21.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 231 / Tagesordnungspunkt 41

Matthias BartkeSPD - Gesetzliche Rentenversicherung, Bürgerversicherung

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn uns die Coronakrise eines gezeigt hat, dann, dass wir auf eine tragfähige und stabile soziale Sicherung angewiesen sind. Viele Menschen in unserem Land haben das soziale Netz zum ersten Mal erlebt: Aufträge gingen zurück, Geschäfte mussten geschlossen bleiben. Es waren Maßnahmen gefragt, die die Menschen finanziell absichern. Als wichtigstes Instrument erweist sich dabei seit über einem Jahr das Kurzarbeitergeld.

(Beifall bei der SPD)

Auch die neu entwickelten Coronasoforthilfen haben viele mit dringend benötigten Finanzmitteln ausgestattet. Doch, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Netz hat auch Maschen, durch die jemand durchfallen kann. So hat uns die Coronakrise die Lücken in unserem sozialen Sicherungsnetz aufgezeigt. Gerade Selbstständige erfuhren schmerzhaft, dass sie ohne Absicherung in der Arbeitslosenversicherung keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld hatten. Unsere Aufgabe als Gesetzgeber ist es, die Maschen der sozialen Sicherungsnetze zu verkleinern und einen guten Schutz für alle zu schaffen. So fordert die SPD in ihrem Zukunftsprogramm, die Selbstständigen mit einem Sicherungsgeld in die Arbeitslosenversicherung einzubeziehen.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind dafür verantwortlich, dass die Weichen für die Zukunft jetzt richtig gestellt werden. Unser Sozialstaat soll auch für die kommenden Generationen sein Versprechen halten: Du wirst von der Gemeinschaft aufgefangen. – Und wo wird eine soziale Generationenpolitik anschaulicher als in der Rentenversicherung? Liebe Grüne, in Ihrem Antrag singen Sie auf den ersten zwei Seiten das Hohelied der gesetzlichen Rentenversicherung. Sie haben recht: Unsere gesetzliche Rentenversicherung ist ein sehr gutes Sicherungsnetz.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Was verbessert werden muss!)

Sie ist krisenfest und sorgt für einen Lohnersatz im Alter, auch für Hinterbliebene und bei Erwerbsminderung.

Wie machen wir diese gesetzliche Rentenversicherung nun zukunftsfest? Ich sage: durch einen Mix aus Maßnahmen. Ich will hier heute drei benennen:

Die erste und wichtigste Maßnahme ist der Umbau der Rentenversicherung zu einer echten Erwerbstätigenversicherung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Noch zahlen viele Berufsgruppen wie Beamte, Selbstständige oder freie Berufe ihre Beiträge für die Alterssicherung in Sondersysteme ein. Wie jede Versicherung wird aber auch die Rentenversicherung umso stärker, je mehr Personen zu ihr beitragen. Deshalb brauchen wir eine Bürgerversicherung.

Natürlich würden dann auch Abgeordnete in die Rentenversicherung einzahlen, und ehrlich: Dabei würden wir uns keinen Zacken aus der Krone brechen. Wir sind gewählt, und zwar auf Zeit, immer für vier Jahre. Vor unserem Abgeordnetenmandat hatten wir Berufe, wie sie viele Bürgerinnen und Bürger auch haben, und nach unserem Mandat können wir hoffentlich in unseren Beruf zurückkehren. Die Alterssicherung soll unsere Unabhängigkeit garantieren. Aber das wird sie auch, wenn wir in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und es eine Art zusätzliche betriebliche Altersvorsorge für Abgeordnete gibt. Wir teilen hier das Anliegen von Linken und Grünen und setzen uns dafür ein, dass die Abgeordneten bald in die Rentenversicherung einbezogen werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Die zweite Maßnahme für eine zukunftsfeste Rente ist die Gewährleistung eines stabilen Rentenniveaus. Die SPD steht dabei für ein Rentenniveau von mindestens 48 Prozent.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das reicht nicht!)

Ich finde, wir sollten uns klar dazu bekennen, dieses Niveau auch über das Jahr 2095 hinaus beizubehalten

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: 2095?)

– 2025! Entschuldigung – und das auch gesetzlich festzuschreiben; bis 2095, darüber lässt sich reden.

Arbeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf ihren Wert im Alter nicht verlieren. Jeder muss sich darauf verlassen können, dass er im Alter ein verlässliches und ausreichend hohes Einkommen hat. Es ist aber absehbar, dass die Rentenfinanzierung ab dem Jahr 2030 schwieriger wird. Letztlich ist es aber immer eine Frage der politischen Prioritäten, wie viel uns als Gesellschaft ein sicheres Rentensystem wert ist. Ich will, dass die junge Generation Vertrauen in die gesetzliche Rente hat. Liebe junge Leute, ja, auch ihr werdet im Alter abgesichert sein. Dafür setzen wir uns ein!

(Beifall bei der SPD – Norbert Kleinwächter [AfD]: Wer’s glaubt, wird selig!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine dritte essenzielle Maßnahme zur Stärkung der Rentenversicherung ist die Lohnpolitik. Ich weiß nicht, wie oft in diesem Hohen Haus schon gesagt wurde, dass die Rente das Spiegelbild des Erwerbslebens ist; aber es stimmt. Deshalb kämpfen wir gegen prekäre Beschäftigung, gegen niedrige Löhne und für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt; denn nach wie vor sind es überwiegend die Frauen, die beruflich zurückstecken und die Betreuung der Kinder übernehmen. Damit ist ihre Rente im Alter niedriger.

Heute Vormittag haben wir hier in erster Lesung unser Gesetz zum Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder eingebracht. Das hilft enorm bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und es ist ein großer Schritt hin zu mehr Gleichstellung.

(Beifall bei der SPD)

Niedrige Löhne im Arbeitsleben sind ein Garant für niedrige Renten nach dem Arbeitsleben. Wir setzen uns für einen Mindestlohn von 12 Euro ein. Unsere Vorschläge zur Stärkung der Tarifbindung liegen auf dem Tisch. Und da, wo die Löhne in der Vergangenheit zu niedrig waren, haben wir die Grundrente eingeführt. Über 1,3 Millionen Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben, profitieren davon.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen: Unser ganzes Bemühen gilt mehr sozialer Sicherheit: in der Rente und in allen anderen Bereichen, in denen Bürgerinnen und Bürger auf ein reißfestes Netz angewiesen sind – gestern, heute und in Zukunft.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Dr. Bartke. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Norbert Kleinwächter, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7523415
Wahlperiode 19
Sitzung 231
Tagesordnungspunkt Gesetzliche Rentenversicherung, Bürgerversicherung
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