Kai WhittakerCDU/CSU - Gesetzliche Rentenversicherung, Bürgerversicherung
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute darüber, ob die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollen.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Das ist doch eine gute Idee, oder?)
Das ist ein wichtiges Thema, über das wir hier offen debattieren müssen, weil es nicht nur darum geht, wie wir bezahlt werden, sondern auch darum, welche Stellung und welche Rolle wir als Abgeordnete und welches Verhältnis wir zu den Bürgerinnen und Bürgern haben.
Da muss ich an die Adresse der Linken sagen: Da hat dieses Parlament keine Nachhilfe von Ihnen nötig.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Oh!)
Wir haben im letzten Jahr alle miteinander gemeinsam hier beschlossen, auf die Erhöhung der Diäten zu verzichten,
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das war ein Vorschlag der Linken! Wer hat den Vorschlag als Erstes gemacht? Wir haben den Vorschlag gemacht!)
weil sich dieses Land in der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg befindet
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wer hat diesen Vorschlag gemacht?)
und weil wir hier solidarisch mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern waren.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wer hat den Vorschlag gemacht?)
Wir haben sogar noch mehr gemacht: Wir haben dieses Jahr sogar unsere Diäten gekürzt. Das ist in Europa ein Novum, und deshalb brauchen wir uns von Ihnen keine Lektion anzuhören.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Geschichtsvergessen!)
Ich sage das insbesondere, weil Sie in Thüringen letztes Jahr und dieses Jahr wieder die Diäten im Landtag erhöht haben. Wenn Sie Symbolpolitik machen wollen, dann fangen Sie vor Ihrer Haustüre an, Herr Bartsch.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Wissen Sie, dass das alles nur mit Zustimmung der CDU sein kann? – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Alles nur mit Zustimmung der CDU im Landtag! Die CDU Thüringen hat das verantwortet! Alles nur mit der CDU Thüringen!)
Ich finde es bedauerlich, dass Sie diese Symbolpolitik hier wirklich für populistische Politik missbrauchen. Ich möchte das auch mal darlegen: Sie sagen, wir sollen in die gesetzliche Alterssicherung einzahlen. Das bedeutet nicht nur eine geringere Rente in der Zukunft – das ist richtig –, sondern es bedeutet auch, dass das laufende Netto von allen Abgeordneten niedriger wird. Das ist also eine doppelte Reduzierung der Bezahlung, die wir haben.
Herr Bartsch, Sie haben hier in der ersten Lesung gesagt, Sie wollen Vertrauen aufbauen. Sie machen aber keinen Gegenvorschlag, wie das dann eventuell kompensiert werden könnte, so wie es zum Beispiel in Schleswig-Holstein – Kollege Vogel hat es richtigerweise angesprochen – und auch in Nordrhein-Westfalen passiert ist. Der Grund dafür ist, dass es Ihnen eben nicht darum geht, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, sondern der Grund ist, dass Sie schlicht und ergreifend die populistische Forderung aufsetzen möchten: Die da oben verdienen zu viel, die müssen weniger verdienen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wir sind verhandlungsbereit, das weißt du doch!)
– Das ist der Kern Ihrer Politik in diesem Antrag.
Deshalb möchte ich sagen: Vorsicht an der Bordsteinkante.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist mein Spruch!)
Denn diese Symbolpolitik ist eine Mogelpackung. Sie wollen ja nicht nur, dass Abgeordnete einzahlen, sondern später sollen auch Beamte einzahlen. Diese doppelte Kürzung, die Sie bei uns vornehmen wollen, würde auch die Beamten treffen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein! Vertrauensschutz!)
Auch die hätten dann eine geringere Pension und ein geringeres Nettoeinkommen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Fake News! Vertrauensschutz!)
Das beträfe zum Beispiel die Polizistinnen und Polizisten in diesem Land, die sowieso schon nicht so wahnsinnig viel verdienen, insbesondere in der Situation, in der wir uns gerade befinden. Ich finde es wirklich heuchlerisch, was Sie hier machen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Stimmt auch nicht!)
Dann gibt es in Ihrem Antrag noch zwei andere Punkte. Sie wollen die Beitragsbemessungsgrenze mehr als vervierfachen, und Sie wollen eine Beitragsäquivalenzgrenze einführen. Auf gut Deutsch: Man zahlt mehr ein, bekommt aber nicht mehr raus.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Die Beitragsbemessungsgrenze verdoppeln!)
Da muss ich ehrlich sagen: Ich habe nicht verstanden, wie das zu einer Verbesserung beitragen soll; denn das trifft ja nur diejenigen, die jetzt schon in der Versicherung drin sind. Das führt nicht dazu, dass ein einzelner Beamter oder ein einzelner Selbständiger dazukommt, sondern es bedeutet nur, dass diejenigen, die jetzt schon in der Rentenversicherung drin sind, mehr einzahlen müssen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Auch falsch!)
Herr Bartsch, weil Sie gerade Ihren Sachverständigen zitiert haben: Das Interessante ist, dass der in der Anhörung ein bisschen was anderes gesagt hat als Sie hier gerade.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein!)
Der Herr Dr. Lovens-Cronemeyer hat bezweifelt, dass der Vertrauensschutz, den Sie den Abgeordneten gewähren möchten, ausreichen wird. Das steht wörtlich im Protokoll drin; lesen Sie es nach. Bezüglich der Beitragsbemessungsgrenze hat er weiter gesagt – ich zitiere –:
Natürlich muss auch gewährleistet sein, gerade bei einer drastischen Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze, dass der Bürger und die Bürgerin, die einzahlen, auch wieder etwas herausbekommen.
Aber genau das ist ja nicht der Fall. Sie wollen ja, dass diejenigen, die mehr einzahlen, nicht mehr rauskriegen; sonst können Sie das finanzielle Plus in der Rentenversicherung gar nicht finanzieren. Da haben Sie also einen echten Rohrkrepierer aktiviert.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Da muss ich Ihnen ganz klar sagen: Sie verwechseln zwei Systeme. Wenn Sie umverteilen wollen, dann reden wir über Steuerpolitik. Das können wir gerne tun; da können wir auch streiten. Aber bei der Rente geht es um Eigentumsfragen. Das ist Geld, das den Bürgerinnen und Bürgern gehört – ob es Ihnen passt oder nicht. Deshalb warne ich davor, diesen Antrag zu unterstützen. Ich finde, wir müssen durchaus darüber reden, ob wir zum Beispiel auch kapitalgedeckte Vorsorge ermöglichen. Andere Länder in Europa machen es: alle skandinavischen, die Niederlande; selbst die Briten machen es.
Da muss ich sagen, Herr Kollege Kurth: Auch in Ihrem grünen Wahlprogramm findet sich da etwas Spannendes. Sie haben zwar gerade eben gesagt, dass Sie nicht für die Kapitaldeckung sind. Aber im Wahlprogramm steht etwas von einem Bürgerfonds, der einen Beitrag dazu leisten kann, die kapitalgedeckte Rente zu ermöglichen. Ich bin gespannt, wie Sie das im Wahlkampf dann tatsächlich erklären.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Whittaker. – Nun – der Kollege kann es kaum noch erwarten – hat das Wort: Matthias W. Birkwald, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Endlich! – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Einer, der Ahnung hat, kann doch ruhig auch mal reden, oder?)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7523419 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 231 |
Tagesordnungspunkt | Gesetzliche Rentenversicherung, Bürgerversicherung |