Friedrich StraetmannsDIE LINKE - Wahlrecht, Bürgerbeteiligung
Frau Präsidentin, ich werde mich bemühen, die Zeit einzuhalten.
Aber Sie wissen: Mühe allein genügt nicht.
(Heiterkeit)
Da haben Sie recht. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Grüne und FDP haben hier mehrere Anträge vorgelegt, deren Inhalte meine Fraktion und ich in den vergangenen Jahren größtenteils so oder so ähnlich auch schon vorgelegt haben. Das Wahlalter bei Bundestags- und Europawahlen auf 16 Jahre zu senken, ist überfällig.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Es gibt kein stichhaltiges Argument, warum 16-Jährige grundsätzlich weniger entscheidungsfähig sein sollen als 59-Jährige. Wir müssen daher dringend das Wahlalter absenken!
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Weiterhin soll das Ehrenamt gestärkt werden. Auch das begrüßen wir ausdrücklich. Ohne die ganzen Initiativen und Vereine wären Kultur und Sozialleben nicht ansatzweise so vielseitig, wie es der Fall ist. Aber: Ehrenamtliche arbeiten teilweise in Bereichen, die nur existieren müssen, weil der Staat seiner Fürsorgepflicht nicht nachkommt. Die Menschen tun dies gerne, und ich bin ihnen äußerst dankbar. Aber dass etwa Tafeln in einem reichen Land wie Deutschland notwendig sind, ist eine Schande.
(Beifall bei der LINKEN)
Zudem soll ein Bürgerrat Demokratie als beratendes Gremium von Regierung und Parlament etabliert werden. Wir hatten gestern ein spannendes Fachgespräch dazu. Ich bin absolut dafür, dieses Konzept weiter zu verfolgen; denn es ist vielversprechend, um die Akzeptanz für politische Entscheidungen zu erhöhen. Doch dass die Beteiligung eines Bürgerrats Demokratie an der Wahlrechtskommission nach Intervention der Union wieder herausgestrichen wurde, lässt mich ahnen, wohin der Hase auch diesmal wieder läuft, nämlich in Richtung grundsätzlicher Ablehnung durch die Union.
Denn obwohl es kein gutes inhaltliches Argument gibt, das Wahlalter nicht zu senken oder Bürgerräte nicht zu etablieren, so gibt es doch einen machtpolitischen Grund: Die Union will ihre Machtposition um jeden Preis halten. – Erstaunlich: Im Koalitionsvertrag hatten Sie noch die Einsetzung einer Kommission zu mehr Beteiligung der Bürger/‑innen angekündigt. Im August 2018 habe ich mich nach dem Stand erkundigt. Da wurde behauptet, man sei dabei, die organisatorischen und technischen Vorbereitungen zu treffen. Im September 2020, also ganze zwei Jahre später, habe ich dann nachgehakt, und es hieß: Ja, man sei in Gesprächen. – Bis heute ist nichts Substanzielles passiert. Also seien Sie doch bitte einfach ehrlich und sagen Sie, dass Sie die Themen „Beteiligung der Bürger/‑innen“ und letztlich auch „Vertrauen in unsere Institutionen“ gar nicht interessieren. Das ist ein Armutszeugnis!
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Dr. Anna Christmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wofür Sie Ihre Machtposition nutzen, wurde uns die letzten Monate immer wieder verdeutlicht: Mit Maskendeals bessert man sich entweder selbst das Konto auf oder verschafft einer Unternehmensberaterin mit Parteibuch 50 Millionen Euro an Provision – direkt finanziert aus Steuergeldern; dazu die Nachrichten aus NRW.
Insgesamt brauchen wir Mittel, um dies zu verhindern und den Diskurs zu befördern. Deshalb werden wir den vorliegenden Anträgen unsere Zustimmung nicht verweigern, sondern sie unterstützen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Vielen Dank. – Das Wort geht an Frau Dr. Anna Christmann von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7523475 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 231 |
Tagesordnungspunkt | Wahlrecht, Bürgerbeteiligung |