie wollen den Mittelstand kaputtmachen.
Ja.
Ich will hier erklären, dass wir dem Mittelstand viel verdanken, dass wir ihn schätzen, dass wir heute mit unserer Zustimmung zum KöMoG ihn essenziell stärken, dass unsere ganze Politik darauf ausgerichtet ist, unser Land zu stärken. Deshalb fand ich es, gelinde gesagt, nicht fair – manche hätten vielleicht gesagt: unverschämt –, uns zu unterstellen, wir wollten den Mittelstand kaputtmachen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Das war eine völlig unseriöse Bemerkung. In der Tendenz hört man das manchmal. Auch die Pauschalierung, dass wir allen Unternehmern Betrügereien unterstellen würden: Nein, nur den Betrügern; denn die gibt es eben auch. Es gibt aber Leute hier im Haus, die die Betrüger schützen wollen, und zwar systematisch. Und dazu gehören wir nicht.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Wissen Sie, lieber Herr Kollege, eigentlich haben Sie bzw. hat Frau Kiziltepe ja mit den Unterstellungen angefangen, als sie in der ersten Rede in dieser Debatte gesagt hat, wir seien sozusagen die Lobbyisten der Steuertrickser.
(Peter Beyer [CDU/CSU]: War eine Unverschämtheit!)
Da muss ich ehrlich sagen: Das ist eine Unverschämtheit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Das ist eine wirkliche Unverschämtheit.
Was wir heute tun – das würde heute wahrscheinlich so nicht eingebracht, wenn wir nicht so viel Druck gemacht hätten –, ist, ein Optionsmodell umzusetzen, damit unsere Unternehmen mehr Möglichkeiten haben, zu investieren. Wenn Sie die Möglichkeiten in der nächsten Periode durch Vermögensteuer,
(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Ist das eine Antwort auf meine Frage? Nein!)
Vermögensabgabe und höhere Steuersätze wieder abschöpfen, dann wird dieses ganze Gesetz von heute obsolet sein. Also: Sie müssen schon auf einem Weg bleiben. Sie können nicht auf der einen Seite vielleicht etwas ermöglichen, weil wir es gefordert haben, und dies auf der anderen Seite wieder abschöpfen, sodass der Mittelstand dann kein Geld für Investitionen mehr hat.
(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Ist das eine Antwort auf meine Frage?)
– Das ist die Antwort auf Ihre Frage; jawohl.
Wir haben großes Vertrauen in den deutschen Mittelstand und seine Innovationskraft. Natürlich gibt es überall auch Betrügereien. Die wollen wir abstellen. Aber den gesamten Mittelstand, die Firmen und die Industrie in unserem Land unter Generalverdacht zu stellen,
(Marianne Schieder [SPD]: Hat auch keiner gesagt!)
ist absolut falsch.
(Marianne Schieder [SPD]: Hat auch absolut keiner gesagt!)
Wir geben Vertrauen, wir wollen den Mittelstand stärken, und das machen wir heute mit diesem Gesetz. Deswegen bitte ich herzlich um Zustimmung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Sebastian Brehm. – Damit schließe ich die Aussprache.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7523404 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 231 |
Tagesordnungspunkt | Steuerrecht, Anti-Steuervermeidung |