21.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 231 / Zusatzpunkt 27

Jens BrandenburgFDP - Sexuelle Identität

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zeit ist reif. Die Zeit ist reif; denn nach dem heutigen Sitzungstag sind in dieser Legislaturperiode nur noch zwei Sitzungswochen vorgesehen. Seit zwei Jahren liegt der gemeinsame Gesetzentwurf zur Ergänzung des Artikels 3 Absatz 3 des Grundgesetzes um das Merkmal der sexuellen Identität dem Deutschen Bundestag vor. Das war genug Zeit für eine intensive Debatte. Jeder, wirklich jedes Mitglied dieses Hohen Hauses, konnte sich an all den Diskussionen beteiligen und hatte zwei Jahre lang Zeit, sich eine eigene Meinung zu bilden.

Man mag jetzt viel von Wahlkampfmanövern sprechen oder Wahlkampfmanöver unterstellen, weil die Koalitionsfraktionen das gerade blockieren. Ich glaube, die eigentliche Frage ist doch viel größer; denn sie berührt im Kern unser Verständnis einer parlamentarischen Demokratie.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE])

30-mal haben Sie in der vergangenen Legislaturperiode mit genau denselben Geschäftsordnungstricks die Debatte, und zwar die Beratung im Ausschuss, über die Öffnung der Ehe für alle verhindert. Am Ende war es den Koalitionsaussagen völlig anderer Parteien und dem Bauchgefühl der Kanzlerin auf einem Podium der „Brigitte“ zu verdanken, dass es überhaupt zu einer parlamentarischen Entscheidung gekommen ist.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Kann die „Brigitte“ noch einmal einladen?)

Verstehen Sie mich nicht falsch: Das Ergebnis in der Sache war genau richtig und erfreulich. Aber genau dieses Verfahren hat wahnsinnig viel Vertrauen zerstört; denn die parlamentarischen Debatten, auch die öffentlichen Debatten, dienen einer Darstellung von Pro- und Kontraargumenten, sodass jeder politische Entscheidungen nachvollziehen und bewerten kann. Jeder Einzelne von uns, jedes Mitglied dieses Hauses, ist nur dem eigenen Gewissen unterworfen. Aber die Öffentlichkeit, die Bevölkerung, unsere Wählerinnen und Wähler haben ein Anrecht darauf, ganz genau zu erfahren, wie wir uns zu zentralen Fragen der Verfassungsordnung positionieren.

(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit nach all dieser Beratungszeit diese zentrale Frage, dieses große, wichtige Vorhaben zum dauerhaften Schutz vor Diskriminierung ganzer Generationen homo-, bisexueller, trans- und intergeschlechtlicher Menschen, nicht am Ende der Legislatur im Papierkorb landet, beantragen wir den sofortigen Übergang in die zweite Lesung; denn ich habe nicht verstanden, was über die Pfingstferien noch passieren soll, was in den letzten zwei Jahren nicht gelungen ist. Wir wissen genau: Nach den Fristen, die der Deutsche Bundestag vorsieht, ist genau jetzt der Zeitpunkt, die letzte Möglichkeit, überhaupt noch eine sinnvolle Beratung durchzuführen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Koalition spielt auf Zeit. Wir haben auch keine klare Zusage gehört, in welche Richtung es gehen soll. Wir wissen alle, dass hauptsächlich die Unionsfraktion – ich freue mich ausdrücklich über die Fachpolitiker – eine Zweidrittelmehrheit verhindert. Aber auch die SPD sollte sich an dieser Stelle nicht aus der Verantwortung drücken.

Wir haben in den letzten Monaten gemeinsam mit der Koalition und mit der Opposition viele, viele Gespräche über eine Änderung des Artikels 6 des Grundgesetzes geführt. Dabei hat meine Fraktion, die Freien Demokraten, in jedem Gespräch immer und immer wieder betont: Wir sind gerne zu gemeinsamen Lösungen bereit. Für uns gehört aber Artikel 3 des Grundgesetzes zum Gesamtpaket dazu. Es war Ihre Justizministerin, Frau Lambrecht, die das jedes Mal abgewehrt hat und somit sowohl für Artikel 6 als auch für Artikel 3 eine gute Lösung verhindert hat.

Die Koalition muss jetzt Farbe bekennen.

Kollege Brandenburg, Sie müssen zum Schluss kommen.

Verdrängung und Aussitzen ist keine Lösung.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Abstimmen!)

Stellen Sie sich bitte der Debatte, und lassen Sie uns noch heute darüber abstimmen. Wenn Sie keine Gegenargumente in der Sache haben, können Sie ja einfach zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7523445
Wahlperiode 19
Sitzung 231
Tagesordnungspunkt Sexuelle Identität
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